Ein halbes Jahr nach der Flutkatastrophe

Heute vor sechs Monaten kam die Flut. Die Wassermassen waren nicht aufzuhalten. Brücken wurden weggerissen, Häuser weggeschwemmt. Mehr als 180 Menschen verloren ihr Leben. Das Ahrtal im Norden von Rheinland-Pfalz traf es besonders hart. Orte wie Schuld, Mayschoß oder Rech erlangten traurige Bekanntheit. Wie geht es den Menschen im Ahrtal ein halbes Jahr später? Eine Reportage aus dem Katastrophengebiet.

Das Ahrtal – immer noch eine Baustelle.
Rech an der Ahr. Hier hat es die berühmte Nepomuk-Brücke weggerissen. Hier standen mal Sportanlagen.
Die Bewohner rühren Beton an.
Peter Schatz hängt dauernd am Telefon.
Er arbeitet 13, 14 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, um seine Gaststätte wieder auf Vordermann zu bringen.
Peter Schatz, Gaststättenbetreiber aus Rech
„Handwerker koordinieren, Material besorgen, gucken, dass die Lieferungen rechtzeitig klar kommen, an Land kommen, weil das momentan schon ein Riesenproblem ist. Materialverknappung auch schon vor der Flut hier ein allseits bekanntes Thema und jetzt wird es nochmal ein bisschen dramatischer.“
So sah es vor einem halben Jahr hier aus.
Draußen Verwüstung, drinnen Zerstörung.
In der Flutnacht wurde das Haus von den Wassermassen umspült.
Peter Schatz und seine Familie konnten sich ins Obergeschoss retten.
Peter Schatz, Gaststättenbetreiber aus Rech am 21.07.2021
„War die schlimmste Nacht meines Lebens. Das würde ich meinem ärgsten Feind nicht wünschen. Also, das war…wir sind froh, dass wir hier stehen. Haben zwar die komplette Lebensgrundlage verloren,a aber wir gucken nach vorne und versuchen es irgendwie wieder aufzubauen.“
Dazu warten Peter Schatz und viele andere im Ahrtal weiterhin auf die angekündigten Hilfen vom Staat. Schnell und unbürokratisch sollten sie fließen.
Aber: Die seitenlangen Anträge sind kompliziert, die Bearbeitung zieht sich hin.
Peter Schatz, Gaststättenbetreiber aus Rech
„Ist schon schwierig. Aber wir haben ja die Erfahrung mit den Corona-Hilfen schon gemacht. Das war auch schnell und unbürokratisch angekündigt, und relativ lange drauf gewartet. Von daher: Keep smiling.“
Anderer Ort: Ahrweiler-Heppingen. Hier wurde ein Neubaugebiet überflutet.
Selami Tunc hatte sich mit seiner Frau und den fünf Kinder gerade das eigene Haus eingerichtet. Dann kam das Wasser.
Er sagt: Eine ernsthafte Warnung an die Menschen vor Ort sei damals Stunden zu spät gekommen.
Selami Tunc, Anwohner aus Ahrweiler-Heppingen, am 05.08.2021
„Wir haben drei, vier, fünf Stunden mit den ganzen Leuten hier Sandsäcke getragen bei jedem Haus und in diesen fünf Stunden hätten wir uns und noch sehr viele retten können.“
Die Arbeiten am Haus der Familie Tunc gehen langsam voran.
Die Flut hat die Menschen gezeichnet.
Selami Tunc, Anwohner aus Ahrweiler-Heppingen
„Man steht immer mitten in der Nacht um 1, 2 Uhr auf und hat alles vor Augen und dann kannst du nicht mehr schlafen. Das hatte ich zirka sechs, sieben Wochen gehabt. Können die Kinder verkraften, weil am Anfang meine Zwillinge, die sind 6 Jahre alt, und wenn das angefangen hat zu regnen, dann sind die rein und haben immer noch Angst. Ich denke, sie haben immer noch sogar Angst.“
Zwei Schicksale im Ahrtal. Beide zeigen: Die Flut verschwand so schnell, wie sie kam. In den Köpfen der Menschen wird sie aber bleiben.