Ehemaliger Gestapo-Keller soll Lernort werden

„Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden“ – das sind die Worte des ehemaligen hessischen Generalstaatsanwaltes und Nazi-Jägers Fritz Bauer, der die Verbrechen der Nationalsozialisten aufgearbeitet hat. Die Erinnerung aufrecht erhalten: Das passiert in den ehemaligen Konzentrationslagern in Osthofen bei Worms oder in Hinzert bei Trier. Nun soll ein weiterer Ort Geschichte erlebbar machen: die ehemaligen Folterkeller der Geheimen Staatspolizei in Neustadt an der Weinstraße.

Von außen ist dem Gebäude in der Konrad-Adenauer-Straße seine dunkle Geschichte kaum anzusehen: Von 1937 bis 1945 hatte die Gestapo hier ihren Sitz. Jene Nazi-Polizei also, die im Dritten Reich gefürchtet wurde wie kaum eine andere Organisation. In diesen historisch weitgehend original erhaltenen Kellerräumen wurden Menschen verhört, gefoltert – und in vermutlich mehr als 20 Fällen sogar ermordet. Andere wurden von hier aus in die Gaskammern geschickt. Ein schrecklicher Ort also – und doch ungemein wertvoll, wenn es um die politische Bildung junger Menschen in Rheinland-Pfalz geht.
Clemens Hoch (SPD), Wissenschaftsminister Rheinland-Pfalz
„Hier können in den Originalschauplätzen des Geschehens Schülerinnen und Schüler sich mit der Nazi-Zeit auseinandersetzen. Hier ist Aktenstudium möglich. Hier kann man dann aber auch vor Ort das Schicksal der vielen Menschen, die unter den Nazis leiden mussten, dann erleben. Und das ist für die Erinnerungskultur und den Bildungserfolg in diesem Land sehr wichtig.“
Der historische Lernort „Gestapo-Keller“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der rheinland-pfälzischen Landesregierung mit der Stadt Neustadt und der Landeszentrale für politische Bildung. Ziel: Mindestens einmal während seiner Schulzeit soll jeder Schüler einen solchen historischen Lernort besuchen – und die Geschichte des Nationalsozialismus hautnah erleben. Auch, wenn die Abkürzung „Gestapo“ ja eigentlich für „Geheime Staatspolizei“ steht – besonders geheim ist die Nazi-Polizei in Neustadt damals nicht vorgegangen. Viele wussten ziemlich genau, was auf dem Gestapo-Gelände so alles passierte.
Annika Heinze, Landeszentrale für politische Bildung
„Es war nicht ganz abgeschottet. Die umliegenden Wohnhäuser, die teilweise auch historisch sind, hatten Einblick auf den Innenhof, auf dem die Inhaftierten teilweise Appell stehen oder auch Exerzieren mussten. Das heißt, das war durchaus sichtbar. Die Gestapo war bekannt und im Stadtbild sichtbar. Dieser Ort liegt zentral in Neustadt, das war nicht versteckt.“
Bis heute eines der dunkelsten Kapitel der Stadt – mit dem sich vor allem jungen Menschen hier schon bald am Originalschauplatz mit Hilfe von Schautafeln und historischen Dokumenten auseinandersetzen können. Jetzt wird das Gebäude mitsamt der erhaltenen Folterkeller aber erst einmal umgebaut und auf Vordermann gebracht. In etwa einem Jahr soll der historische Lernort dann seine Pforten für die Besucher öffnen.