Gutachten vorgestellt: Was haben die Corona-Schutzmaßnahmen gebracht?

Maskenpflicht, Ausgangssperren, Schulschließungen – wir haben so einiges in den letzten beiden Corona-Jahren erlebt, was wir uns vorher nicht vorstellen konnten. Haben die Corona-Maßnahmen gewirkt? Oft wurde diese Frage gestellt – heute gab es erstmals eine offizielle Antwort vom Expertenrat der Bundesregierung. Der stellt dem Robert-Koch-Institut und der Regierung ein schlechtes Zeugnis aus: Fehlende Datenerhebung, schlechte Kommunikation und undurchschaubare Beschlüsse.

Vom Alkoholverbot im Freien über 3- und 2G-Regeln bis hin zu Lockdowns. Es war ein ganzes Bündel an Maßnahmen, das vor Corona schützen sollte. Wie wirksam welche Maßnahme tatsächlich war, schwer zu sagen.
Hendrick Streek, Virologe im Expertenrat
„Wir können die nicht mehr auseinanderrechnen, es ist unmöglich. Es wurde alles gleichzeitig ergriffen; man kann das zwar in Modellierungen machen, aber jedes Modell hat eben auch seine Probleme. Und wir können auch schlecht Ländervergleiche machen, da jedes Land mit einer anderen Lockdown-Kultur reagiert.“
In Deutschland habe im Gegensatz zu anderen Ländern kaum Begleitforschung stattgefunden. Wie wirksam waren Impfungen? Was haben die Schulschließungen gebracht? Auf diese Fragen geben die Experten – darunter Virologen und Juristen – wegen der schlechten Datenlage keine Antwort.
Sicher sei nur:
Hendrick Streek, Virologe im Expertenrat
„Je weniger Menschen bereit sind, die Maßnahmen mitzutragen – das haben einige Studien gezeigt –, desto geringer ist der Effekt und umso mehr schwerer werden eben auch die unerwünschten Wirkungen.“
Der Expertenrat attestiert der Bundesregierung in Bezug auf die Schutzmaßnahmen zudem eine mangelhafte Kommunikation. So haben es auch viele Mainzer erlebt:
Marlene Klatt, Restaurantmitarbeiterin
„Ich fand`s ziemlich verwirrend. Mal war`s so, mal war`s so, in relativ kurzen Abständen.“
Ulrich Eiden, Hausarzt
„Leider ist es natürlich enttäuschend, wenn viele Entscheidungen getroffen werden, die dann nach kurzer Zeit wieder revidiert werden müssen, weil man einfach absehbar die falsche getroffen hat.“
Auf Basis der heutigen Ergebnisse haben die Gesundheitsminister der Länder mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Nachmittag die Corona-Strategie für den Herbst besprochen.
Den heutigen Bericht hatte man auch auf Drängen der FDP abgewartet. Denn die Liberalen wollen künftig nur denjenigen Corona-Maßnahmen zustimmen, die wissenschaftlich fundiert sind.
René Rock, FDP, Fraktionsvorsitzender Hessen
„Die Evaluierung hat uns sehr bestätigt in unserer Politik. Eigentlich ist jetzt die alte Regierung oder auch die hessische Landesregierung klar in Erklärungsnot. Denn die müssen jetzt nachweisen, warum ihre Maßnahmen, die ja sowohl bei Schülerinnen und Schülern als auch in der Wirtschaft enorme Schäden verursacht haben, warum diese Politik so gemacht worden ist.“
Sinnvoll waren die Basisschutzmaßnahmen. Maske tragen, Kontakte reduzieren und Abstand halten hilft – nicht nur gegen das Coronavirus. Das betont die Expertenrunde heute nochmals. Welchen Nutzen hingegen die restlichen, teils einschneidenden Schutzmaßnahmen hatten, lässt sich wohl auch in Zukunft nicht mehr sagen.
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Wir haben es eben gehört: Auf Basis der Evaluierung haben sich die Gesundheitsminister der Länder heute Nachmittag beraten. Daniel Stich, der Landesimpfkoordinator aus Rheinland-Pfalz war auch bei den Gesprächen dabei.
Daniel Stich, SPD, Landesimpfkoordinator Rheinland-Pfalz
„Das war ja ein Novum, dass wir, weil wir die Menschen schützen wollten, das ist unser Auftrag, sehr weitreichend ihre Rechte in ihre Freiheiten eingreifen mussten. Aus guten Gründen Und es war für uns alle Neuland. Und dass wir jetzt eine wissenschaftliche Evaluierung haben, wo wir dabei sind, mit dem Bund gemeinsam zu überlegen, welche Maßnahmen brauchen wir im Investitionsschutzgesetz, um die Menschen gut durch Herbst und Winter zu bekommen. Deswegen sehen wir das als Chance. Und ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Angebot jetzt haben. Und es wird Einfluss haben in unsere Beratung und dann auch in Aktionen, Schutzgesetze und auch in unserer Corona-Verordnung.“