FDP in der Krise – Volker Wissing im Gespräch

Und harte und zähe Zeiten erlebt gerade auch der Chef der rheinland-pfälzischen Liberalen, Bundesverkehrsminister Volker Wissing, der gleich im politischen Aschermittwoch in Mainz auftritt. Er hat wohl schon fröhlichere Fasnachten gehabt, denn der FDP bekommt das Mitregieren im Bund überhaupt nicht gut.

Am Aschermittwoch ist bekanntlich alles vorbei. Fast alles. Denn die Sorgen der Liberalen, ob sie das Ampel-Abenteuer in Berlin als Partei überleben werden, die werden auch morgen noch da sein. Und diese Sorgen sind groß – je nach Umfrage liegt die Partei existenzbedrohend zwischen 3 und 4 Prozent.
Dabei kann man der FDP nicht vorwerfen, dass sie nicht versucht, ihre Punkte zu setzen. Jüngstes Beispiel: Das Lieferkettengesetz, das die Partei in letzter Sekunde in Brüssel platzen  ließ. In den Augen der Liberalen ein typisches EU-Bürokratiemonster, das auf die deutsche Wirtschaft zugekommen wäre. Oder das Festhalten an der Schuldenbremse, die Grüne und SPD lieber heute als morgen los wären.
Gerade hatte nur noch eine hauchdünne Mehrheit der FDP-Mitglieder für den Verbleib in der Ampel gestimmt.
Fakt ist: In einer von Megakrisen geschüttelten Zeit wird Deutschland von einer Koalition regiert, die vieles ausstrahlt – nur eines nicht: Stabilität und einen Plan, wie das Land durch diese Zeit kommt.
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Eva Dieterle, Moderatorin: Darüber spreche ich jetzt mit Volker Wissing, er ist in der FDP-Geschäftsstelle in Mainz. Guten Abend Herr Wissing.
Volker Wissing (FDP), Bundesverkehrsminister: Guten Abend, Frau Dieterle.
Dieterle: Wie ist ihre Analyse: Wird die FDP dafür abgestraft, dass sie nicht das mitmacht, was Grüne und SPD in der Regierung wollen?
Wissing: Ich beschäftige mich mit solchen Betrachtungen nicht. Mir geht es darum, dass man das Land gut regiert. Wir haben eine ganze Reihe von Problemen, die gelöst werden müssen. Und darauf bin ich ganz fokussiert – in meinem Bereich etwa die Sanierung der Deutschen Bahn, die Sanierung von Autobahnbrücken und die Digitalisierung vorantreiben. Das ist eine Herkulesaufgabe. Da kommen wir gut voran und darauf kommt es am Ende an!
Dieterle: Ist die Ampel in Berlin in der aktuellen Verfassung die geeignete Regierung, dieses Land durch diese Krisen zu führen?
Wissing: Ich glaube, die Ampel muss schneller werden und sie muss vor allen Dingen den öffentlichen Streit beenden und schneller zu Lösungen kommen. Aber das ist einfacher gesagt als getan, denn dazu gehören ja mehrere dazu. Und klar ist natürlich, dass wir vor großen Herausforderungen stehen. Der Krieg in der Ukraine ist eine große Belastung. Wir haben einen Transformationsprozess zu gestalten, in dem viele Menschen auch Sorgen und, ja, auch große Ängste haben. Das ist alles nicht einfach und deswegen ist es wichtig, dass schnell und klar entschieden wird. Und das sollten wir uns jetzt vornehmen Für das Jahr 2024.
Dieterle: Wie erklären Sie sich, dass in der Regierungszeit der Ampel die Zustimmung für die AfD steigt und steigt? Was läuft da schief?
Wissing: Nun, es sind immer mehrere Gründe. Zum einen ist die Gesamtsituation für viele frustrierend. Plötzlich Krieg in Europa, Energieversorgungsprobleme, große Transformationen in der Fahrzeugindustrie, in vielen Bereichen. Wir müssen klimaneutrale Wirtschaft erreichen und das jetzt in einer relativ kurzen Zeit, weil man in der Vergangenheit zu wenig dafür getan hat. Und natürlich ist auch insgesamt der öffentliche Streit und Diskurs der Ampelkoalition etwas, was viele Menschen frustriert. Deswegen beteilige ich mich an diesem Streit auch nicht und empfehle auch allen, jetzt schnell zu Lösungen zu kommen, konstruktiv die Probleme zu bewältigen. Dann kann sich das auch wieder ändern.
Dieterle: Welche Bedeutung wird das Ergebnis der Europawahl für die Zukunft der Liberalen haben? Kann es einen Punkt geben, wo Sie sagen: Einen Verbleib in der Ampel können wir uns nicht länger leisten um unserer selbst willen?
Wissing: Bei der Europawahl geht es ja nicht um eine Abstimmung über die Bundesregierung. Wir haben einen Koalitionsvertrag, den haben wir für vier Jahre geschlossen. Und ich halte viel davon, dass man die Entscheidungen, die man getroffen hat, auch für den gesamten Zeitraum, für die man entschieden hat, auch konsequent verfolgt. Ich jedenfalls tue das und glaube, dass es viel Wichtigeres gibt, als ständig Koalitionsdebatten zu führen, nämlich die Probleme des Landes zu lösen ganz konkret.
Dieterle: Dennoch ist die Europawahl natürlich ein wichtiges Zeichen. Herr Wissing, vielen Dank für das Interview.

Wissing: Ich danke Ihnen.