„Klimahysterie“ ist Unwort des Jahres – Weitere Meinungen der Redaktion

 

„Klimahysterie“ – die Entscheidung der Jury kommentiert von Mitgliedern der 17:30-Redaktion.

David Rischke

Die Vorgänger des neuen Unwortes heißen unter anderem: Sozialtourismus. Lügenpresse. Gutmensch. Volksverräter. Alles Wörter aus dem Umfeld von Pegida-Demos und rechten bis rechtsradikalen Politikern. In diese Reihe passt auch die so genannte „Klimahysterie“. Das Wort ist an sich schon ein Unwort. „Hysterie“ ist Griechisch und bedeutet „Gebärmutter“. Nicht umsonst heißt ein alternativer, feministischer Verein in Wien ironisch „Burschenschaft Hysteria“. Aber Spaß beiseite. Ein Begriff, der wörtlich „Gebärmutter“ heißt, wurde sehr lange Zeit mit „geisteskrank“ gleichgesetzt. Wer so etwas mit Bezug auf Klimaaktivisten gebraucht, beweist damit nur zwei Dinge: Schlechtes Benehmen und böse Absichten. Das Wort „Klimahysterie“ passt daher gut in die Anforderungen der Sprachwissenschaftler, Begriffe zum Unwort zu erklären, die bestimmte Gruppen diskriminieren. Nichts anderes haben Menschen im Sinn, die das Wort „Klimahysterie“ gebrauchen. Da reicht der Blick nach Australien. Der dortige Premierminister hatte Klimaaktivisten noch vor wenigen Jahren als Angstmacher bezeichnet. Die aktuellen Bilder aus Australien zeigen, wie berechtigt, die Angst gewesen ist.

 

Markus Appelmann

Das aktuell dominierende Thema Klimawandel spiegelt sich auch im Unwort das Jahres 2019 wider: Klimahysterie lautet es also. Eins vorweg, ich respektiere den Einsatz aller Klimaschützer und bin ebenfalls der Meinung, dass wir unser Klimabewusstsein ändern müssen. Trotzdem hat für mich dieses Wort „Klimahysterie“ seine Berechtigung. Bei allen guten Vorschlägen wird auch eine Menge – sagen wir es klar – Unsinn verzapft und sogar umgesetzt. Dies darf auch so benannt werden. Beispiel gefällig: Wenn die Politik quasi über Nacht eine CO-Steuer einführt, dann ist daran sicher die Klimahysterie mitverantwortlich. Eine nationale Steuer auf Kohlendioxid wird das Heizen von Gebäuden und das Autofahren deutlich teurer machen. Dabei sind nicht mal die Wissenschaftler sicher, ob diese neue Abgabe viel bringt. In der Begründung der Jury heißt es: „Mit dem Wort ‚Klimahysterie‘ werden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert.“ Für mich bilden hier Sprachwissenschaftler eine Jury und spielen Richter in einer Klimadebatte. Eine Debatte, die offen geführt werden sollte und in der hysterische Schritte auch genau so benannt werden dürfen. Wo Fakten fehlen, versuchen viele, mit Emotionen die berechtigte Sorge wegen der Klimaerwärmung zu torpedieren. Wo Fakten fehlen, werden Leitfiguren einer Klimadebatte, wie Greta Thunberg, zu Ikonen. Dabei muss auch gesagt werden: Würden Greta Thunbergs Forderungen umgesetzt, wären Wohlstand und Entwicklung massiv gefährdet. Wer heute glauben macht, dass das Leben auf unserem Planeten bereits in wenigen Jahren gefährdet ist, der treibt Menschen in Angst. Klimahysterie trifft genau die, die sich davon getroffen fühlen. Nämlich nicht die seriösen Wissenschaftler, sondern die – um das Wort ein weiteres Mal zu verwenden – hysterischen Aktivisten, die mit Übertreibungen Panik schüren wollen. Der Begriff mag sprachlich das Unwort des Jahres sein – das, was er beschreibt, ist für mich allerdings das Phänomen des Jahres.