Diskussionen über die geplante Legalisierung von Cannabis

„Gebt das Hanf frei“, das rief ein bekannter Grünen Politiker vor knapp 20 Jahren. Und diese Forderung wird nun Realität. Die Legalisierung von Cannabis steht im neuen Koalitionsvertrag der Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP. Ein Thema, das nicht alle so locker sehen. Wir haben uns mal in Hessen umgehört, was die Menschen davon halten.

Das hätte es unter einer Jamaika-Koalition nicht gegeben! Aber die Ampel macht den Weg frei fürs Hanf.
Deutschlands verbreitetste illegale Droge soll also bald legal sein.
Legales Cannabis – streng gesichert hinter dicken Betonmauern lagert der Stoff bereits jetzt in Hessen. Bisher nur zu medizinischen Zwecken. Die Firma Cansativa in Mörfelden-Walldorf besitzt die einzige Lizenz für den Großhandel mit Marihuana in Deutschland.
Jakob Sons, Mitbegründer Cansativa Mörfelden-Walldorf
„In diesem Fall ist es zum Beispiel ‚Ghost Train Haze‘. Das klingt jetzt eher nach einem freizeitlichen Produkt, da kommt das natürlich auch her, aber das hier ist ein rein pharmazeutisches Produkt. Das ist kindergesichert und ist tatsächlich wenig überraschend, eine ganz typische Cannabisblüte. Und je nach Varietät, je nach Hersteller, sind die Produkte eben auch hier sehr unterschiedlich.“
Cannabis in Deutschland – jetzt schon ein Wirtschaftsfaktor. Derzeit beschäftigt Cansativa 20 Mitarbeiter. Durch die Legalisierung könnten es bald 500 sein. Der Staat dürfte durch eine Cannabissteuer jedes Jahr 1,8 Milliarden Euro mehr verdienen und durch die Entlastung von Polizei und Justiz 1,3 Milliarden Euro weniger ausgeben.
Jakob Sons, Mitbegründer Cansativa Mörfelden-Walldorf
„Die Dimension, die wir betrachten, ist einmal Medizinal-Cannabis. Da gehen wir von aus, dass wir einen Markt von 15-20 Tonnen haben jährlich, gemessen an den Daten, die verfügbar sind. Wenn man Cannabis als einen Freizeitmarkt betrachtet, kann man davon ausgehen, dass es nach Schätzungen ein Marktvolumen von etwa 200 Tonnen gibt, was heute in einem illegalen Schwarzmarkt bedient wird. Und das wäre natürlich etwas, was mittelfristig dann auch im Rahmen einer Legalisierung auf einen legalen Markt kommen könnte.“
Vertreter von Polizeigewerkschaften warnen jedoch vor einer Freigabe. Eine Legalisierung würde aus ihrer Sicht den Schwarzmarkthandel nicht beseitigen.
Stefan Rüppel, Gewerkschaft der Polizei Hessen
„Da wird enormes Geld verdient in der Kriminalität und wenn man hinterher Cannabis in Apotheken in Deutschland kaufen könnte, glaube ich nicht, dass die Dealer, die damit jetzt reich werden und gut verdienen, anständige Bürger werden und irgendeine Lehre beginnen. Sondern die suchen sich ein anderes Kriminalitätsfeld oder bieten halt andere, dann verbotene Drogen weiter an.“
Christian Muhl ist Leiter einer Entzugsklinik in Friedberg. In der salus Klinik machen derzeit rund 70 Frauen und Männer ihren Drogenentzug. Viele von ihnen konsumierten Cannabis. Der Psychologe macht sich bei einer Legalisierung vor allem um bestimmte Gruppen Sorgen.
Christian Muhl, Direktor salus Klinik Friedberg
„Kinder und Jugendliche und auch junge Erwachsene, die sich noch in der Entwicklung befinden. Weil dort der Cannabiskonsum auch zu schweren Folgeschäden führen kann. Für abhängige Patienten, mit denen wir zu tun haben, oder für abhängige Personen, mit denen wir zu tun haben, sehe ich’s ebenfalls kritisch, weil das unter Umständen auch ein Signal aussendet, dass Cannabis jetzt harmlos ist. Und das ist es mit Sicherheit gerade für Personen, die schon Probleme mit dem Konsum entwickelt haben, mit Sicherheit nicht.“
Im Frankfurter Bahnhofsviertel sind Drogen allgegenwärtig. Die Stadt mit einer der größten Drogenszenen Deutschlands will bei einer Legalisierung ganz vorne mit dabei sein. Dort wünscht man sich schon länger ein Pilotprojekt.
Annette Rinn, FDP, Ordnungsdezernentin Stadt Frankfurt
„Das, was auf der Straße verkauft wird, ist ja im seltensten Fall sauber, sondern es ist ganz oft verpanscht mit irgendwelchen weiteren Substanzen, die dann auch zu schwereren Abhängigkeiten führen. Was man kontrolliert kaufen könnte, wo auch immer, Apotheken, whatever, wäre sauber – das heißt, es wäre zunächst einmal für die Menschen die konsumieren, ein großer Vorteil und nochmal auch für die Ordnungskräfte, weil sie eben nicht mehr hinter jedem herrennen müssen, der mit winzigen Mengen Cannabis, Hasch oder was auch immer unterwegs ist.“
Haschisch in der Tasche – zukünftig wohl kein Grund, mehr sich zu verstecken. Welche „gesellschaftlichen Auswirkungen“ die Legalisierung sonst noch hat, das will die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach vier Jahren überprüfen.