Geändertes Infektionsschutzgesetz – wie geht es jetzt weiter in Sachen Corona?

Die bundesweite Sieben-Tages-Inzidenz liegt heute bei über 1.700 – um die 300.000 Neuinfektionen sind wieder dazu gekommen – so viele wie noch nie. Und dennoch haben Bundestag und Bundesrat die umstrittene Reform des Infektionsschutzgesetzes trotz teils erheblicher Vorbehalte beschlossen. Die Länder treten auf die Bremse. Auch in Hessen und Rheinland-Pfalz bleibt nicht nur die Maskenpflicht.

Noch weitere zwei Wochen heißt es hier, 3G-Nachweis kontrollieren und auch die Maske bleibt an. Für Giuseppe Petrelli kein Problem. Denn die Corona-Maßnahmen einfach über Bord werfen, ist für den Friseurmeister auch nach dem 02. April keine Option.
Giuseppe Petrelli, Friseurmeister in Seeheim-Jugenheim
„Bei uns bleibt alles, die ganzen Hygienemaßnahmen, sodass wir die Plätze desinfizierten nach dem Kunden, dass wir die Waschplätze desinfizieren, Händedesinfektion überall und diese Abstände werden bleiben. Das heißt, ich kann mir jetzt nicht vorstellen, wieder zehn Stühle dazu, weil wir das jetzt seit zwei Jahren gewohnt sind, smoother zu arbeiten. Jetzt wieder so ein Gewusel im Salon zu haben, kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, möchte ich auch gar nicht, wegen der Sicherheit auch.“
Er hofft lediglich, dass seine Kunden am Platz bald die Maske abnehmen dürfen. Seine Mitarbeiter und er wollen sie aber weiter tragen.
Giuseppe Petrelli wählt damit einen schärferen Weg, als ihn die Politik beschreitet. Denn Bundestag und Bundesrat haben heute eine Fortschreibung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, das die Maskenpflicht künftig nur im öffentlichen Nahverkehr, in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vorschreibt.
Zusätzlich kommt die sogenannte Hotspot-Regel, die es ermöglicht, regional schärfere Maßnahmen einzuführen – wie zum Beispiel eine allgemeine Maskenpflicht im Innenraum. Der Landtag muss allerdings jede betroffene Kommune einzeln durch einen extra Beschluss zu einem Hotspot erklären.
Als zu kompliziert, nicht ausreichend und realitätsfern bezeichnen viele Ministerpräsidenten die neuen Regelungen.
Volker Bouffier, CDU, Ministerpräsident Hessen am 17.03.2022
„Der Bund hat einen Paradigmenwechsel vorgenommen. Die Pandemie ist ja nicht vorbei und die weitere Entwicklung der Bekämpfung dieser Corona-Pandemie verantwortet jetzt der Bund. Wir werden uns nicht wegdrücken, aber wenn wir nicht die Möglichkeit haben, das zu tun, was wir für erforderlich halten, dann müssen diejenigen die Verantwortung tragen, die dieses Gesetz jetzt beschlossen haben. Ich bedauere das, aber das können wir jetzt nicht mehr ändern.“
Denn das aktuelle Infektionsschutzgesetz läuft morgen aus. Hätten die Bundesländer es heute im Bundesrat blockiert, wäre ab morgen die rechtliche Grundlage für jegliche Corona-Schutzmaßnahme ausgelaufen.
Zähneknirschend lassen die Länder es heute also passieren.
Volker Bouffier, CDU, Ministerpräsident Hessen
„Wer heute Morgen im Deutschen Bundestag die zweite Lesung eines Gesetzes vornimmt, das morgen ausläuft, der will uns nicht beteiligen. Ich kann nur mein größtes Missfallen darüber zum Ausdruck bringen, aber mir geht es nicht darum, ob mir das gefällt oder nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gehöre diesem Haus jetzt 23 Jahre an. Ein solches Verfahren habe ich noch nie erlebt.“
Übergangsweise können die Länder noch zwei Wochen zum Beispiel an 3G und der Maskenpflicht im Einzelhandel festhalten. Hessen und Rheinland-Pfalz machen davon Gebrauch. Ab dem 03. April gelten dann aber die neuen, lockeren Regeln.
Für den Moment akzeptabel, mit Blick auf den Herbst aber auf keinen Fall ausreichend, findet Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Malu Dreyer, SPD, Ministerpräsidentin RLP am 17.03.2022
„Es ist schon klar – und das habe ich auch noch mal sehr, sehr deutlich gemacht, – die Bundesregierung hat es auch zugesagt – dass wir über den Sommer uns damit beschäftigen, kurzfristig eine neue Gesetzgebungsgrundlage zu haben, wenn die Situation der Pandemie es erfordert, sodass die Länder dann zu gegebener Zeit dann auch handlungsfähig sind, um andere Maßnahmen zu ergreifen.“
Zudem verweist Malu Dreyer auf die Eigenverantwortung der Bürger. Jeder könne schließlich selbst an den Schutzmaßnahmen festhalten, die er für richtig hält.
So wie Giuseppe Petrelli in Seeheim-Jugenheim, der zum Wohl seiner Kunden und Mitarbeiter die ein oder andere Corona-Schutzmaßnahme aufrechterhalten wird.