Kontroverses Polit-Stück am Wiesbadener Staatstheater

Heute Abend ist Premiere von „Das Ministerium“ im hessischen Staatstheater Wiesbaden. Eine Uraufführung über das Leben einer Kunstministerin, ihren Freunden, Mitarbeitern und Widersachern. Schon im Vorfeld gab es viel Theaterdonner, denn die Stimmung zwischen dem realen für das Theater zuständige Kunstministerium und der staatlichen Bühne ist angespannt. Am 8. Oktober ist Wahl in Hessen. Das neue Stück: eine Abrechnung mit dem Ministerium?

Annika Grohn-Kamp ist Kunstministerin. Maria Luisa Kerkhoff spielt die fiktive Politikerin in der satirischen Komödie „Das Ministerium“. Regisseur Clemens Bechtel bringt das Stück pünktlich in der heißen Wahlkampfphase auf die Bühne des hessischen Staatstheaters Wiesbaden.
Clemens Bechtel, Regisseur von „Das Ministerium“
„Vor allen die Ereignisse, die in den letzten Jahren im Land Hessen, aber auch in der ganzen Republik uns beschäftigt haben, die spielen schon eine Rolle. Zum Beispiel der Angriff mit Hundescheiße, die Attacke eines Choreographen auf eine Kritikerin, aber auch die Aufregung um die offensichtlich oder augenscheinlich antisemitischen Elemente der documenta, das spielt eine große Rolle, natürlich auch die Situation des Staatstheaters. Der Konflikt zwischen Staatstheater und Ministerium. All diese Dinge fließen in dieses Stück mit ein. Und waren das Recherchematerial, was wir dann fiktionalisiert haben.“
Im Stück: Heute ehrgeizige Politikerin, früher Krötenretterin. In der Realität ist die Grünen-Politikerin Angela Dorn hessische Kunstministerin. Sie und das gesamte Ministerium seien zu bürokratisch und untätig in einem immer weiter eskalierenden Konflikt zwischen einem laut Mitarbeitern tyrannischen geschäftsführenden Direktor und dem Intendanten des Staatstheaters.
Uwe Eric Laufenberg, Intendant hessisches Staatstheater Wiesbaden
„Gerade Ministerien, die sich für sensible Sachen kümmern, wie Wissenschaft und Kunst, die müssen dann ja auch eine große Bereitschaft haben für die Wissenschaft, für die Kunst zur Verfügung zu stehen. Diese ganze Gemengelage fanden wir doch so interessant, dass wir das mal in einem Stück darstellen können.“
Ein Stück als Wutausbruch über eine Landesregierung, die sich nicht genügend um die Kultur und die Kulturschaffenden in Hessen kümmert? Das Ministerium nimmt dazu schriftlich Stellung.
„Das Theaterstück „Das Ministerium“ zu bewerten ist keine Aufgabe der Landesregierung. Dafür gibt es Rezensentinnen und Rezensenten; die Kunstfreiheit ist ein hohes Gut.“
Ein hohes Gut, dass auf großes Interesse stößt. Die Premiere ist ausverkauft, genauso wie fast alle Vorstellung im Oktober.
Clemens Bechtel, Regisseur von „Das Ministerium“
„Mir geht es jetzt darum zu zeigen, wie Journalismus, Politik, aber auch wir selbst, also auch die Kulturschaffenden in einem komischen Kreislauf gefangen sind, wo wir uns ständig übereinander aufregen, übereinander herfallen, und uns eigentlich ein bisschen Gelassenheit und auch ein bisschen Diskussionsfähigkeit verloren gegangen ist. Und das finde ich nicht nur lustig, sondern auch bedrohlich für diese Gesellschaft.“
In knapp zwei Stunden sorgt die Uraufführung von „Das Ministerium“ entweder für viel Applaus oder viel Kritik. Vom realen Kunstministerium hat sich kein Besucher angekündigt.