Demonstrationen gegen das Kliniksterben

„Alarmstufe Rot“ – unter diesem Motto sind heute bundesweit Tausende Krankenhaus-Beschäftigte auf die Straße gegangen. „So geht es nicht weiter. Wir brauchen mehr Geld“, das ist die klare Botschaft, die auch aus Rheinland-Pfalz und Hessen nach Berlin geht – genauer an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Es fühlt sich an wie die Ruhe vor dem Sturm. Noch können die Rechnungen an der Kreisklinik Groß-Gerau bezahlt und die Patienten gut versorgt werden. Doch die Inflation und die Preissteigerungen bei den Energie- und Personalkosten wiegen schwer. Langfristig zu schwer.
Erika Raab, Geschäftsführerin Kreis-Klinik Groß-Gerau
„Es wird immer schlimmer. Je näher das Jahresende kommt, desto mehr Kosten werden wir offen haben. Wir laufen ins Minus, wir können nichts mehr tun. Es reicht!“
Das sagt Erika Raab heute auch in Frankfurt. Auf dem Römerberg demonstrieren rund 2.000 Mitarbeiter von Krankenhäusern für mehr Geld.
Laut Krankenhausgesellschaft droht aktuell einem Viertel der hessischen Krankenhäusern die Insolvenz.
Ähnlich dramatisch sieht es in Rheinland-Pfalz aus, wo die Klinikbeschäftigten heute in Mainz protestieren.
In den letzten vier Jahren haben sich in Rheinland-Pfalz vier Klinikbetreiber für zahlungsunfähig erklärt. Zuletzt die DRK-Trägergesellschaft Süd-West, die in Rheinland-Pfalz an fünf Standorten Krankenhäuser betreibt.
Im gleichen Zeitraum haben acht Krankenhäuser ihre Türen endgültig geschlossen. Mit dem Marienhaus Klinikum in Gerolstein auch eines der wenigen Krankenhäuser in der Eifel.
Das größte rheinland-pfälzische Krankenhaus, die Mainzer Universitätsmedizin, schreibt seit Jahren tiefrote Zahlen. Ihr Rekorddefizit von 65 Millionen Euro im Jahr 2022 könnte sie bereits in diesem Jahr noch übertreffen.
Veith Stahlheber, Intensivkrankenpfleger Universitätsmedizin Mainz
„Ich arbeite an der Unimedizin in Mainz und natürlich ist die Situation auf den Stationen äußerst desolat. Wir leiden natürlich unter einem massiven Personalmangel.“
Vahid Nabavi, OP-Leiter Verbundkrankenhaus Linz-Remagen
„Ich bin wirklich traurig darüber, dass der Mensch vergisst, was am wichtigsten im Leben ist und das ist seine Gesundheit. Und dafür habe ich den Job gewählt und deshalb mache ich es auch gerne. Nur ich möchte nicht, das Leid der Menschen sind, weil wir knapp bei Kasse sind.“
Thomas Werner, Geschäftsführer Verbundkrankenhaus Linz-Remagen
„Wir können die Preise nicht frei verhandeln. Die Preise, die wir erzielen aus der Patientenbehandlung, sind staatlich vorgegeben. Das ist das große Dilemma, die Schwere zwischen unseren Erlösen, staatlich vorgegeben, planwirtschaftlich und dem, was wir brauchen, ist immens.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Finanzierung der Krankenhäuser reformieren. Doch das wird voraussichtlich bis 2027 dauern. Zu lange aus Sicht von Erika Raab.
Erika Raab, Geschäftsführerin Kreis-Klinik Groß-Gerau
„Und momentan ist es auch so, der Bund und die Länder streiten sich. Das ist wie bei Geschiedenen. Ja, beide streiten darum, wer nicht Unterhalt zahlen muss und da hat man als Dritte das Nachsehen. Und das Problem ist, so lange die sich streiten kommt bei uns kein Geld an und die Lage wird immer schärfer.“
„Es kommt die Zeit, in der das Wünschen wieder hilft.“ Mit diesem Lied machen die „Toten Ärzte“ vielen hier in Mainz ein wenig Hoffnung. Die will auch Erika Raab nicht verlieren. Auch wenn ihr der Blick in die Zukunft an vielen Tagen Bauchschmerzen bereitet.