Forscher erproben nachhaltige Garnelenzucht

Garnelen werden hierzulande gerne gegessen, doch ihre Produktionsbedingungen sind alles andere als vorbildlich: Mangrovenwälder werden gerodet, um Garnelenfarmen zu errichten. Um diese Garnelen dann zu füttern, braucht es Fischmehl, wofür die Meere überfischt werden. Außerdem stehen die Garnelen selbst in diesen Farmen häufig unter Stress und sind dadruch krankheitsanfällig. Und dann legen sie aus den Farmen in Südostasien und Südamerika auch noch weite Wege bis zu uns zurück. Doch wie lässt sich die Garnelenproduktion nachhaltiger gestalten? Die Universität Gießen will das herausfinden.

Sie müssen sich keine Sorgen machen, einmal auf einem Teller zu landen. Die Garnelen in der Justus-Liebig-Universität Gießen leben hier rein zu Forschungszwecken. Wie verhalten sich die Tiere? Welche Bedingungen brauchen sie, um gesund und zufrieden zu sein? Und was kann man daraus für eine artgerechtere und nachhaltigere Garnelenproduktion ableiten?
Tom Wilke, Professor für Tierökologie
„Viele Garnelen werden nicht artgerecht gehalten, das heißt, teilweise kommt es auch zum Einsatz von Antibiotika, von Wachstumshormonen, aber es kommt auch zur massiven Umweltzerstörung. Garnelen sind ja Tiere, die in Brackwasser, in Küstengebieten leben und hier ist es so, dass beispielsweise komplette Mangrovenwälder abgeholzt werden, um dort Garnelenteiche aufzubauen.“
Besser: eine lokale Produktion. Doch in welchen Tanks fühlen die Garnelen sich wohler? Um das herauszufinden setzen die Forscher Jungtiere sowohl in Plastik- als auch Holztanks und vergleichen dann Wachstum und Gesundheit der Tiere.
Tom Wilke, Leiter der Forschungsgruppe
„Es geht also um nachhaltige Materialien, es geht aber auch darum, dass diese Holztanks einen Vorteil für Garnelen bilden, weil sich in diesen Holztanks auf der Innenseite ein Biofilm entwickelt mit Bakterien, die als Probiotika funktionieren könnten und dann beispielsweise auch das Tierwohl der Garnelen erhöhen könnten.“
Hier im Aquarium sind die Lebensbedingungen in etwa wie in der Natur. Sand zum Eingraben, andere Tiere wie Seesterne und Korallen, Pflanzen, Steine zum hochkrabbeln. In Zuchttanks gibt es so etwas bislang nicht.
Patrick Schubert, Biologe
„So eine Garnele, das sieht man hier ja ganz gut, die schwimmt ja nicht die ganze Zeit durchs Wasser. Und wenn sie das permanent macht, dann braucht sie A relativ viel Energie, das soll sie ja aber eigentlich nicht, sie soll ja eigentlich wachsen und das stresst die Tiere teilweise auch. Deswegen ist das zum Beispiel ein ganz wichtiger Ansatz, dass die Tiere Strukturen bekommen, an denen sie sich festhalten können, wo sie auch noch ein bisschen was runter fressen können.“
Ob das auch Auswirkungen auf Wachstum und Gesundheit hat, wird das Forschungsprojekt noch zeigen. Neben Lebensbedingungen und Tierwohl geht es den Forschern vor allem auch um das Futter. Denn Garnelen werden üblicherweise mit Fischmehl gefüttert. Das belastet die ohnehin schon überfischten Meere. Die Larve der Schwarzen Soldatenfliege könnte eine Alternative sein. Mit Resten aus der Lebensmittelindustrie wie Kakaoschalen oder Apfeltrester gefüttert wären die Insekten ein besonders nachhaltiges Futtermittel für die Garnelen.
Annalena Barth, Doktorandin
„Wir haben den großen Vorteil, dass Garnelen Allesfresser sind und somit sehr vieles in der Natur fressen. Wir haben zwar aktuell nicht die Wachstumsraten, wie wir sie jetzt mit dem Fischmehl haben, sehen aber höhere Überlebensraten, also wir kommen am Ende mehr oder weniger auf dieselbe Biomasse, aber haben halt ein nachhaltigeres Futter.“
Die Forschungsergebnisse sollen künftig als Orientierung für hessische Garnelenzüchter dienen. Neben der Uni Gießen sind auch die Technische Hochschule Mittelhessen und das Fraunhofer Institut am Projekt beteiligt. Der Bund fördert mit 1,2 Millionen Euro. Die Garnelen made in Hessen dürften laut Forschern später bei einem Kilopreis von rund 50 Euro landen. Das ist rund doppelt so viel wie der aktuelle Preis im Supermarkt. Dafür aber nachhaltig, regional und mit mehr Tierwohl.