Explodierende Benzinpreise treffen Pendler und Verbraucher

Der russische Angriff auf die Ukraine und die Wirtschaftssanktionen gegen Moskau bekommen auch die Verbraucher in Hessen und Rheinland-Pfalz zu spüren. Der Ölpreis ist auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren und der Gaspreis ist um ganze 60 Prozent gestiegen. Die Folge sind neue Rekorde an den Tankstellen. Experten fordern jetzt die Politik zum Handeln auf.

Wo man auch hinschaut: Die Preise für Benzin und Diesel steigen immer weiter. Wer in diesen Tagen seinen Wagen volltanken will, muss tief ins Portemonnaie greifen. Wie hier in Frankfurt ist der Preis nahezu überall über zwei Euro pro Liter. Und das ohne Aussicht, dass es in den kommenden Wochen wieder abwärts geht.
Michael Faust, Lkw-Fahrer
„Da muss man ja mehr verdienen, aber wir verdienen nicht mehr. Die Preise steigen und verdienen tun wir nicht mehr. Der Lohn bleibt gleich und die Ausgaben: Immer höher.“
Jutta Seitz-Clement
„Ich kann es mir leisten, immer noch. Sonst würde ich nicht weiter fahren. Und Ansonsten sage ich: Die Ökosteuer muss weg.“
Begründet werden die horrenden Preise mit dem Krieg in der Ukraine. Dass die USA als mögliche weitere Sanktion davon sprechen, den Import von russischen Öl zu stoppen, hat die Preise heute noch einmal in die Höhe schnellen lassen. Die Händler spekulieren also mit einer möglichen Rohstoffknappheit. Die Folge dürfte nicht nur an den Tankstellen zu spüren sein. Auch Heizen und Strom dürften deutlich teurer werden. Und nicht zuletzt haben die Spritpreise Auswirkungen auf die Spediteure. Wenn der Transport von Waren teurer wird, werden es die Waren selbst auch – die Inflation wird weiter angeheizt.
Die Politik könnte an einigen Stellschrauben drehen, um die Preise nicht ständig weiter steigen zu lassen, nämlich an dem Teil des Preises, der politisch bestimmt wird – den Steuern und Abgaben – und somit die Folgen für die Verbraucher zumindest etwas abfedern.
Eva Dieterle, Moderatorin: Wir wollen das Ganze jetzt einordnen und das machen wir mit Johannes Hübner vom Institut Mobile Zukunft in Friedberg. Guten Abend.
Johannes Hübner, Leiter Institut Mobile Zukunft: Guten Abend!
Dieterle: Herr Hübner, wenn Sie das sehen, können Sie das überhaupt nachvollziehen, diese extremen Preissteigerungen aktuell? Kommt denn bei uns schon durch den Ukrainekrieg weniger Öl an?
Hübner: Das ist absolut nicht gerechtfertigt. Es kommt auch nicht weniger an! Wir verbrauchen jetzt das, was vor drei Monaten in die Läger kam und es gibt ja keine Rohölknappheit. Es ist also wirklich reine Spekulation an den Börsen und natürlich auch bei den Mineralölunternehmen, die dazu führt, dass man jetzt unverschämt hohe Gewinne mitnimmt.
Dieterle: Ist denn zu erwarten, dass die Spritpreise in den kommenden Wochen und Monaten dann noch weiter steigen?
Hübner: Leider wohl ja. Denn wenn ich gesagt habe, dass wir jetzt das Öl verbrauchen, das vor drei Monaten an die Läger kam, dann können wir ausrechnen, heute plus drei Monate ist Anfang Juni, Beginn der Ferienzeit. Die Mineralöl Unternehmen werden versuchen, das mitzunehmen und die Preise nach oben zu steigern. Das heißt, wir werden noch deutlich über 2 € pro Liter liegen. Das wagt man sich kaum zu sagen, denn wenn es schon mal ausgesprochen wird, dann traut man sich auch manchmal. Aber vielleicht führt es ja auch dazu, dass der Verbraucher jetzt mal ganz besonders kritisch wird.
Dieterle: Schauen wir uns mal ganz konkret an: Was bedeutet das für die Bürger, für die Pendler, aber auch für die Spediteure? Schwere Zeiten, oder?
Hübner: Es ist etwas ganz Schlimmes passiert. Die Politik hat nämlich ihre politische Forderung mit reingebuttert und hat den Dieselpreis an den Benzinpreis angesiedelt. Das war nie erlaubt früher, das war ein Sakrileg. Also, das mussten immer sieben bis zehn Cent Differenz sein, eben genau, um das Speditionsgewerbe und auch die Busindustrie entsprechend zu unterstützen. Wir müssen ja nicht vergessen, 95% aller Waren laufen auf den Straßen aller Bestellungen, und die werden da mit Diesel betrieben überwiegend. Also, tatsächlich muss das eigentlich als erstes wieder geändert werden. Der Dieselpreis gehört runter und das ist eigentlich das Schlimmste dabei, dass keiner wahrgenommen hat, dass diese Nivellierung erfolgt ist.
Dieterle: Das war jetzt der Blick auf die Speditionen. Die haben es sehr schwer. Aber was ist mit den Bürgern, mit den Pendlern? Ist auch eine enorme Belastung.
Hübner: Für die Pendler ist es eine enorme Belastung und die können sich jetzt nur noch mehr in Fahrgemeinschaften zusammentun und versuchen, noch langsamer zu fahren. Es ist eigentlich gar nicht gerechtfertigt, dass die Politik jetzt versucht, auch noch irgendwelche politischen Dinge wie Elektroautos oder so damit mitdurchzudrücken. Warum sagt denn die Politik nichts? Ich unterstelle einfach, dass der Finanzminister, der mit 3/4 des Benzinpreises profitiert, sich natürlich freut, wenn die Kassen voll sind.
Dieterle: Was fordern Sie von der Politik in diesen Zeiten?
Hübner: Ein Punkt wurde schon gesagt: Ökosteuer runter oder ganz weg. Eigentlich muss der Steueranteil am Mineralöl generell massiv gesenkt werden, bis zu um die Hälfte. Dann kommen wir plötzlich wieder in Benzinpreise, die sich die Bürger leisten können. Der Bürger selber muss natürlich auch eine Menge tun – oder er kann eine Menge tun. Auf jeden Fall die teuren Tankstellen meiden, egal wie. Immer, wenn der Kraftstoffstand schon halbvoll ist, Ausschau halten, wo es preiswert ist – es gibt, tolle Apps und so was, die einem so was zeigen – und dann konsequent die boykottieren, die so teuer sind. Das merken die Mineralölindustrie ganz schnell. Und dann werden die Preise auch wieder sinken.
Dieterle: Das waren praktische Tipps. Herr Hübner, vielen Dank für Ihre Einschätzung.