Frankfurter Polizeipräsident geht in den Ruhestand

Knapp acht Jahre lang hat Gerhard Bereswill ein Amt inne gehabt, um das ihn wahrscheinlich niemand beneidete. Er war Polizeipräsident von Frankfurt – in einer Zeit, in der es bisweilen heiß her ging in Hessens Metropole. Und das auch innerhalb der Polizei. Jetzt ist Gerhard Bereswill in den Ruhestand verbschiedet worden. Wir blicken zurück auf eine bewegte Amtszeit.

Am Ende einer Beamtenkarriere steht auch bei Gerhard Bereswill eine Urkunde, die ihn aus dem Staatsdienst entlässt. Nach 48 Jahren bei der Polizei, zuletzt als Chef des Frankfurter Präsidiums, gibt es außerdem Dank und Wertschätzung durch den Innenminister.
Peter Beuth, CDU, Innenminister Hessen
„Da ist die Bilanz die, dass er die Kriminalität in den letzten Jahren deutlich zurückführen konnte. Wir haben einen Rückgang von Straftaten von fast zwanzig Prozent erreicht unter seiner Führung. Und das steht, glaube ich, erst mal im Vordergrund. Er hat Strukturen angepasst und verändert, so wie das für eine moderne Polizeibehörde in diesen Jahren eben halt notwendig ist.“
Die Ära Berwesill beginnt schwierig. Erst wenige Monate im Amt, sieht sich der neue Polizeichef bei den Blockupy-Protesten vor dem neuen Gebäude der Europäischen Zentralbank einem Gewaltausbruch ausgesetzt, wie ihn die Stadt jahrzehntelang nicht erlebt hatte.
Gerhard Bereswill, Polizeipräsident Frankfurt am 19.03.2015
„Diese Ausschreitungen waren vorbereitet, organisiert und gesteuert und keinesfalls spontan oder zufällig wie es von Blockupy-Organisatoren nun im Nachhinein gesagt wird.“
Den Ruf als Hochburg der Kriminalität trägt Frankfurt schon lange mit sich herum. Heute allerdings zu Unrecht. Gerhard Bereswill kämpft für mehr Kameraüberwachung im öffentlichen Raum – und er gründet eine eigene Ermittlungseinheit, um gegen die Rauschgiftszene im Bahnhofsviertel vorzugehen. Beides mit dem Ziel, das Sicherheitsgefühl der Bürger zu stärken. Doch intern läuft es nicht rund im Polizeipräsidium. Immer wieder geraten Beamte in den Verdacht des Rechtsextremismus, 2021 wird das Spezialeinsatzkommando deshalb aufgelöst. Rassistische Chatgruppen fliegen auf, als gegen Beamte wegen Drohschreiben gegen die Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz ermittelt wird.
Gerhard Bereswill, Polizeipräsident Frankfurt am 19.08.2020
„Wir werden aber alles daran setzen, dass diese Menschen, wenn sie weiterhin mit dieser Einstellung zutage treten in der Frankfurter Polizei, ich denke auch in der hessischen Polizei, keine Heimat mehr haben sollten.“
Nach einer turbulenten Amtszeit wechselt Gerhard Bereswill in den Ruhestand – mit der reellen Chance, einmal ein Wochenende zu erleben, an dem das Telefon nicht klingelt.

 

 

Markus Appelmann, Moderator: Mit Ausschreitungen zur Eröffnung der Europäischen Zentralbank begann seine Amtszeit, mit dem Skandal um rechte Elitepolizisten endet sie: Darüber sprechen wir jetzt mit dem scheidenen Polizeipräsidenten von Frankfurt. Herr Bereswill, was ist in der Rückschau ihr schwerster Moment in diesen acht Jahren gewesen?
Gerhard Bereswill, Polizeipräsident Frankfurt 2014 – 2022: Der schwerste Moment in diesen acht Jahren war sicherlich das Auffinden von einer Chatgruppe in einem Revier, bei dem wir feststellen mussten, dass Chatinhalte, die eindeutig rassistisch und menschenfeindlich waren, zwischen Polizisten hin und her geschickt worden sind. Das dazugehörige Verfahren läuft. Diese Dinge sind mittlerweile angeklagt. Deswegen ist, was die Strafverfolgung angeht, noch einiges offen. Es hat uns aber herausgefordert, zu verhindern, dass sich solche Dinge wiederholen. Und dazu haben wir – das ist mittlerweile drei Jahre her – eine Arbeitsgruppe aufgestellt, deren einzige Aufgabe es ist, weiterhin ist, die Resilienz von unseren Kolleginnen und Kollegen gegen derartiges Verhalten zu erhöhen.
Appelmann_ Sie waren in diesen Zeiten von Blockupy bis zur Auflösung des Spezialeinsatzkommandos Frankfurt immer auch als Krisenmanager gefragt. Was macht Ihrer Meinung nach die Polizeiarbeit zurzeit so schwierig?
Bereswill: Die Polizeiarbeit macht momentan in den letzten Jahren, das will ich mal so auf diesen Zeitraum erstrecken, schwierig, weil sich in diesen wenigen Jahren ganz viele Dinge gesellschaftlich verändert haben. Ich bin jetzt seit fast 48 Jahren Polizist und weit über 40 Jahre waren Fragestellungen wie zum Beispiel die Demokratie oder Freiheit oder Frieden überhaupt kein Thema. Es gab keine Erforderlichkeit, an diesen Themen zu arbeiten, die waren gesetzt und das war damit sozusagen bestehend.
Und in den letzten Jahren hat sich die Gesellschaft massiv verändert. Wir haben Polarisierungen in Extreme hinein. Wir haben eine Fragmentierung der Gesellschaft. Wir haben extrem auftretende Gruppen, die weit über die Grenzen gehen. Wir haben eine Partei im Bundestag, auch in Länderparlamenten, denen zum Beispiel vom Deutschen Institut für Menschenrechte, aber auch vom Verwaltungsgericht in Köln bescheinigt wurde, dass es rechtsextremistische und rassistische Ansätze gibt, sowohl von Personen als auch in den Programmen. Wir haben eine Gesellschaft, die sich nicht mehr über prüfenden Journalismus, sondern über soziale Medien informieren und sich dabei über Algorithmen in Filterblasen leiten lassen oder durch solche extremistischen Gruppierungen mit ganz gezielten Konzepten in ihre Bereiche gezogen werden. Und das alles hat unsere Gesellschaft verändert.
Appelmann: Viel zu tun für den neuen Präsidenten. Ihnen angenehmen Ruhestand.
Bereswill: Danke schön! Da freue ich mich auch drauf.