Im Interview die hessische CDU-Fraktionsvorsitzende Ines Claus

Es soll ein Neustart sein nach der vergeigten Bundestagswahl und nach dem Ende der Ära Merkel. Am Wochenende hat die CDU Friedrich Merz mit einem klaren Ergebnis zum Parteivorsitzenden gewählt. Neu im Präsidium ist aus Hessen Ines Claus, die Fraktionschefin im Landtag. Sie ist bei uns zu Gast und wir reden darüber, wie es weitergeht mit der CDU im Bund und in Hessen.

Die überwältigende Mehrheit von 94,6 Prozent für Friedrich Merz sind ein klarer Vertrauensbeweis der Delegierten. Doch sie täuschen nicht darüber hinweg, dass der neue Parteichef das Amt an einem Tiefpunkt der CDU-Geschichte übernimmt. Hinter ihr liegt das schlechteste Bundestagswahlergebnis aller Zeiten und ein auf ganzer Linie gescheiterter Vorgänger, der nach der kürzesten Amtszeit eines CDU-Vorsitzenden abtritt. Friedrich Merz und die CDU stehen vor schweren Zeiten.
Friedrich Merz, gewählter CDU-Vorsitzender
„Wir müssen in der neuen Rolle, in der wir sind, gleich drei Aufgaben zeitgleich lösen. Erstens: Wir müssen kraftvolle Opposition im Bund sein. Zweitens: Wir wollen Wahlen in den Ländern gewinnen. Und schließlich Drittens: nur Opposition zu sein, reicht nicht. Wir wollen eigene Antworten geben und auch ein neues Grundsatzprogramm verfassen.“
Die Parteiführung wird in einigen Posten verändert. Die scheidende rheinland-pfälzische Landesvorsitzende Julia Klöckner wird neue Schatzmeisterin. Sie war bislang stellvertretende Parteichefin.
Und aus Hessen zieht Ines Claus ins Parteipräsidium ein. Seit knapp zwei Jahren ist die Juristin und dreifache Mutter Fraktionsvorsitzende im Landtag. Ihre Wahl war seinerzeit eine Überraschung, inzwischen hat sie sich etabliert und ihr Name fällt auch, wenn es um die Frage geht, wer einmal Volker Bouffier nachfolgen könnte. Ins Bundespräsidium der CDU hat es Ines Claus schon mal geschafft, während Bouffier für dieses Gremium nicht mehr kandidiert hat.
Eva Dieterle, Moderatorin: Und jetzt begrüße ich Ines Claus bei mir im Studio. Guten Abend!
Ines Claus, CDU, Fraktionsvorsitzende Landtag Hessen: Guten Abend, ich grüße Sie.
Dieterle: Frau Claus, die personelle Neuausrichtung, die wurde am Wochenende vollzogen. Jetzt sind wir natürlich auch neugierig auf den inhaltlichen Neuanfang. Was erwarten Sie vom künftigen Parteichef Friedrich Merz?
Claus: Ich finde erst mal, es war ein sehr guter Start am Wochenende, weil es ein deutliches Zeichen an Geschlossenheit und Entschlossenheit war. So war auch die Stimmung im Anschluss bei der Präsidiumssitzung. Und jetzt geht es darum, schnell in die Themen reinzukommen und in die wollen wir reinkommen und parallel begleiten wir das ja auch mit dem Grundsatzprogrammprozess. Und insoweit arbeiten wir da alle engagiert mit und freuen uns auch darauf.
Dieterle: Jetzt stehen Sie ja selbst auch für den Neuanfang., das sagen Sie auch. Wie soll der denn für die Hessen-CDU aussehen? Skizzieren Sie uns das mal!
