Faeser fordert bessere Vergaberichtlinien am Bau

Verteuerte und fehlende Baumaterialien, Fachkräftemangel – das sind die aktuellen Herausforderungen für das Baugewerbe. Dabei drängen sich weitere Probleme immer mehr in den Vordergrund: Illegale Arbeit, Dumpingpreise und schwarze Schafe unter den Baufirmen.

Nancy Faeser bekommt beim Besuch auf einer Baustelle in Bad Vilbel einiges zu hören. Ungewohnt einstimmig kritisieren Bauunternehmen und Gewerkschaften einen zunehmend unlauteren Preiskampf in der Baubranche: Immer mehr Firmen würden auf Subunternehmen zurückgreifen, die sich nicht an Tarife hielten. Die Folge: Schwarzarbeit und Bauarbeiter aus dem Ausland, die unter widrigsten Bedingungen untergebracht würden. Das werde auch bei öffentlichen Bauaufträgen auf der Suche nach dem günstigsten Angebot übersehen.
Thomas Reimann, Verband Bau-Unternehmen Hessen
„Da hat der Auftraggeber kein Interesse daran, einem tariftreuen Unternehmen dann den Auftrag zu erteilen. Der sagt schlicht und ergreifend zu mir: ‚Du bist zu teuer! Gib noch mal zehn oder 15 Prozent nach, dann kriegst du den Auftrag‘ – kann ich aber nicht. Dann kann ich meine Leute nicht mehr bezahlen.“
Hans-Joachim Rosenbaum, Regionalleiter IG BAU Hessen
„Unsere Betriebe, die ordentlich sind, die gute Arbeitsbedingungen bieten, die Menschen halbwegs ordentlich bezahlen oder nach Tarifvertrag bezahlen, oder manchmal sogar noch etwas mehr – die haben keine Chance mehr, einen Auftrag zu bekommen.“
Jüngste Zollkontrollen auf Baustellen würden nur die Spitze des Eisbergs zeigen: In Mittel- und Nordhessen wurden Ende April knapp 40 Bauarbeiter wegen fehlender Aufenthaltsgenehmigungen festgenommen. Auf Hessens größter Wohnungsbaustelle in Frankfurt war von über 200 Kontrollierten jeder Sechste nicht bei der Sozialversicherung gemeldet.
Allein für das vergangene Jahr konnte das Frankfurter Hauptzollamt entgangene Steuern und Sozialabgaben von über 5 Millionen Euro aufdecken.
Auch Bundesinnenministerin und SPD-Spitzenkandidatin für die hessische Landtagswahl Nancy Faeser fordert eine strengere Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen. Und eine Extra-Kontrollbehörde für Baustellen, etwa bei den Regierungspräsidien.
Nancy Faeser (SPD), Spitzenkandidatin Landtagswahl Hessen
„Die Menschen kriegen für ihre Arbeit viel zu wenig Geld, weil an Sub-Subunternehmen weiter gegeben wird. Das will ich beschränken. Und ich möchte dafür sorgen, dass es echte Tariftreuereglungen gibt, die auch immer einzuhalten sind.“
Das hessische Wirtschaftsministerium betont, beauftragte Baufirmen müssten sich zur Tarifeinhaltung verpflichten. Strafen sind im hessischen Vergabegesetz allerdings nicht vorgesehen. Gewerkschaften und Bauunternehmerverband sind sich einig, dass Schwarzarbeit im öffentlichen Bau keine Chance gegeben werden dürfe.