Hessen-Champions gekürt

Fachkräftemangel, hohe Energiepreise und eine komplexe geopolitische Situation – es ist keine einfache Zeit für die hessische Wirtschaft. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, braucht es Unternehmen, die vorangehen; die – trotz der aktuellen Herausforderungen – zum Wachstum des Wirtschaftsstandorts Hessen beitragen. Genau diese „Hessen Champions“ zeichnet das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände jedes Jahr aus. So geschehen gestern Abend in Wiesbaden.

Aus diesen Baugruppen werden mal Türsprechstationen, Lagersysteme oder Schaltkästen. Das Limburger Unternehmen Limtronik produziert maßgeschneiderte Systeme für Kunden aus der Industrie und setzt dabei auch auf innovative Abläufe mit künstlicher Intelligenz. Noch vor drei Jahren waren hier achtzig Mitarbeiter beschäftigt, mittlerweile hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Und das in Zeiten, in denen die Automatisierung von produktionstechnischen Abläufen zunimmt und der Fachkräftemangel die Wirtschaft fest im Griff hat.
Gerd Ohl, Geschäftsführer Limtronik GmbH: „Was wir gemacht haben über alle schwierigen Jahre: Wir haben immer festgehalten an der Ausbildung. Ein Großteil der jungen Leute, die sie hier sehen, haben wir selbst ausgebildet, selbst qualifiziert und dann auch entsprechend weiterentwickelt. Und das ist eigentlich der Hebel dann dabei.“ 
Ein Zehntel der Belegschaft sind Auszubildende. Die Übernahmequote: nahezu einhundert Prozent. Durch betriebsinterne Weiterbildungsmöglichkeiten, flache Hierarchien und eine transparente Führung schafft es Limtronik, seine Mitarbeiter langfristig zu binden und ist damit einer der Jobmotoren in Hessen. So sieht es die Jury bei der Preisverleihung der Hessen Champions gestern Abend in Wiesbaden.
Tarek Al-Wazir (Bündnis 90 / Die Grünen), Wirtschaftsminister Hessen: „Jedes Jahr sehe ich hier Unternehmen, wo ich mir denke, wow und das haben wir hier in Hessen: Weltmarktführer, Innovationen, in Effizienz in ganz neue Dinge, in völlig neue Verfahren und ganz viele Firmen, die ganze viele Jobs schaffen. Und da können wir schon wirklich stolz drauf sein, wie stark unsere hessische Wirtschaft ist.“ 
Neben Limtronik haben die Juroren zwei weitere Unternehmen aus Bad Nauheim und Darmstadt ausgezeichnet. Die Preisverleihung war der Höhepunkt des Hessischen Unternehmertages, an dem sich jährlich Vertreter aus Wirtschaft und Politik zur Entwicklung der hessischen Wirtschaft austauschen und Gestaltungsoptionen beraten. Das gemeinsame Ziel: Das Vertrauen in die Wirtschaft stärken und das Wachstum ankurbeln. Dazu bedarf es auch der ein oder anderen Änderung in der Gesetzgebung.
Boris Rhein (CDU), Ministerpräsident Hessen: „Bürokratie ist das, was alle wirklich enorm belastet, ist das, was allen wirklich Gullivers Fesseln, glaub ich kann man sagen, anlegt, und es lähmt unsere Wirtschaft, aber es lähmt die ganze Gesellschaft. Das hat viel mit Brüssel und europäischen Regeln zu tun, aber auch natürlich mit Dingen, die wir im Land verändern können. Deswegen möchte ich gerne in dieser kommenden neuen Legislaturperiode ein großes Programm zum Bürokratieabbau starten.“ 
Eine Ankündigung, die die Unternehmer sicherlich gerne hören.
Marco Riehl, Reporter in Wiesbaden:
„Herr Mang, wir sehen hier bei den Hessen-Champions viele Positivbeispiele, wie Unternehmen Mitarbeiter gewinnen und auch binden können. Fakt ist allerdings auch: Mehr als die Hälfte der Unternehmen in Hessen konnte dieses Jahr nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Warum ist das so?
Wolf Matthias Mang, Präsident Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände:
„Insbesondere zwei Entwicklungen. Das eine ist die demografische Entwicklung. Das wissen wir schon lange. Dass wir zu wenige junge Menschen haben, die den Schulabschluss meistern, weil es sie einfach nicht gibt. Und der zweite wichtige Grund ist aber, dass wir in den Schulen zu wenig dafür werben, wie viel Berufsbilder, die Industrie, das Handwerk, das Dienstleistungsgewerbe, die Gastronomie, bietet, um junge Menschen dafür zu begeistern, einen dualen Berufsweg einzusteigen. Und das ist wirklich sehr, sehr schade. Da können wir deutlich mehr tun.
Riehl:
„Was können denn Unternehmen tun, um die Chancen zu verbessern, mehr Auszubildende zu gewinnen?“
Mang:
„Na ja, das eine ist natürlich sicherlich, dass Sie dafür werben, für Ihr Unternehmen werben und möglichst früh vielleicht in die Schulen gehen und dort eben für das Berufsbild, welches sie anbieten, junge Menschen zu begeistern. Das zweite ist sicherlich, dass man auch zusammenarbeitet mit Bildungswerken, wo man schaut: Was kann ich noch tun für die jungen Menschen, dass die berufsfit gemacht werden, um dann eben einen eigenen Start in ihr Berufsleben mit einer dualen Berufsausbildung zu meistern.“
Riehl:
„Wir haben heute viele Gäste aus der Politik da. Was können der Bund oder das Land Hessen tun, um die Situation im Ausbildungsbereich zu verbessern?“
Mang:
„Da ist natürlich Bund und Land gemeinsam gefordert. Das Land natürlich, insbesondere, indem sie die Schüler fit macht für die Beruf, für ihren Berufsweg. Und fit machen bedeutet natürlich schon allein in diesen Kulturtechniken wie Lesen, Rechnen, Schreiben, aber wahrscheinlich natürlich auch digitale Medien, dass wir da ein bisschen mehr tun müssen in den Schulen, damit die Schüler, wenn sie in Berufsausbildung, wenn sie ihren Schulabschluss machen, fit sind. Und das Land muss natürlich auch gemeinsam mit Bund dafür werben, dass der Weg der dualen Berufsausbildung nach der Schule ein sinnvolles, richtiger und wichtiger Weg ist, ein lebenslanges Berufsbild zu erlernen und dann in dem Beruf, den man sich gewählt hat, glücklich zu werden.“
Riehl:
„Sagt der Präsident der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände, Wolf Matthias Mang. Vielen Dank.“
Mang:
„Gerne, vielen Dank.“