Claus: Ich bin jetzt seit zwei Jahren Fraktionsvorsitzender, knapp zwei Jahren und habe da auch an unterschiedlichen Stellen mal geschaut, ob wir noch stärker uns digitalisieren können. In den sozialen Medien oder auch in den Gesprächsformaten zum Beispiel. Wir haben Rundfunkpapiere geschrieben, uns als Fraktion auch thematisch mit dem einen oder anderen Thema mal auseinandergesetzt. Und insoweit gilt es jetzt, glaube ich, auch zu vermitteln, dass wir Ideen für die Zukunft haben und dass wir Lust auf Zukunft haben und das auch in den unterschiedlichsten Bereichen. Und da betreibe ich zum Beispiel auch in der Landtagsfraktion gerne das Thema ‚Innovation, Forschung und Zukunft‘ mit. Insoweit versuche ich auch da dann im Bund, mich einzubringen.
Dieterle: Sie haben nun einen Posten im CDU Bundespräsidium. Viele sehen das als Zeichen und sehen Sie schon vorne an der Spitze der Hessen-CDU. Wie reagieren Sie darauf?
Claus: Ich bin erst mal sehr dankbar, dass ich die Fraktionsvorsitzende im Hessischen Landtag bin und betreibe das eben auch mit aller Kraft. Und jetzt bin ich ins Präsidium gewählt worden und darüber freue ich mich auch sehr. Und das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Und ich schaue, dass ich die Rollen, die ich habe, auch wirklich engagiert und motiviert betreibe. So sehe ich das.
Dieterle: Wäre es nicht reizvoll für Sie, auch CDU-Landesvorsitzende und dann möglicherweise auch Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2023 zu werden?
Claus: Das sind alles hypothetische Fragen, weil jeder in seinen Rollen ist und ich finde, die auch gut ausfüllt. Und insoweit schauen wir mal, welche Fragen sich ergeben. Aber ich sage immer: Ich bin sehr gerne die Fraktionsvorsitzende.
Dieterle: Deswegen habe ich extra gefragt, ob es für Sie reizvoll wäre. Ich frage noch einmal anders: Könnten Sie sich prinzipiell vorstellen, auch ganz vorne an der Spitze zu sein?
Claus: Wir müssen ja jetzt trennen und sagen „Die Fraktionsspitze ist auch schon eine Spitze“. Und insoweit muss man auf die Zeitpunkte schauen, dass es immer ganz wesentlich bei Entscheidungen, was man sich vorstellen kann. Aber im konkreten Fall habe ich auch schon mehrfach gesagt, wenn es mit dem Zeitpunkt passt, ich schließe nichts aus und ich schließe nichts ein.
Dieterle: Okay. Wichtige Entscheidungen werden jetzt noch in diesem Frühjahr fallen, das hat Volker Bouffier angekündigt. Aber unabhängig davon, wer es dann am Ende machen wird, verspricht ja der Blick auf die aktuellen Umfragen schon, dass es haarig werden könnte, denn es reicht ja gerade nicht mehr für eine schwarz-grüne Mehrheit. Wie sehr beschäftigt das einen?
Claus: Wir sind stark engagiert und schauen, dass wir weiterarbeiten, dass wir gut in unseren Themen im Hessischen Landtag sind. Und ich kann Ihnen sagen, die Koalition mit den Grünen läuft sehr, sehr verlässlich und wir sind jetzt gerade erst in der Halbzeit gewesen. Und es ist wichtig, dass wir den Blick auf die Themen richten und dass wir sagen: Das, was wir im Koalitionsvertrag haben, das wollen wir abarbeiten, und den Rest, den entscheiden die Wählerinnen und Wähler aber erst in Eindreivierteljahren. Und insoweit bin ich eine große Freundin davon, sich immer auf das zu fokussieren, was gerade ansteht.
Dieterle: Frau Claus, vielen Dank, dass Sie heute zu diesem Gespräch bei uns waren. Da warten noch anspruchsvolle Zeiten auf Sie und Ihre Partei.
Claus: Vielen herzlichen Dank, Frau Dieterle.