Hochwasserlage weiter angespannt

Während sich die Hochwasserlage in weiten Teilen von Hessen ganz langsam etwas entspannt und kein Pegelstand mehr die höchste Meldestufe erreicht, hat sich die Situation in Rheinland-Pfalz heute verschärft. So stiegen beispielsweise die Pegel entlang der Mosel kontinuierlich an.

Kein Durchkommen mehr, hier in Cochem an der Mosel. Die Ortsdurchfahrt musste aufgrund des Hochwassers gesperrt werden. Der Fluss hat sich seinen Weg durch die Straßen gebahnt. Der Pegelstand liegt am Morgen schon bei 7,60 m, Tendenz steigend. Nur eine Steganlage sorgt dafür, dass Anwohner wenigstens trockenen Fußes zu ihren Wohnungen gelangen.
David Tiang, Tourist
„Das ist eine einfach Katastrophe für Einheimische, glaube ich. Die Leute, Familien und Leben und das Geschäft hier. Das ist eine Katastrophe. Aber für Touristen, ja, vielleicht interessant. Weil meistens Leute noch nie solche Sachen gesehen.“
Land unter in Cochem. Die Altstadt mit Restaurants und Geschäften ist überflutet. Auch in Jessys Haarstudio steht das Wasser.
Jessica Gwenner, Inhaberin eines Friseursalons
„Wie isses mit dem Geschäft? a ist halt erfahrungsgemäß viel Arbeit im Nachgang. Mal gucken, was überhaupt kaputtgegangen ist. Und bis man mal wieder alles sauber hat. Leider Gottes hat man sich im Laufe der Jahre dran gewöhnt, dass es immer mal wieder kommt.“
Einige Kilometer flussaufwärts, in Zell an der Mosel ist noch alles trocken. Doch der Wasserstand steigt heute kontinuierlich an – der Ort droht überflutet zu werden. Die Feuerwehr hat zwar eine Hochwasserschutzmauer errichtet, doch viel fehlt nicht mehr, bis auch sie überspült wird. Teilweise drückt sich das Wasser schon durch die Mauer.
Hans-Peter Döpgen (FWG), Bürgermeister Zell
„Es wird sehr,sehr kritisch. Wir haben den Hochwasserschutz soweit erhöht, wie wir es technisch können. Haben sogar an den niedrigsten Stellen noch mit einer kleinen Erhöhung durch Bretter versucht das Ganze noch etwas zu verbessern. Und harren jetzt der Dinge, die da kommen.“
Auch die rheinland-pfälzische Klimaschutzministerin Katrin Eder ist deshalb nach Zell gekommen. Sie will sich einen Überblick über die Lage verschaffen. Auch wenn Rheinland-Pfalz bisher einigermaßen glimpflich davongekommen sei, hält Eder es für falsch, dass die Bundesregierung keine Haushaltsnotlage ausrufen, sondern weiterhin an der Schuldenbremse festhalten will.
Katrin Eder (Bündnis 90 / Grüne), Klimaschutzministerin Rheinland-Pfalz
„Ich bin eh der Auffassung, dass die Schuldenbremse unserer Zeit im Moment nicht mehr angemessen ist und dass sie modifiziert und abgeschafft gehört. Wir haben große Herausforderungen mit der Transformation, aber die Hochwasser heute zeigen eigentlich, dass wir dauernd neue Notlagen haben.“
Die Zeller jedenfalls sind auf den Ernstfall vorbereitet. Man sei Hochwasser gewöhnt und jeder helfe jedem, berichten die Anwohner.
Nick Gavranidis, Sohn eines Restaurantbesitzers
„Sobald wir wissen, dass der Pegel 9,20 Meter erreichen wird, also Pegel Trier, werden meine Jungs angerufen und dann fünf Minuten später stehen da zehn Jungs und dann räumen wir den Laden aus.“
Herbert Sachsner, wohnt seit 48 Jahren in Zell
„Wir wohnen in der Schlossstraße, riesige Garage. Alle Autos mussten raus. Die stehen alle irgendwo oben am Brandenburg. Und dann wurden die Keller ausgeräumt. Die ganzen Waschmaschinen, Trockner kamen alle in die gewissen Etagen.“
Am Nachmittag dann die Entwarnung. Der Pegelhöchststand an der Mosel ist erreicht – die Staumauer hält stand. Aufatmen in Zell.
