Interview mit Stadtdekan zu Eltz zu den Ergebnissen der Synodalversammlung

Der Dekan der Stadt Frankfurt, Johannes zu Eltz, fordert schon lange weitreichende Reformen. Markus Appelmann spricht mit ihm über die Beschlüsse des „Synodalen Wegs“.

Johannes zu Eltz, Stadtdekan von Frankfurt: Guten Tag!
Markus Appelmann, Morderator: Kein deutscher Bischof, dem Fehler beziehungsweise Pflichtverletzungen in der Aufklärung von Missbrauchsfällen nachgewiesen wurde, musste bisher zurücktreten. So ist doch der Reformprozess ausgebremst bevor er begonnen hat?
Johannes zu Eltz: Finde ich eigentlich nicht. Man kann ja die Bischöfe auch in ihren Ämtern in die Pflicht nehmen und mehrere von denen, die ich jetzt erlebt habe in den vergangenen Tagen, werden sich auch in die Pflicht nehmen lassen. Ich finde aber, Bischöfe, die zurücktreten wollen, so wie der Kardinal Marx, und das ausdrücklich sagen, die muss man auch gehen lassen. Und wenn der Papst sie nicht gehen lässt, dann finde ich, sollen sie trotzdem gehen.
Markus Appelmann: Der Synodale Weg will die Segnung für homosexuelle Paare, will die Zulassung der Frau zum Amt des Diakons und will das Ende des Pflichtzölibats – der Ehelosigkeit also. Das klingt erstmal fortschrittlich. Wie realistisch ist das aber?
Johannes zu Eltz: Wenn die Wirklichkeit immer nur so hingenommen wird, wie sie halt ist und jetzt schon sehr lange ist, dann wird sich nie etwas ändern. Ich glaube, dass viele Leute zu vielen energischen Schritten in die richtige Richtung bereit sind und dann wird sich etwas tun. Diese Tage in Frankfurt haben mir meinen Glauben an die Reformabilität unserer Kirche wieder ein bisschen zurückgegeben.
Markus Appelmann: In diesem Zusammenhang eine persönliche Frage: Sie selbst leben zölibatär – ehelos. Wie erleben Sie das? Sehen Sie den Zölibat eher als Bereicherung oder als Einschränkung?
Johannes zu Eltz: Der Zölibat ist beides, er ist eine Bereicherung und eine Einschränkung. Vor gut 30 Jahren habe ich mich für diese Lebensweise entschieden, damals war noch völlig außerhalb der Vorstellung für mich, dass man den Pfarrer als Beruf auch als katholischer Pfarrer angehen kann und trotzdem in Beziehungen, in Ehe und Familie leben. Mittlerweile würde ich sagen: Doch, ich glaube, das eine geht mit dem anderen zusammen und ich wäre heute gerne ein verheirateter Pfarrer mit Familie.
Markus Appelmann: Wenn dieser Reformkurs nicht schnell kommt, dann wird es immer mehr Kirchenaustritte geben, dann werden immer mehr Priesterstellen unbesetzt bleiben – so klar muss man das sagen. Wie viel Angst – wieviel Respekt haben Sie vor dem Niedergang der katholischen Kirche, wenn Sie jetzt nicht schnell handeln?
Johannes zu Eltz: Angst ist ein ganz schlechter Ratgeber, auch an dieser Stelle. Wenn ich wie das zitternde Kaninchen jetzt auf die Schlange der Kirchenaustritte schaue, die bei uns schrecklich hoch sind hier in der Dompfarrei, dann werde ich die Leute am Gehen nicht hindern. Ich muss ja eine Überzeugung, eine Botschaft und eine Hoffnung haben. Und – die wie gesagt – ist jetzt in den letzten Tagen wieder stärker geworden.
Markus Appelmann: Lassen Sie uns aber auch die Kehrseite der Medaille anschauen. Durch den Synodalen Weg kommen Dinge in Bewegung, die über Jahre – ja, Jahrzehnte – tabu waren. Wie groß ist die Gefahr, dass viele konservative Katholiken diesen Weg gar nicht mitgehen wollen? Dass die ihre – ich sag mal – alte Kirche behalten wollen?
Johannes zu Eltz: Ich bin ganz tief der Überzeugung, dass wir hier in Deutschland die Reformen, von denen jetzt die Rede war und die Sie auch vorher zur Sprache gebracht haben, dass wir diese Reformen umsetzen können und darüber die Einheit der Kirche nicht zerbricht. Das ist schon auch eine Zumutung für Leute, die vor allem das Ordnungsdenken hochhalten und die möchten, dass das, was scheinbar immer so gewesen ist, dass das auch so bleibt. Aber ich glaube, dass sie auch der Kirche treu bleiben und mit ihr, wenn sie sich reformiert, auch weitergehen werden.
Markus Appelmann: Der Dekan der Stadt Frankfurt, Johannes zu Eltz, zum Synodalen Weg. Danke Ihnen.