Invasive Krebsart breitet sich aus

Die Wissenschaftler sind sich einig: Neben dem Klimawandel bedroht kaum etwas die Artenvielfallt so stark wie invasive Arten. Diese Pflanzen oder Tiere werden meist von anderen Kontinenten eingeschleppt und haben hierzulande dann zunächst kaum natürliche Feinde. Deshalb verbreiten sie sich unkontrolliert und verdrängen die heimischen Populationen. Wir waren zu Besuch in einer kleinen rheinland-pfälzischen Gemeinde, die sich mit allen Mitteln gegen genau solch eine invasive Art zu Wehr setzt.

Reusenkontrolle am Schrackelbach in Großniedesheim. Für Ortsbürgermeister Michael Walther inzwischen ein Routinegang. Mehrmals in der Woche leeren er und Ralf Kopecek vom lokalen Angelverein die Fallen – auf der Jagd nach ihm: dem roten amerikanischen Sumpfkrebs.
Michael Walther (SPD), Ortsbürgermeister Großniedesheim
„Er frisst für sein Leben gerne Laich, er frisst dann auch hier kleine Fische, kleine Lebewesen, Bachflöhe, und wenn er alles Lebendige weggefressen hat, dann frisst er auch die Wasserpflanzen. Wenn der rote amerikanisch Sumpfkrebs mit einem Gewässer fertig ist, ist das Gewässer tot.“
Momentan ziehen die Großniedesheimer durchschnittlich 400 Krebse in der Woche aus ihren Fallen – im vergangenen Jahr waren aber auch schon Wochen mit 900 Exemplaren dabei. Insgesamt waren es 2022 mehr als 10.000 Tiere. Der Krebs ist bereits nach sechs Monaten geschlechtsreif und vermehrt sich rasend schnell in den Bächen rund um den Ort. Hier hat er bereits sechs der sieben heimischen bedrohten Kleinfischarten komplett ausgerottet. Es ist die erste Stelle in Rheinland-Pfalz, in der er sich seit nunmehr fast drei Jahren breit macht.
Ein Umstand, der Dr. Jürgen Ott Sorgen bereitet. Er ist Experte für invasive Arten beim deutschen Bund für Umwelt- und Naturschutz, kurz BUND, und beobachtet den „roten Amerikaner“ schon länger. Ott weiß, dass ihm mit der Jagd alleine nicht beizukommen ist.
Dr. Jürgen Ott, BUND Rheinland-Pfalz
„So was ist in einem abgeschlossenen Gewässer möglich, aber in einem Gewässer, wie jetzt diesem Bachsystem in der Vorderpfalz ist das schier unmöglich, wenn man da gerade am Anfang schon die ersten Tiere wegbekommt und die dann auch quantitativ wegbekommt, denn die Biotop-Vernetzung, die wir ja eigentlich auch wollen, vom Naturschutz her, die ist hier auch für diese Tiere zutreffend und die können sich dann mühelos ausbreiten.“
Und das wäre für die Umwelt eine Katastrophe, schließlich mündet der Bach nur ein paar Kilometer weiter in ein Naturschutzgebiet und schließlich in den Rhein. Umso wichtiger, dass die Großniedesheimer in ihren Bemühungen nicht nachlassen, die Ausbreitung des Sumpfkrebses mit ihrer Jagd zumindest zu verlangsamen. Beim Umgang mit ihrer Beute werden sie kreativ.
Michael Walther (SPD), Ortsbürgermeister Großniedesheim
„Wir essen sie selbst, also die größeren Exemplare. Die kleineren Exemplare sind dann Fischfutter. Für den Angelsportverein sind das beliebte Köder und alles, was hier dann Abfall und so ist, bekommen die Hühner.“
Doch vorher müssen die Krebse fachmännisch getötet und verarbeitet werden. Dazu muss man einen Jagd- oder Angelschein besitzen und die Arbeit ist zeitintensiv. Eigentlich wäre die Obere Naturschutzbehörde dazu verpflichtet, selbst gegen invasive Arten vorzugehen. Für Ralf Kopecek und viele andere freiwillige Helfer aus dem Ort, kommt von der Behörde bislang aber noch viel zu wenig.
Ralf Kopecek, Sportanglerverein Lambsheim
„Es kostet halt Geld. Unser Aufwand kostet nichts, aber wir brauchen regelmäßig Futter, wir brauchen Reusen. Die werden regelmäßig zerstört, die gehen natürlich kaputt. Also wir brauchen da deutlich mehr Unterstützung von den Behörden, denn sonst brechen uns auch wieder die Freiwilligen weg. Wenn die merken, da passiert irgendwie gar nichts, dass wir dann doch wieder selbst Geld ausgeben um Futter zu kaufen oder mal Ersatzteile für Reusen, das deprimiert dann schon ein bisschen.“
Für die Zukunft wollen Kopecek und Walther bei der Naturschutzbehörde erwirken, dass natürliche Feinde des Krebses, wie Aale hier angesiedelt werden, die das Ökosystem wieder ins Gleichgewicht bringen könnten. Bis dahin aber, werden sie noch so manche Reuse leeren müssen.