Das SAT.1-Sommerinterview mit Jan Schalauske (Die Linke)

Markus Appelmann spricht mit dem hessischen Fraktionsvorsitzenden.

Markus Appelmann, Moderator: Und heute begrüßen wir den Fraktionsvorsitzenden der Linken im hessischen Landtag, Jan Schalauske, hier auf unserer Sonnenterrasse. Herzlich willkommen!
Jan Schalauske, Die Linke, Fraktionsvorsitzender Hessen: Ja, hallo, vielen Dank für die Einladung.
Appelmann: Herr Schalauske, Sie sind noch recht frisch an der Fraktionsspitze, deswegen haben wir gesagt: Stellen wir Sie mal ein bisschen näher vor – in unserem Porträt.
Es sind ereignisreiche Monate für die Partei Die Linke und für ihren hessischen Landeschef. Doch wahrscheinlich nicht so, wie er es sich gewünscht hat. Im Herbst übernimmt Jan Schalauske neben dem Parteivorsitz zusammen mit Elisabeth Kula auch die Fraktionsführung im Landtag. Das Duo ersetzt Janine Wissler, die regelmäßig rhetorische Feuerwerke zündete.
Doch anstatt mit harter Oppositionspolitik macht die Linke mit einem Skandal Schlagzeilen: Der einstige westdeutsche Vorzeige-Landesverband kommt massiv ins Trudeln, als Vorwürfe von Sexismus und Machtmissbrauch ans Licht kommen. Von bis zu sechzig Betroffenen spricht der Jugendverband der Partei. Jan Schalauske sieht sich unversehens der Aufgabe gegenüber, die hessische Linke vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren.
Appelmann: Ganz schön viel zu tun für Jan Schalauske als Krisenmanager. Dazu kommen wir gleich noch hier im Sommerinterview. Seit 14 Jahren ist die Linke jetzt im hessischen Landtag, seit 14 Jahren in der Opposition. Macht das überhaupt noch Spaß?
Schalauske: Wir sind lange schon im hessischen Landtag vertreten, das ja auch Zeichen des politischen Erfolges der Linken, dass es uns gelungen ist hier in Hessen. Gleichwohl sind es im Moment schwierige Zeiten. Aber wir bringen eine Menge Überzeugung mit, eine Menge Elan mit und auch eine Menge Zuversicht, im Sinne unserer Ziele etwas zu verändern. Und somit blasen wir keinen Trübsal, sondern machen unverdrossen weiter.
Appelmann: In rund 15 Monaten ist die Landtagswahl in Hessen. Dann wird ein neuer Landtag gewählt. Gibt es denn irgendeine Konstellation, wie die Linke dann tatsächlich auch mal in der Regierung landen könnte? Haben Sie da irgendwie eine Vorstellung?
Schalauske: Na ja, wir haben in Hessen immer gesagt: Es kommt darauf an, was die Grundlage ist. Wir sind bereit für eine kämpferische Opposition, aber wir können uns auch vorstellen, mit anderen Parteien zusammenzuarbeiten. Da kommt es drauf an, was dabei rauskommt. Also, sorgen wir für mehr soziale Gerechtigkeit, kämpfen wir gegen Armut, bauen wir den öffentlichen Nahverkehr aus, schaffen wir mehr bezahlbare Wohnungen? Und da hat es ja in der Vergangenheit auch mit anderen Parteien schon Gespräche gegeben. Nach der Landtagswahl 2008, nach der Landtagswahl 2013. Die sind dann aber immer an anderen gescheitert, nicht an der Linken.
Appelmann: Der Wähler will natürlich wissen, was er bekommt, wenn er ein Kreuzchen bei der Linken setzt. Die haben jetzt nur von den anderen Parteien gesprochen. Welche sind die in der am nächsten?
