Jägerin zieht Wildschwein auf

Zwischen einem Wildschwein und einem Jäger ist die Rollenverteilung eigentlich ziemlich klar – die einen sind die Gejagten und die anderen die mit dem Gewehr. Doch bei Jägerin Julia Telohe aus Bruchhausen und dem sechs Monate alten Wildschwein „Knurrzi“ ist das etwas anderes.

„Mach mal Sitz!“
Das klappt schon mal. Schließlich gibt’s dann auch leckere Kastanien. Seit Julia Telohe die Frischlingsbache im Juli bei sich aufgenommen hat, sind die beiden unzertrennlich. „Knurrzi“ läuft ihrer Ersatz-Mama überall hinterher.
Als Jagdpächterin kümmert Julia sich normalerweise um Wildunfälle. Eines Abends bekommt sie einen Anruf von der Polizei, ein kleines Wildschwein sei gefunden worden.
Julia Telohe, Zieh-Mutter von „Knurrzi“
„Dann bin ich da halt hin, hatte auch das Gewehr dabei, weil normalerweise erlöse ich dann solche Tiere, wenn die angefahren sind, und war dann recht überrascht, als ich da so eine Menschenansammlung sah und das Schwein mittendrin. Und wie gesagt, das Schwein war gesund, dem fehlte nichts und deshalb gab es auch keinen Grund, es zu erlösen. Es hatte keine Mutter mehr, warum auch immer, und da habe ich beschlossen, ich nehme es einfach mal mit.“
Entwurmt, gewärmt und gut genährt lebt sich der Frischling bei der Landwirtin schnell ein. So klein wie Knurrzi war, kam sie erst mal zu den Kaninchen ins Gehege. Das ging aber nicht lange gut.
Julia Telohe, Jägerin
„Ja, da hatte es sich dann prächtig entwickelt über Wochen hinweg, bis es dann irgendwann etwas frech wurde und beschlossen hat, die Kaninchen so ein bisschen durch die Gegend zu scheuchen.“
Mittlerweile hat die Frischlingsbache ihr eigenes Reich, sogar mit Balkon. So gewinnt sie im Handumdrehen die Herzen von Kunden und Spaziergängern. Für den Verkauf des Wildfleisches ist das nicht unbedingt praktisch.
Julia Telohe, Jägerin
„Da kommen Leute und die möchten gerne doch einen Wildschweinbraten haben, dann sehen sie das Schweinchen aber und schwenken dann um und ‚Ach, eine Rehkeule tut‘s dann auch‘, wenn man das liebe kleine Schwein sieht.“
Von den Besuchern gibt’s regelmäßig Geschenke. Dieses Kuscheltier hat allerdings nicht besonders lange überlebt. Knurrzis absolute Lieblingsbeschäftigung: fressen.
„So, letztes Stück, genieß es.“
Und für einen Allesfresser ist die Auswahl ja auch groß. Besonders hoch im Kurs: Bananen.
„Nichts mehr da, nein. Siehste, dann motzt es. Tja, ist leer. Mehr gibt’s nicht.“
Somit wäre die Frage nach der Namensherkunft nun auch geklärt. Zuhause das Schweinchen und nachts die Jagd, das kann Julia klar trennen.
Julia Telohe, Jägerin
„Ich mache mir da gar keine Gedanken, dass ich zuhause ja jetzt auch ein Schwein habe, was eigentlich genauso aussieht. Also das hat einen Namen, das ist jetzt quasi Haustier und draußen das sind Wildtiere, die ich halt bejage, bejagen muss.“
Bis zu 100 Kilo kann eine ausgewachsene Bache auf die Waage bringen. Wie es mit Knurrzi weitergeht, weiß Julia noch nicht.
Julia Telohe, Jägerin
„Und dann werden wir einfach mal spazieren gehen. Wir haben ja jede Menge Wald drum herum und dann kann es sich entscheiden, ob es wieder mit nach Hause möchte oder nicht. Und wenn es im Wald bleiben will, ist es für mich auch in Ordnung. Dann hab ich nur wiederum das Problem, wie erkenne ich dann selber, wenn ich auf die Jagd gehe, mein Schwein wieder. Weil das jetzt selber dann zu erschießen, wäre schon hart.“
Für immer hier bleiben, das wird wahrscheinlich nicht gehen. Doch solange Knurrzi noch jung ist, genießen Schweinchen und Ziehmama ihre Zeit mit Streicheleinheiten.