Kommunen kritisieren neuen Finanzausgleich

„Ein finanzieller Neustart – vor allem für die besonders belasteten Kommunen“. So nannte die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen im August die Entscheidung der Landesregierung, einen Großteil der Schulden ihrer gebeutelten Städte und Landkreise zu übernehmen. Denn das Land hat den kommunalen Finanzausgleich, der die Städte und Gemeinden finanziell entlasten soll, neu aufgestellt. Doch dieser Neustart scheint jetzt gerade für diejenigen, die ihn am dringendsten brauchen, zum Fehlstart zu werden.

Der „Wunschbaum“ in der Innenstadt von Kusel. Hier hängen Kinder ihre Wunschzettel auf, deren Eltern sich keine Weihnachtsgeschenke leisten können. Der Landkreis Kusel gilt als äußerst Strukturschwach – deutschlandweit gibt es hier die höchste Verschuldung pro Einwohner. Auch deshalb hatte sich Landrat Otto Rubly auf das neue Entschuldungsprogramm der Landesregierung gefreut wie auf ein Weihnachtsgeschenk. Nach dem Auspacken allerdings herrscht jetzt Ernüchterung. Denn sein Landkreis könne an dem Entschuldungsprogramm gar nicht teilnehmen, sagt der Landrat. Unter den aktuellen Bedingungen müsste sein Landkreis einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen und das sei momentan einfach nicht darstellbar.
Otto Rubly, CDU, Landrat Kreis Kusel:
„Sicherlich ist es ein Stück Enttäuschung, das ist klar. Weil man ja jahrelang erzählt bekommen hat, nach draußen auch immer noch erzählt wird und suggeriert wird, da ist ein Haushalt, da ist eine Entschuldung. Man redet ja nur von der Entschuldung, man redet ja nicht von den Konditionen, die man vielleicht nicht erfüllen kann.“
Für einen ausgeglichenen Haushalt wäre es nach Ansicht des Landrats nötig, dass die Kommunen die Grund- und Gewerbesteuern stark anheben und eine höhere Kreisumlage zahlen – also die Abgaben der Ortsgemeinden an die Kreisverwaltung.
Der Präsident des Landesrechnungshofs Jörg Berres widerspricht dem Landrat: Eine Teilnahme an dem Entschuldungsprogramm sei auch dann möglich, wenn die Bedingungen dafür nicht erfüllt werden könnten.
Jörg Berres, Präsident Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz:
„Auch wenn Kommunen unabweisbare Haushaltsdefizite haben, können sie am Entschuldungsprogramm teilnehmen. Das bedeutet, dass sie aber zuvor alle ihre Möglichkeiten ausgeschöpft haben müssen, um ihre Haushaltsdefizite auf das unabweisbare zu reduzieren.“
Die Kommunen müssten also nachweisen, dass sie die Steuer- und Abgabenschraube schon bis ans Maximum gedreht haben und dass es trotzdem nicht reicht. Auch im hochverschuldeten Landkreis Kaiserslautern wehrt man sich dagegen, die Kreisumlage anzuheben.
Ralf Leßmeister, CDU, Landrat Kreis Kaiserslautern:
„Wenn wir den Haushalt ausgleichen müssten, nach Vorgabe der Kommunalaufsicht, dann müssten wir im Moment unsere Umlage auf 49 oder 54 Prozent erhöhen. Das ist aus meiner Sicht schlicht nicht möglich.“
Denn dann bliebe den Gemeinden selbst nicht mehr genügend Geld. Diese Ansicht wurde auch durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz vor zwei Jahren bestätigt.
Um die Finanzprobleme der hochverschuldeten Kreise zu beseitigen, die die Bedingungen nicht erfüllen können, wünschen sich die Landräte einen Härtefallfonds. Eine Anfrage zu einer möglichen Härtefallregelung ließ das Innenministerium heute unbeantwortet und verweist stattdessen lediglich auf die Beschlüsse, die der Landtag gestern zu den kommunalen Finanzen verabschiedet hat.
Und so könnte die Entschuldung für viele Landkreise und Kommunen zunächst ein frommer Wunsch in der Vorweihnachtszeit bleiben.