Die musikalische Murmelmaschine aus Rüdesheim

Der Rheingau ist bekannt für guten Wein. Er ist aber auch das Mekka für selbstspielende Musikinstrumente. Zugegeben, das ist keine große Szene, aber eine ganz schön quirlige. Seit 50 Jahren gibt es in Rüdesheim ein einzigartiges Museum „Siegfrieds Mechanisches Musikkabinett“. Zuwachs gibt es wohl noch in diesem Jahr durch ein ganz besonderes Instrument, das von Millionen im Netz bestaunt wurde.

Magische Klangwelten, ein Hauch von Kindheitsnostalgie. Erzeugt von einem mechanischen Wunderwerk: der Marble Machine, zu Deutsch: Murmelmaschine. Die kleinen Kugeln fallen gezielt auf Instrumente wie Vibrafon, Becken und Bassgitarre. Erfunden, gebaut und komponiert hat all das der Schwede Martin Molin. Rund zehn Jahre und 235 Millionen Youtube-Clicks später steht die Marble Machine in Rüdesheim. Zuletzt notdürftig in einem Schuppen gelagert, hat der Zahn der Zeit sie verstummen lassen. Die Faszination ist geblieben.
Martin Molin, Musiker aus Schweden
„Ich liebe die Physik und die Schwerkraft. Und die Arbeit mit Murmeln. Denn sie werden von der Schwerkraft gelenkt. Sie fallen in Richtung des Zentrums unseres Planeten. Und das finde ich irgendwie wunderschön. Die Gesetze der Physik zu visualisieren und sie in Musik zu verwandeln, macht einfach sehr viel Spaß.“
Inspiriert hat ihn unter anderem der Besuch in einem Spieluhrenmuseum.
Mittlerweile gibt es einen Nachfolger, die Marble Machine X. Ziel: Eine tourneetaugliche Version für Liveauftritte mit Martins Band Wintergatan. Doch bei einem komplexen Konstrukt aus 10.000 Teilen, die meisten davon selbst gefertigt, hakt es immer irgendwo.
Helen Selling, Fan der Marble Machine aus Usingen
„Ein Problem ist zum Beispiel, dass die Murmel nicht sauber durchrollt und dann irgendwo hängenbleibt. Das darf natürlich auf der Maschine nicht passieren. Und insofern muss dann hier viel Tuningarbeit passieren.“
So haben sich Fans einer weltweiten Community seit Oktober in Rüdesheim getroffen, um die Maschine wieder in Gang zu bringen. Für Konzerte reicht es wohl immer noch nicht, dafür aber schon bald für zwei Ehrenplätze in Siegfrieds Mechanischem Musikkabinett. Von der blechplattenbetriebenen Spieluhr bis hin zum elektrischen Musikautomaten mit Geigen und Klavier beheimatet das Museum über 400 selbstspielende Instrumente, teils aus dem 18. Jahrhundert.
Lucas Wendel, Siegfrieds Mechanisches Musikkabinett Rüdesheim
„Man sollte meinen, irgendwie nach fünfzigjährigem Bestehen des Museums sind wir fertig mit Sammeln. Aber auch jetzt gibt’s noch neue Instrumente, neue Entwicklungen. Und man muss eigentlich jetzt halt mal in die modernen Medien schauen, dass man irgendwas findet, wo man dann auch denkt: Ach guck mal, es geht tatsächlich noch weiter.“
Weiter geht es auch für Martin Molin. In den Werkstätten des Museums tüftelt er schon am Prototypen für seine dritte Maschine. Die soll zuverlässiger werden, präziser im Takt und besser im Klang.
Martin Molin, Musiker aus Schweden
“ Was mich antreibt, ist, dass ich jeden Tag an die Situation beim ersten Konzert der Welttournee denke. Die Bühne ist bereit. Das Publikum ist da. Die Maschine steht in der Mitte der Bühne. Ich gehe auf die Bühne. Dann diese kleine Stille vor dem ersten Lied. Und ich denke mir: Ja, ich habe es geschafft!“
Zehn Songs soll die neue Marble Machine live spielen können. Noch ist das Zukunftsmusik. Immerhin können sich Fans die Wartezeit künftig nicht mehr nur im Netz, sondern auch im Museum verkürzen.