ESA schickt Superteleskop Euclid ins All

Nur noch wenige Tage, dann startet die nächste große Mission der Europäischen Weltraumorganisation. Gesteuert wird sie aus Darmstadt. Mit „Euclid“ schickt die ESA ein Teleskop ins All, das rund ein Drittel des gesamten Sternenhimmels scannen und kartographieren soll. Die Optik ist so empfindlich, dass sie Sterne noch in 10 Milliarden Lichtjahren Entfernung entdecken kann. Damit kann „Euclid“ buchstäblich in die Vergangenheit unseres Universums blicken.

Die Milchstraße – unsere Heimatgalaxie. Sie ist eine von mehr als hundert Milliarden. So viele Galaxien gibt es laut Schätzungen im messbaren Bereich des Weltalls. Und doch machen sie laut Berechnungen nur rund 5 Prozent der gesamten Masse und Energie des Universums aus. Das heißt: Dort draußen in der Dunkelheit muss es noch etwas anderes geben, etwas Unbekanntes. Das zu erforschen wird Aufgabe des neuen Teleskops „Euclid“ der Europäischen Weltraumorganisation sein.
Micha Schmidt, Luft- und Raumfahrtingenieur
„Eine Galaxie rotiert mit einer gewissen Geschwindigkeit. Und wenn man jetzt einfach nur die Masse nimmt, die man sieht, also die Sterne, der Staub zwischen den Sternen und die Planeten und so weiter, dann funktioniert das nicht, da fehlt was. Die würden alle auseinander fliegen mit dieser Rotationsgeschwindigkeit. Da muss also noch irgendwas anderes sein, irgendeine andere Kraft, irgendeine Gravitation, irgendeine Masse, die Gravitation dazu addiert, damit dieses Modell stimmt. Damit also diese Rotationsgeschwindigkeit auch tatsächlich diese Galaxie stabil macht. Also sagt man: Das nennen wir jetzt erst mal #dunkle Materie#, die müssen wir erforschen.“
Micha Schmidt ist der leitende Ingenieur des „Euclid“-Teams in Darmstadt. Nach dem Start der Rakete am 1. Juli werden er und seine Kollegen dafür sorgen, dass der Satellit genau dort ankommt, wo er soll.
Micha Schmidt, Missionsflugleiter Euclid
„Wenn man sich die Sonne und die Erde anguckt, gibt es verschiedene Punkte, wo die Gravitation sich aufhebt und zu diesem Punkt wollen wir. Die Rakete schickt diesen Satelliten eigentlich auf die direkte Reise und der kritische Punkt für uns ist, dass wir innerhalb von kurzer Zeit, das sind zwei Tage, ein wichtiges Manöver ausführen, ein sogenanntes Delta-V-Manöver, also richtig Treibstoff verbraten, um die Richtung zu korrigieren, falls die Rakete uns nicht in die richtige Richtung geschickt hat.“
1,5 Millionen Kilometer ist dieser Punkt von der Erde entfernt. Von dort aus wird Euclid das Universum außerhalb der Milchstraße scannen. Darunter werden auch Galaxien sein, die bis zu 10 Milliarden Lichtjahre entfernt sind. Das heißt: Das was Euclid sieht, ist bereits vor 10 Milliarden Jahren geschehen – denn so lange hat das Licht bis zu uns gebraucht. So können die Wissenschaftler erforschen, wie das Universum damals ausgesehen hat, woraus es bestand und vor allem ob es sich seitdem verändert hat. Was wir bereits wissen: Das All dehnt sich aus und zwar immer schneller. Das passt nicht zu den bisher bekannten physikalischen Gesetzen. Denn eigentlich ziehen Sterne und Galaxien sich wegen ihrer Schwerkraft gegenseitig an, die Ausdehnung müsste sich verlangsamen.
Micha Schmidt, Luft- und Raumfahrtingenieur
„Das heißt, man braucht tatsächlich auch noch irgendwie etwas, was Gravitation entgegenwirkt, also was quasi das Universum schneller ausbreiten lässt, als man das vermuten würde, wenn man nur die Gravitation in Betracht zieht.“
Die Wissenschaftler sprechen von „dunkler Energie“. Ein weiteres großes Rätsel, dem Euclid nachgehen soll. Bis zum Start am Samstag spielt das Team in Darmstadt etliche Simulationen durch, um auf jede mögliche Situation vorbereitet zu sein. Ist Euclid erst einmal auf seiner Bahn angekommen, wird das Teleskop sechs Jahre lang die Zusammensetzung unseres Universums untersuchen. Und wahrscheinlich kommen während der Suche nach Antworten mindestens genauso viele neue Fragen auf.