Hessische Landesregierung zieht 100-Tage-Bilanz

100 Tage – so lange regiert Schwarz-Rot in Hessen. Genau die richtige Zeit eine erste Bilanz zu ziehen. Wenn man das Ergebnis einer aktuellen Umfrage nimmt, muss man davon ausgehen, dass die Bürger einigermaßen zufrieden sind mit der Leistung der Regierung aus CDU und SPD. Denn wenn am Sonntag in Hessen Landtagswahl wäre, würde die CDU 37 % der Stimmen erhalten. Das wären 2,4 Prozentpunkte mehr als bei der Landtagswahl. Die AfD würde 2,4 Prozentpunkte verlieren, bliebe aber mit 16 % die zweitstärkste Kraft. SPD und Grüne erhielten jeweils 15 %, die FDP 5 % der Stimmen. Die Umfrage zeigt: Die Regierungskoalition aus SPD und CDU hätte wieder eine Mehrheit. Eine erfreuliche Nachricht für die hessische Landesregierung, die heute ihre traditionelle Zwischenbilanz nach 100 Tagen im Amt gezogen hat.

Äußerst harmonisch präsentieren sich Ministerpräsident Boris Rhein und sein Vize Kaweh Mansoori heute zur 100-Tage-Bilanz in der hessischen Staatskanzlei. Die Koalitionäre aus CDU und SPD zeigen sich zufrieden mit dem Regierungsstart.
Kaweh Mansoori (SPD), Wirtschaftsminister Hessen
„Unser Ansatz ist zügig, zukunftsorientiert und zugewandt. Wir haben in den ersten 100 Tagen für die Menschen in Hessen Wichtiges auf den Weg gebracht.“
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Wir haben insoweit seit dem 18. Januar einen echten Kickstart hingelegt.“
Mehr als 80 Vorhaben seien auf den Weg gebracht worden. Darunter auch alle Punkte aus dem Sofortprogramm. Der kostenlose Meisterbrief, der den Fachkräftemangel im Handwerk bekämpfen soll, eine Offensive gegen Kriminalität in Innenstädten mit zahlreichen Razzien im Frankfurter Bahnhofsviertel, eine zusätzliche Deutschstunde an Grundschule sowie das neue Hessengeld. Damit sollen insbesondere Familien beim Kauf des Eigenheims finanziell unterstützt werden.
Kaweh Mansoori (SPD), Wirtschaftsminister Hessen
„Wir gehen seit dem 18. Januar die Alltagsprobleme der Menschen an. Das beginnt bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels und das geht weiter bei den Bildungchancen. Insofern freue ich mich natürlich, dass der Meister jetzt in Hessen kostenfrei ist und dass wir doppelt so viele vergütete Ausbildungsstellen für Erzieherinnen und Erzieher haben, damit eben die Kleinsten die besten Chancen bekommen. Und das haben wir in den ersten 100 Tagen geschafft.“
Den hessischen Grünen dagegen fehlt es an der sozialen Handschrift.
Mathias Wagner (Bündnis 90 / Grüne), Fraktionsvorsitzender Landtag Hessen
„Wir haben nichts von der Landesregierung zur Bewältigung des Fachkräftemangels gehört. Wir haben nichts gehört, wie sie die Situation an unseren Schulen verbessern will, wir haben kein ambitioniertes sozialpolitisches Projekt gesehen, keine Initiativen zum Klimaschutz. Das ist eindeutig zu wenig für eine neue Landesregierung.“
Mehr Show als Handfestes, da sind sich die Oppositionsparteien einig.
