Gewerkschaft fordert Industriestrompreis

Bereits im Mai hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ein Arbeitspapier für einen sogenannten Industriestrompreis vorgelegt und damit auf die explodierenden Strompreise reagiert. Der Plan: Für besonders energieintensive Unternehmen soll der Preis pro Kilowattstunde gedeckelt werden, bis der Ausbau der erneuerbaren Energien in Schwung gekommen ist. Die Differenz bei den Preisen übernimmt solange der Staat. Doch umgesetzt wurde das Vorhaben bislang nicht und Arbeitgeber und Arbeitnehmer machen sich allmählich echte Sorgen um ihre Zukunft.

„Wir wehren uns“ – die Nachricht der rund 5.000 Demonstranten, die heute in Ludwigshafen zusammengekommen sind, ist klar. Die meisten hier arbeiten bei der BASF und fürchten, dass ihre Jobs ins Ausland verlagert werden könnten, wenn ihr Arbeitgeber keine Unterstützung von der Politik erhält. Für Michael Vassiliadis von der Industriegewerkschaft IGBCE geht es bei der Frage nach dem Industriestrompreis nicht nur um Arbeitsplätze und Unternehmen, sondern auch um die Wettbewerbsfähigkeit des ganzen Landes.
Michael Vassiliadis, Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie
„Wenn wir jetzt im Übergang zu einer ausreichenden Versorgung mit erneuerbaren Energien, das ist ja das, was die Bundesregierung vorhat, keine Brücke bauen, dann werden wir einen Großteil dieser Industrien verlieren und müssen nicht nur importieren, sondern werden auch abhängig von anderen Standorten auf dieser Welt. Das ist einfach Unsinn. Und als Gewerkschafter will ich hinzufügen: Hier sind richtig gute Arbeitsplätze. Wir können es uns nicht leisten, dass wir noch mehr davon verlieren.“
Deswegen hat die IGBCE zusammen mit anderen Gewerkschaften die sogenannte „Allianz pro Brückenstrompreis“ ins Leben gerufen, die eine Subventionierung bis 2030 fordert. Auch die Bundesländer fürchten um ihre Industriebetriebe und drängen auf eine rasche Entscheidung des Bundes.
Heike Raab (SPD), Bevollmächtigte Rheinland-Pfalz für den Bund und Europa
„Die energieintensiven Unternehmen schaffen nicht so schnell den Umbau, weil es noch nicht genügend bezahlbare erneuerbare Energien gibt. Aber der Ausbau, der geht total beschleunigt voran, das heißt, wir setzen uns auch für den Ausbau der Erneuerbaren ein, aber jetzt für diese Übergangslösung des Brückenstrompreises, damit die Chemie, die Industrie und die Arbeitsplätze erhalten bleiben.“
Der Mainzer Wirtschaftswissenschaftler Markus Hehn sieht einen subventionierten Energiepreis exklusiv für die Industrie kritisch, weil der einen Eingriff in den Markt darstellen würde. Er schlägt eine alternative Herangehensweise vor.
Prof.  Markus Hehn, Wirtschaftswissenschaftler Hochschule Mainz
„Eine andere Maßnahme, die ich in dem Kontext begrüßen würde, weil sie alle Stromverbraucher gleichermaßen bevorteilt, wäre eine Absenkung der Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß.“
Weil vor allem das Bundesfinanzministerium beim Industriestrompreis aber weiter auf die Bremse tritt, ist momentan noch keine Einigung in Sicht. Die Demonstrierenden haben heute bereits lautstark angekündigt, ihren Protest deswegen zur Not bis vor den Bundestag zu tragen.
„Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin!“