Hessisches Handwerk meldet weniger Aufträge

Bis vor kurzem wurde noch gebaut, was das Zeug hält. Doch seit die Zinsen regelrecht explodiert sind, herrscht Flaute. Die gesamte Baubranche steht vor einem extrem schwierigen Jahr. Der Hessische Handwerkstag hat heute zurückgeschaut und einen Ausblick gewagt.

Auf der Baustelle von Jörg Brömer gibt es aktuell jede Menge zu tun. Hier entsteht die neue Zulassungsstelle für die Stadt Wiesbaden. Der Innenausbau steht an. Der Bauunternehmer freut sich über die Arbeit, denn die Auftragslage in seinem Gewerbe hat sich zuletzt immer weiter verschlechtert.
Jörg Brömer, Geschäftsführer Brömer & Sohn
„Wir kämpfen momentan um jeden neuen Auftrag. Wir merken, dass der Angebotspreis am Fallen ist und wir haben das Glück, dass wir momentan noch Aufträge haben. Aber in der zweiten Jahreshälfte können wir auch neue Aufträge gebrauchen.“
Laut Brömer sind Gründe für die sinkenden Auftragszahlen immer mehr Regularien und damit verbunden steigende Grundstücks- und Baupreise. So müssten beispielsweise Betondecken mittlerweile 20 cm statt ursprünglich 14 cm dick sein. Das gehe ins Geld und mache Bauen unattraktiver. Auch der Fachkräftemangel macht dem Unternehmen zu schaffen. Der Nachwuchs fehlt.
Jörg Brömer, Geschäftsführer Brömer & Sohn
„Es wird immer schwieriger junge Leute für unser Handwerk zu begeistern. Wir bieten jedes Jahr sechs Ausbildungsstellen an. Leider konnten wir von diesen nur vier besetzen und im August hat das neue Lehrjahr begonnen und von diesen vier Leuten sind leider nur noch zwei Personen bei uns.“
Dieses Problem sieht auch der Hessische Handwerkstag. Seine Bilanz des vergangenen Jahres fällt durchwachsen aus. Vor allem die fehlende Planungssicherheit machte vielen Betrieben zu schaffen.
Stefan Füll, Präsident Hessischer Handwerkstag
„Die größten Probleme sind einfach die politischen Entscheidungen, die doch eine große Unsicherheit bei Betrieben wie auch bei Verbrauchern ausgelöst haben. Weil ja keiner wusste: Was gilt denn morgen? Es hat angefangen mit Streichungen von Energieeffizienzklassen bei Neubaute, aber es ging ja auch in den ganzen Heizungsbaubereich rein.“
Doch es gibt auch positive Entwicklungen. KFZ-Handwerke und personenbezogene Dienstleister wie Friseure konnten ihr Geschäft im vergangenen Jahr ankurbeln. Trotzdem sieht der Handwerkstag für das Jahr 2024 insgesamt noch keine Entspannung der Lage. Dafür müsse die Politik an einigen Stellschrauben drehen. Das sieht auch Jörg Brömer so.
Jörg Brömer, Geschäftsführer Brömer & Sohn
„Die Bundespolitik muss anerkennen, dass die Baubranche im freien Fall ist, dass es ein Problem vor allem im Wohnungsbau gibt, und wir müssen durch Entschlackung der Bauvorschriften dafür sorgen, dass Bauen wieder günstiger wird. Dass halt auch wieder in Wohnungsbau investiert wird.“
Denn eigentlich gilt die Baubranche im Handwerk als einer der stärksten Vertreter. Momentan ist sie aber eher ein Sorgenkind.