Schalauske: Na ja, es liegt auf der Hand, dass es die meisten Schnittmengen gibt es natürlich mit SPD und Grünen. Deswegen haben wir ja auch 2008 und auch 2013 mit diesen Parteien verhandelt. Ob es in Hessen zu einem Politikwechsel kommen kann, das ist dann damals nicht an uns gescheitert. Aber natürlich stehen wir für Gespräche offen, wenn die Richtung stimmt. Aber eines ist für uns auch klar: Wir geben unsere Grundsatzüberzeugungen nicht auf. Wir treten die nicht in die Tonne, nur um an der Regierung beteiligt zu werden.
Appelmann: Herr Schalauske, Sie haben eben schon gesagt, es gibt momentan richtig viel zu tun. Deswegen sprechen wir jetzt über die Lage der Linken hier bei uns im Sommerinterview. Denn nach einigen verlorenen Landtagswahlen werden die internen Konflikte bei der Linken immer größer. Die Linke in der Krise?
Was macht eine Partei, die sich nahezu in akuter Lebensgefahr befindet?
Antwort: Sie redet sich die Lage schön. Gerne verweist die Partei auf Studien, nach denen die Linke über ein Wählerpotenzial von 18 Prozent verfügen soll.
Nun gut – nehmen wir an, dem sei so. Dann offenbart sich erst recht die große Unfähigkeit des Linken-Personals, diesen Wählerschatz zu heben.
Janine Wissler, die auszog, als Parteivorsitzende alles besser zu machen, hat in Bund und Ländern Niederlagen am laufenden Band eingefahren. Und der Me-too-Skandal führt ausgerechnet in den hessischen Landeverband, den Wissler lange recht erfolgreich führte – im Hessischen Landtag galt sie einst als eines der schärferen rhetorischen Schwerter.
Das ist Vergangenheit. Der Lack ist ab. Im Osten verliert die Linke zunehmend ihren Rang als Volkspartei. Auf ihrem Parteitag wurde das neue Führungsduo Janine Wissler / Martin Schirdewan mit miserablen Ergebnissen geschwächt auf die weitere Reise geschickt. Bei der Hessenwahl 2023 wird sich zeigen, was von einstiger Größe noch übrig bleiben kann.
Wird die Linke noch gebraucht? Diese Frage wird im Moment von den Wählern mit einem klaren Nein beantwortet.  
Appelmann: Bei Umfragen im Bund und in Hessen liegt die Linke momentan bei 5%, teilweise auch drunter. Woran liegt das?
Schalauske: Zweifelsohne – die Linke ist in einer schwierigen Situation. Wir haben in den letzten Jahren doch die eine oder andere herbe Wahlniederlage auch erlitten. Und ich glaube, ein Problem ist auch erst mal hausgemacht. Wir haben zu oft den Eindruck erweckt, dass die Kämpfe uns untereinander ein größeres Gewicht haben als die Kämpfe für die Interessen der Menschen in diesem Land. Eine Partei, die sich für Solidarität in der Gesellschaft einsetzt, muss auch in den eigenen Reihen solidarisch miteinander umgehen. Und deswegen ist es, glaube ich, wichtig, dass wir zwar inhaltliche Diskussionen führen, aber dass wir die Selbstbeschäftigung verändern. Weil es gibt genügend Gründe, warum die Linke dringend gebraucht wird.
Appelmann: Sie trommeln seit Jahren für die immer gleichen Inhalte. Ich mache es mal ganz kurz: Die Armen werden immer ärmer, die Reichen werden immer reicher. Aber das lockt doch kaum noch jemand hinterm Ofen hervor, oder?
Schalauske: Das glaube ich aber nicht. Wenn man sich mal anschaut, dass gerade jetzt in Hessen die Armut erneut angestiegen ist, jeder, fast jeder fünfte. Hesse, jede fünfte Hessin ist von Armut betroffen. Die Armut nimmt immer weiter zu, auch im reichen Hessen. Und ich glaube, dass es schon auch in der Bevölkerung ein Bewusstsein darüber gibt, dass in der Corona.Pandemie die Reichen reicher, die Armen ärmer geworden sind. Dass sich jetzt in den nächsten Monaten eine massive soziale Verwerfung …
Appelmann: Wnn das denn so sein sollte – da gibt es natürlich auch andere Studien zu diesem Thema – , dann geben diese Menschen Ihnen aber doch am Ende kein Kreuzchen. Da müssen Sie doch schauen, woran es liegt.