Ministerpräsident Rhein winkt ab.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„Na ja, wenn Sie ein so umfassendes Programm in nur 100 Tagen umsetzen, dann ist das nicht nur Show, sondern dann ist da verdammt viel Substanz dahinter und sehr viel Arbeit im Übrigen auch dahinter. Was soll die Opposition denn sagen? Sie kann ja nicht jubeln, was sie natürlich tun müsste, wenn sie mal sich anschauen würde, was wir getan haben.“
Die Zusammenarbeit in der neuen Koalition sei harmonisch, betont der Ministerpräsident weiter. Geknallt habe es noch nicht, man diskutiere auf Augenhöhe.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen
„ Ich muss sagen vom Stil her und von der Art her wohltuend. Wirklich wohltuend. Und dass man mal vielleicht, wenn man mal unter vier Augen ist, auch sagt: ‚Jetzt pass mal auf, das machen wir jetzt aber so.‘ Dann würde Herr Mansoori sagen: ‚Nee, das machen wir mal jetzt genau so nicht.‘ Das ist wie im echten Leben. Also da unterscheidet sich die Politik nicht vom echten Leben.“
Kaweh Mansoori (SPD), Wirtschaftsminister Hessen
„Was verabredet ist, gilt, und wir arbeiten das konsequent miteinander ab. Ich habe jetzt keinen Vergleich zu vorher, aber die Stimmung im Koalitionsausschuss ist regelmäßig ausgelassen.“
Alles in Butter also – könnte das Fazit der Regierung lauten. In den nächsten 4 1/2 Jahren ständen unter anderem die Themen bezahlbarer Wohnraum, Ganztagsausbau der Schulen und der Klimaschutz auf der Agenda.
———-
Markus Appelmann, Moderator:
Da haben wir jetzt einige Themen zu besprechen, mit der Fraktionsvorsitzende der CDU im Hessischen Landtag, Ines Claus. Herzlich willkommen!
Ines Claus (CDU), Fraktionvorsitzende Landtag Hessen:
Vielen herzlichen Dank, Herr Appelmann!
Appelmann:
Frau Claus, lassen Sie uns mal kurz und kompakt starten. Welche Überschrift würden Sie wählen zu 100 Tage Schwarz-Rot?
Claus:
“Das ist ein toller Start.” Wenn man sich die ersten 100 Tage anschaut, dann haben wir viel in die Umsetzung gebracht von dem, was wir identifiziert haben als Themen, die die Menschen bewegen. Und 100 Tage sind ja gar nicht so viel Zeit. Und wenn man dann sieht, was schon alles geleistet wurde für die Menschen in Hessen, dann würde ich sagen, können wir sehr zufrieden sein.
Appelmann:
Und so kurz wollen wir weitermachen. Was hätte besser laufen müssen bei diesen 100 Tagen Schwarz-Rot?
Claus:
Ich gucke immer gerne nach vorne und sage, um was wir uns jetzt kümmern müssen. Und wenn ich mir das anschaue, wie wir gestartet sind in der neuen Konstellation, da fallen mir jetzt die positiven Aspekte ein und nichts, was mir negativ aufgefallen ist.
Appelmann:
Da sind die Grünen dann doch ein bisschen anders unterwegs. Sie haben so einige Kritikpunkte gehabt und sagen, die CDU setze auf Show statt Lösung. Und sie sagen: kein Plan gegen den Fachkräftemangel, kein sozialpolitisches Projekt, keine Unterstützung für die Wirtschaft. Was sagen Sie Ihrem ehemaligen Koalitionspartner?
Claus:
Ach, wissen Sie, ich finde, dass wir die Themen auch in unseren Themen haben. Und zwar nehmen wir mal die Sozialpolitik. Wir haben ein Schwimmbadprojekt drin, also “Swim plus”, da geht es um die Förderung von Schwimmbädern. Und das hat auch was mit gesellschaftlichem Zusammenhalt zu tun, dass Menschen und Kinder dort schwimmen lernen, dass man sich trifft etc..
Appelmann:
Was machen Sie für die Wirtschaft?
