Fahrradkorso für Verkehrswende

Das war ein ungewohnter Anblick gestern auf der A66 zwischen Frankfurt und Wiesbaden. Viel Betrieb am Sonntag, das kommt dort schon mal vor. Gestern waren es allerdings keine Autos, sondern Fahrräder, die auf der Autobahn für viel Verkehr gesorgt haben. Mit im Gepäck hatten die Radler Zehntausende Unterschriften für ein Volksbegehren für eine Verkehrswende – dem sie mit dieser Fahrraddemo nochmal Nachdruck verleihen wollten.

Es sind Bilder wie bei der Tour de France – doch die „Tour de Verkehrswende“ führt am Sonntag nicht über die Alpen oder Pyrenäen, sondern entlang der A66 in Hessen. 36 Kilometer von Frankfurt nach Wiesbaden – über den Tag verteilt demonstrieren fast 10.000 Menschen für mehr Freiheit bei der Wahl ihres Verkehrsmittels.
Werner Buthe, Organisator
„Wir haben auf der Fläche keine Möglichkeit teilweise auf das Auto zu verzichten, weil Busse stillgelegt wurden, Gleise stillgelegt wurden, Bahnhöfe abgerissen. Wir haben zu Gunsten des Autos, was die letzten 50, 60 Jahre einen Siegeszug hatte, dadurch, dass es vergünstigt wird, haben wir einen Wahnsinns-Hype gehabt in Sachen Auto, und haben darüber hinaus vergessen, dass es noch andere Verkehrsteilnehmer gibt.“
Deshalb wählten die Veranstalter des Bündnisses „Verkehrswende Hessen“ als Ort für die Demonstration bewusst eine Pendlerautobahn, die am Sonntag mehrere Stunden lang für den Autoverkehr gesperrt war. Hintergrund der Aktion ist ein Volksbegehren für ein Verkehrswendegesetz, mit dem der hessische Verkehr bis 2030 klimaneutral und sozial gerecht gestaltet werden soll. In den letzten Monaten haben die Organisatoren Unterschriften gesammelt, rund 44.000 sind für ein Volksbegehren nötig. Mehr als 70.000 übergeben sie am Ziel in Wiesbaden an Hessens Verkehrsminister Tarek Al-Wazir.
Tarek Al-Wazir, Bündnis 90 / Die Grünen, Verkehrsminister Hessen
„Das zeigt, dass viele Menschen sich die Verkehrswende wünschen. Und ich bin sicher, dass wir als Gesellschaft nur vorankommen, wenn wir ein faires Miteinander aller Verkehrsteilnehmer hinbekommen. Das heißt, das Auto wird natürlich seinen Platz behalten, aber es wird nicht mehr so dominant sein können.“
Dass es mit dem Miteinander manchmal hakt, machte sich auch rund um die Demo bemerkbar. Die Autobahn GmbH hatte bis zuletzt versucht, die Demo zu verhindern. Doch ihr Eilantrag sowie die darauffolgende Beschwerde wurden zurückgewiesen. Allerdings wurden die geplanten Pausen für die Radfahrer kurzfristig gestrichen. Trotz aller Spannungen blieb es laut Polizei friedlich.
Tarek Al-Wazir, Bündnis 90 / Die Grünen, Verkehrsminister Hessen
„Ich glaube schon, dass das vielleicht nicht die klügste Idee, der Autobahn GmbH war, des Bundes war. An einem Sonntagmittag auf der A66 muss das für drei Stunden auch mal möglich sein.“
Die Unterschriften gehen jetzt zur Prüfung an den Landeswahlleiter, danach muss der Landtag über den Gesetzesentwurf entscheiden. Lehnt das Parlament diesen ab, käme es zum Volksentscheid.