Gießen will Verkehrsversuch weiter vorantreiben

Eigentlich will die hessische Stadt Gießen bei der Verkehrswende ein Beispiel setzen: In den nächsten zehn Jahren soll sich die Zahl der Fahrradfahrer verdoppeln, gleichzeitig soll sich die Zahl der Autofahrer halbieren. Um das zu erreichen wird gerade der mehrspurige Anlagenring umgebaut, um Platz für Fahrradfahrer zu schaffen. Aber dieser Verkehrsversuch ist rechtswidrig, sagt jetzt ein Gericht.

Diese Fahrbahnen sind schon umgebaut. Auf der Ostanlage in Gießen freuen sich die Fahrradfahrer über ihr neues Glück: Spuren, nur für sie alleine. Doch dieser Luxus könnte von kurzer Dauer sein:
Diese Radwege sind rechtswidrig – so die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Gießen: Ihm fehlt eine ausreichende Begründung, warum die Fahrradfahrer eine eigene Spur brauchen. Doch weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, setzt die grün-rot-rote Stadtregierung den Umbau trotzdem fort:
Alexander Wright (Bündnis 90 / Die Grünen), Bürgermeister Gießen
„Wir machen mit den Baumaßnahmen weiter, weil hinter den Baumaßnahmen steckt auch noch viel mehr. Wir wollen zum Beispiel die Ampelanlagen modernisieren. Es wäre problematisch, wenn wir jetzt stoppen, eine Pause einlegen und dann in vier bis sechs Wochen wieder starten, dass wir dann überhaupt noch die Leute bekommen, die wir beauftragt hatten. Und dann haben wir das Thema, dass der Bau, die Baustelle, über ein Jahr einfach blank dort steht.“
Die oppositionelle CDU hält es für falsch, dass den Autofahrern eine Fahrspur auf einer der an meist befahrenen Gießener Straßen genommen wird. Sie sieht durch das Urteil bestätigt.
Frederik Bouffier (CDU), Stellvertretender Kreisvorsitzender Gießen
„Wider besseren Wissen oder zumindest in dem Wissen, dass es eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gießen gibt, die das ganze kritisch betrachtet, einfach so weiterzumachen halten wir für grob fahrlässig und das kann eigentlich nicht sein. Das werden wir auch in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag als Dringlichkeitsantrag einbringen.“
Zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist es gekommen, weil sich zwei Anwohner gegen die neue Beschilderung gewehrt haben. Bei den Gießenern kommt der Verkehrsversuch unterschiedlich an:
Laurenz Wetter
„Es ist eine super Sache, weil im Moment ist es nicht sicher als Fahrradfahrer hier entlang zu fahren. Und wenn man einen ganzen Ring für sich hat, dann wird es das ganze deutlich entzerren du erleichtern.“
Roel Spijkel
„Ich bin gespannt mit dem Fahrradring. Im Moment ist es Chaos für die Autofahrer. Ich glaube für die ist es im Moment sehr frustrierend.“
Maike Müller-Mehlhos
„Es bringt halt viel Verkehrschaos und finde ich nicht so gut.“
Die Stadt Gießen hält an den neuen Radwegen fest. Sie will gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Beschwerde einlegen und die vom Gericht angemahnte Begründung vorlegen, weshalb die täglich rund 25.000 Autos auf dem Anlagenring für die Fahrradfahrer eine Gefahr darstellen sollen. Fortsetzung folgt.