Habeck beim Jahresempfang der Wirtschaft

„Das Unmögliche möglich machen“ – dieser Werbeslogan des Spezialglasherstellers Schott hat Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gestern bei seinem Besuch in Mainz imponiert. Wahrscheinlich weil er weiß, dass seine Aufgabe in der Bundesregierung recht ähnlich ist – schließlich sind die Beliebtheitswerte der Ampelkoalition auf ein Allzeit-Tief gesunken. Gestern Abend war Robert Habeck Hauptredner beim Jahresempfang der Wirtschaft. Wie zufrieden ist die Wirtschaft mit Ihrem Wirtschaftsminsiter? Diese Frage klären wir gleich – zunächst aber sind wir bei einem Familienunternehmen in Worms, das klar den Finger in die Wunde legt.

Hier bei Renolit dreht sich alles um Folien: selbstklebende Folien für Autos, Folien für Möbel und Fenster. Seit fast 80 Jahren produziert das Unternehmen in Worms und in der ganzen Welt. Doch gerade am Standort Deutschland bleiben Forderungen unerfüllt.
Michael Kundel, Vorstandsvorsitzender Renolit SE
„Stabile Rahmenbedingungen bei dem Kernthema Energie. Und das ist die Kernforderung, die wir haben. Sowohl an die Landesregierung, aber vor allen Dingen an die Bundes- und Europapolitik. Wir brauchen hier einfach Berechenbarkeit für die Unternehmen, um langfristig auch Investitionsentscheidungen in der Industrie abzusichern.“
Schwer kalkulierbare Energiekosten, eine schier grenzenlose Bürokratie und fehlende Fachkräfte. Diese Probleme kennt nicht nur Renolit, sondern auch andere Unternehmen in Rheinland-Pfalz. Beim Jahresempfang der Wirtschaft am Donnerstagabend kommen die Themen auf den Tisch. 2.600 Gäste aus Wirtschaft und Politik treffen sich in Mainz. Darunter auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Malu Dreyer (SPD), Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz
„Der Frust ist immer noch sehr groß. Und es gibt auch wirklich noch viel zu tun. Und viele Dinge, die vielleicht vor 20, 30 Jahren noch gut gemeint waren. Vielleicht auch erforderlich waren, die fallen heute aus der Zeit. Und wir müssen deshalb schauen, wie schaffen wir das, wirklich immer wieder mit einem großen Wurf Entbürokratisierung zu stemmen.“
Während drinnen die ersten Gäste Platz nehmen, machen draußen Landwirte laut auf sich aufmerksam. Mit rund 30 Traktoren stehen sie der Rheingoldhalle und protestieren bei der Ankunft von Robert Habeck. Sie wollen ein Zeichen setzen gegen die Sparmaßnahmen der Bundesregierung. Dicke Luft also draußen, aber auch drinnen. Die Unzufriedenheit mit der aktuellen Wirtschaftslage ist groß. Habeck zeigt sich selbstkritisch.
Robert Habeck (Bündnis 90 / Grüne), Bundeswirtschaftsminister
„All das müssen wir überprüfen aus einer Haltung heraus, den Herausforderungen in dieser Welt Stand zu halten. Es nicht zu tun, setzt das Mindset voraus, dass wir immer die überlegene Wirtschaft haben. Die klügeren Leute, das bessere Einkommen, die höheren Werte. Die anderen gucken gar nicht mehr auf Europa, sie machen ihr eigenes Ding. Die anderen sind China und die USA.“
Der Bundeswirtschaftsminister fordert von den Unternehmern aber auch mehr Nachsicht. Politiker müssten bei ihren Entscheidungen Risiken eingehen dürfen.
Robert Habeck (Bündnis 90 / Grüne), Bundeswirtschaftsminister
„Dann heißt es, dass Entscheidungen getroffen werden, wenn sie nur zu 80 oder 90 Prozent sicher sind, dass sie halten. Wo diejenigen, die bereit sind, dieses Risiko einzugehen, also Entscheidungen zu treffen, damit das nach vorne geht. Damit es schneller geht. Nicht gleich den vollen Zorn von allen abkriegen, wenn eine Entscheidung auch mal fehlgetroffen wird. Ein Risiko einzugehen, heißt, dass es ein Risiko gibt, dass eine Entscheidung falsch ist.“
Bei den Wirtschaftsvertretern kommt das gut an.
Marcus Walden, Präsident IHK
„Das war ein breiter Strauß, der heute Abend angeboten wurde. Das waren klare Statements gewesen zur Entbürokratisierung. Das waren klare Statements gewesen zum Inudstrie- und Wirtschaftsstandort Deutschland als Wirtschaftsmotor. Das stimmt. Soweit theoretisch alles in Ordnung. Wie gesagt, es müssen jetzt die Taten folgen.“
Taten, auf die in Rheinland-Pfalz viele Unternehmen warten. Auch der Folienproduzent Renolit in Worms.