Schalauske: Ja, genau. Da habe ich ja auch gesagt, vielleicht haben wir zu sehr den Eindruck gemacht, dass wir uns mehr mit uns beschäftigen, dass wir mehr intern kämpfen, als dass wir für die Interessen der Menschen einstehen. Ich glaube aber, wir kommen. In den nächsten Monaten drohen massive soziale Verwerfungen – Stichwort Energiepreise, Stichwort Teuerung der Nahrungsmittel, Inflation – und da wird eine starke linke Stimme gebraucht, die auf diese Probleme hinweist und die dafür sorgt, dass der Reichtum in dieser Gesellschaft endlich mal von oben nach unten umverteilt wird. Und nicht so wie in der Vergangenheit.
Appelmann: Zu dem Thema Energiepreise kommen wir gleich noch hier bei uns in der Sendung. Das wird ein großes Thema werden. Lassen Sie uns bei dem Umfragetief noch mal ganz kurz bleiben. Es gibt ja eine große Diskussion auch um die Probleme sexualisierter Gewalt in den Reihen der Linken. Ist es daa nicht überraschend, dass eine Partei mit einem so klaren feministischen Anspruch solche Probleme tatsächlich hat?
Schalauske: Zweifelsohne hat die Linke als feministische Partei einen besonderen Anspruch an sich selbst. Und gleichzeitig ist es so, dass Probleme in der Gesamtgesellschaft wie Sexismus, wie Grenzüberschreitungen, wie sexuelle Gewalt auch vor der Linken nicht haltmachen. Und umso bitterer war es für uns, dass wir zunächst keine Strukturen hatten, um mit solchen Problemen umzugehen. Aber in der Zwischenzeit ist ja auch einiges passiert. Die Linke hat sich diesem Thema angenommen. Wir haben auf dem Bundesparteitag dazu intensiv diskutiert. Auch im hessischen Landesverband haben wir wichtige Beschlüsse gefasst, um in der Zukunft besser mit diesen Themen umzugehen und eben dafür zu sorgen, dass Sexismus und Grenzüberschreitungen und sexuelle Gewalt auch in der Linken keinen Platz haben.
Appelmann: Das ist Jakob Hammes zu wenig. Er ist Sprecher der Linksjugend, hat jetzt das Handtuch geworfen, weil er gesagt hat: Da muss mehr passieren. Und wir haben ihn als Privatperson getroffen und haben ihm die Frage gestellt: Was muss denn unser heutiger Studiogast, was muss denn Jan Schalauske besser machen in dieser Aufklärungsarbeit?
Jakob Hammes
„Sie müssen offener kommunizieren, wie sie arbeiten und was sie genau machen wollen. Sie müssen offen kommunizieren, wie sie Betroffene schützen wollen. Das sehe ich aktuell nicht. Ich sehe aktuell sehr stark eine Wagenburg in Hessen und das ist sehr schade. Und auch die Linke Hessen hat Personal keine Konsequenzen aus dem aus der Affäre gezogen. Und auch Leute, die Betroffene systematisch nachstellen oder auch online mit Fake-Accounts belästigen, werden nicht gestoppt.“
Appelmann: Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen von Jakob Hammes?
Schalauske: Zunächst mal will ich festhalten, dass der Jugendverband eine wichtige Diskussion angestoßen hat, das auf jeden Fall auch viel dazu beigetragen hat, dass die Linke jetzt diese Themen diskutiert. Aber ich kann auf keinen Fall eine Wagenburgmentalität oder so etwas erkennen. Im Gegenteil, Wir haben vielleicht auch ein bisschen zögerlich gehandelt, das haben wir auch eingeräumt. Aber wir haben uns bei den Betroffenen entschuldigt. Es hat von verschiedenen Ebenen der Partei auch Gesprächsangebote an die Betroffenen gegeben. Wir haben Vertrauenspersonen benannt, wir haben einen Verhaltenskodex entwickelt und wir haben Planungen, auch konzeptionell noch weiterzugehen bis zum nächsten Landesparteitag. Wir haben eine Menge getan und in Bewegung gesetzt.