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Eva Dieterle, Moderatorin: In Zell an der Mosel kann aufgeatmet werden, aber wie sieht es in den anderen Regionen aus? Darüber spreche ich jetzt mit dem Mainzer Diplom-Meteorologen Dominik Jung. Schön, dass Sie hier sind. Herzlich willkommen.
Dominik Jung, Meteorologe Wetterdienst Q.met: Schönen guten Abend.
Dieterle: Herr Jung, wenn wir in den vergangenen Tagen eines hatten, dann war das Regen, und die Konsequenzen haben wir ja gesehen. War das außergewöhnlich viel Wasser oder war das für die Jahreszeit normal?
Jung: In so manchem Sommer hätten wir gesagt: “Regen ist ein Segen”, aber in diesem Fall war es deutlich zu viel Regen. Wir hatten im Grunde seit November immer wieder Regen gehabt und vor allem der Dezember war sehr nass gewesen. Und jetzt im Januar hat es auch noch mal ordentlich geregnet die ersten paar Tagen. Und es war natürlich deutlich zu viel Regen. Man hat es ja auch gesehen, die Flüsse konnten den ganzen Regen überhaupt nicht mehr aufnehmen und deswegen kam es bei uns zu diesem Hochwasser.
Dieterle: Jetzt wollen wir natürlich von Ihnen wissen: Wie wird es weitergehen? Kommt weiter Wasser von oben, werden die Pegel weiter steigen?
Jung: Also da kann ich Entwarnung geben. Die Wetterlage ändert sich. Wir hatten bisher diese klassische West-Wetterlage. Ein Tief kommt vom Atlantik nach dem anderen, bringt uns viel Regen. Vor allem in der Eifel, im Hunsrück hat sich das Ganze gestaut. Das ist nun vorbei. Die Wetterlage stellt sich um, es kommt Kaltluft aus Nordeuropa, kalte, trockene Luft und das heißt, es gibt dann Dauerfrost ab Sonntag, aber eben trockenes Winterwetter. Und das ist genau das, was wir gebrauchen können in Hochwassergebieten, denn dann kann diese Flutwelle ablaufen.
Dieterle: Sie haben es gerade gesagt: Es wird kälter. Ein regelrechter Kälteeinbruch erwartet uns ja. Wie sieht das ganz konkret aus? Und was hat das auch für eine Bedeutung für diese jetzt überfluteten Flächen?
Jung: Ja, momentan haben wir teilweise frühlingshafte Temperaturen 10, 11, 12 Grad in Trier, 13 ,14 Grad auch in Bad Kreuznach, sehr mild heute wieder der Tag gewesen. Und dann schlagartig binnen 48 bis 72 Stunden geht es runter. Am Sonntag auch Werte am Tag um null Grad, nachts bis zu -10 Grad am Montagmorgen in der Eifel. Und das bedeutet natürlich, die ganzen gefluteten Flächen, die werden zu einer ganz großen Eisbahn werden. Alles gefriert sporadisch fest. Und natürlich ist es auch schlecht bei den Häusern, die unter Wasser stehen. Die Gebäude sind nass geworden, feucht geworden, und jetzt kommt von außen dieser zum Teil strengen Nachtfrost. Und der kann natürlich für weitere Schäden sorgen.
Dieterle: Minustemperaturen im Winter, eigentlich ja nichts Besonderes, aber unter der Voraussetzung natürlich schon. Wann wird sich die Lage denn insgesamt wieder entspannen? Wie lange wird dieser Wintereinbruch dauern? Wie lang bleibt dieses Wasser noch?
Jung: Ja, diese Kälte bleibt mindestens mal in den nächsten sieben bis zehn Tagen erhalten. Das heißt auch sehr ruhiges Wetter und in dieser Zeit kann das Wasser abfließen. Denn wenn mal was vom Himmel kommt, dann ist es meist Schnee und dieser Schnee bleibt natürlich liegen und bringt keinen Abfluss für das Hochwasser und deswegen kann sich die Lage erst mal entspannen. Was aber Ende Januar passiert, können wir heute noch nicht abschätzen. Es kann natürlich sein, dass die Westwetterlage zurückkommt mit viel Regen, aber das wissen wir zum Glück heute noch nicht.
Dieterle: Herr Jung, vielen Dank für Ihre Einschätzungen. Danke für das Interview.
Jung: Gerne.