Claus:
Wirtschaft – wir sind diejenigen, die immer an der Seite der Wirtschaft stehen und auch nach vorne denken. Wir haben ein Thema groß besetzt, das ist der Bürokratieabbau. Und wenn Sie mit der Wirtschaft reden, dann ist das das Thema, was am meisten belastet. Und da gehen wir auch die ersten Schritte. Wir haben nicht nur einen Minister, wir haben eine Stabsstelle dazu und wir kümmern uns um die Themen, fangen da jetzt gerade in den ersten 100 Tagen bei den Vereinen an, um zu entlasten. Und vor allen Dingen kümmern wir uns um alle Themen, die die Wirtschaft auch mit belasten. Da müssen aber auch Rahmenbedingungen auf Bundesebene gesetzt werden, dass die Standortfaktoren noch besser werden, die Unternehmenssteuern zum Beispiel runtergehen, die Energiekosten gesenkt werden. Also man muss auch sehr deutlich unterscheiden, wofür sind wir zuständig und was muss woanders gemacht werden.
Appelmann:
Frau Claus, wir gehen zurück ins Land und gucken mal aufs Hessengeld. Eine vierköpfige Familie bekommt beim Kauf eines Eigenheims 30.000 €. Und jetzt kommt das Aber: Das Geld wird innerhalb von zehn Jahren auf Raten ausbezahlt. Die Familien sagen jetzt: “Wir brauchen aber doch das Geld dann, wenn wir das Haus kaufen.”
Claus:
Das ist eine, wie ich finde, sehr gute Aktion, um Familien zu unterstützen. Wir haben überall gehört, dass es ein Problem ist, ein Eigenheim zu erwerben. Das ist ja nicht nur Lebenstraum, sondern das ist auch Altersvorsorge. Und das unterstützen wir jetzt und ganz konkret. Und ja, es wird in zehn Tranchen ausgezahlt, aber 30.000 €, die aktiv entlasten, so was gibt es woanders nicht. Das gibt es nur bei uns und insoweit: Ich höre, eine große Resonanz darauf. Und als wir das verkündet haben, darf ich Ihnen auch was Persönliches sagen, habe ich eine SMS-Nachricht bekommen von jemandem, der geschrieben hat: “Hey, ist das ein Fake? Das ist ja richtig cool.”
Appelmann:
Woanders gibt es aber eine niedrigere Grunderwerbssteuer, zum Beispiel in Rheinland-Pfalz. Wäre das keine Möglichkeit gewesen, von 6 % auf 5 % runterzugehen?
Claus:
Also bei uns sind es ja effektiv in diesem Rechenmodell 30.000 €. Also das ist richtig viel. Wir haben immer gesagt, wir wollen das so lösen und auch gezielt die Familien im Blick behalten und nicht auch andere Strukturen. Und deswegen war es ein gezieltes Steuerungsinstrument von uns zu sagen, wir wollen das Hessengeld mit der Komponente, auch Kinder zu fördern, also Familien konkret zu fördern. Und deswegen haben wir uns für den Weg entschieden.
Appelmann:
Und das wird relativ unbürokratisch ablaufen. Sie haben gerade eben vom ersten Entbürokratisierungsminister Deutschlands gesprochen.
Claus:
Genau das ist unser Anspruch, und deswegen kümmern wir uns da gerade drum, dass ab dem 1. März, also rückwirkend, auch dieses Hessengeld gezahlt werden kann. Und das soll unbürokratisch sein. Jawohl.
Appelmann:
Okay, da werden wir noch einen Blick drauf werfen. Noch einen Blick auf die Opposition, die sagt, die SPD findet in dieser Koalition irgendwie so gar nicht statt momentan. Ist es auch Ihre Aufgabe, sicherzustellen, dass die Strahlkraft der Sozialdemokraten da ist, dass die Spaß am Regieren haben? Oder ist das keine CDU-Aufgabe?
Claus:
Meine Aufgabe ist es, dass die Koalition gut funktioniert. Da gehören beide Partner dazu, das natürlich immer zusammen mit dem Ministerpräsidenten, und ich finde, wir sind alle zusammen ein sehr gutes Team. Und insoweit kommt es darauf an, dass die Menschen merken, dass sie gut regiert werden und dass es eine Teamleistung ist.
Appelmann:
100 Tage Schwarz-Rot in Hessen. Danke schön an Ines Claus.
Claus:
Vielen herzlichen Dank, Herr Appelmann.