Appelmann: Janine Wissler hat man in diesem Zusammenhang auch Vorwürfe gemacht. Sie ist gerade wieder zur Bundesvorsitzenden gewählt worden, aber mit einem desaströsen Ergebnis. 57%. So kann doch kein glaubwürdiger Neuanfang aussehen, oder?
Schalauske: Zunächst freue ich mich, dass Janine Wissler wieder zur Parteivorsitzenden gewählt worden ist. Ich glaube, sie hat viele Jahre in Hessen gezeigt, dass sie in einem außerordentlichen Maße die Positionen der Linken in der Öffentlichkeit glaubwürdig und kompetent vertreten kann. Ich finde auch 57% ist ein achtbares Ergebnis, wenn man bedenkt, dass sie zwei Mitbewerberinnen hatte, eine starke Mitbewerberin auch, und ich bin der festen Überzeugung, dass die Linke mit Janine Wissler an der Spitze wieder in die politische Offensive kommen kann und auch wieder mehr Menschen davon überzeugen, kann, dass die Linke gebraucht wird, dass eine Stimme für bezahlbares Wohnen, für Löhne, von denen man leben kann, dass eine solche Stimme gebraucht wird.
Appelmann: Herr Schalauske, da machen wir einen Punkt und kommen zu einem weiteren Thema: Bodo Ramelow, der thüringische Ministerpräsident, einer der bekanntesten Linken in Deutschland, hat vor kurzem gesagt: „Die Linke muss ihre Position zum Ukrainekrieg klären“. Das können wir gleich gemeinsam tun, aber schauen vorher auf die Krise, auf den Krieg in Europa.
Es ist der 24. Februar 2022 – Russland startet einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Nach jahrzehntelangem Frieden gibt es wieder Krieg in Europa.
Schnell wird deutlich, an diplomatischen Lösungen ist der Kreml nicht interessiert. Die westliche Welt verhängt also scharfe Sanktionen gegen Russland und unterstützt die Ukraine vor allem mit Waffenlieferungen.
Nach anfänglichem Zögern bricht die deutsche Bundesregierung mit den Grundfesten jahrzehntelanger Außenpolitik. Auch Deutschland liefert nun Waffen an die Ukraine.
Die Ampelregierung einigt sich mit der CDU/CSU-Fraktion zudem auf ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr.
Die Partei die Linke lehnt den Geldsegen für die Bundeswehr ab, sieht in ihr eine „Steuergeld-Verschwendungsmaschine“.
Derweil sind die Konsequenzen des Ukraine-Kriegs für jeden einzelnen Bürger spürbar. Schon jetzt liefert Russland immer weniger Gas nach Deutschland, was zu massiven Preissteigerungen führt.
Um einen dramatischen Gasmangel im Winter zu verhindern, fordert der linke Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst ein Ende der Sanktionen:
Klaus Ernst, Bundestagsabgeordnete Die Linke:
„Die energiepolitischen Sanktionen wirken nicht. (…) Unsere Bürger und unsere Wirtschaft sind die Leidtragenden einer völlig verfehlten Sanktionspolitik. Vor diesem Hintergrund ist es unmoralisch, die Sanktionen in dieser Art und Weise aufrechtzuerhalten.“
Appelmann: … sagt der Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst, der war mal Parteivorsitzender der Linken. Sehen Sie das auch so?
Schalauske: Wir müssen doch zunächst einmal feststellen, dass die Sanktionen, so wie sie jetzt getroffen sind, nicht zu dem Ziel führen, dass der Krieg beendet wird, dass sie nicht dazu führen, dass Russland von diesem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg ablässt. Und wir müssen jetzt feststellen, dass die Schattenseiten der Sanktionen ist, dass sich die Energiepreise in Deutschland massiv und in Europa massiv verteuern und dass gleichzeitig beispielsweise das Ölembargo dazu führt, dass jetzt Russland sein Öl in andere Ecken der Welt verkauft, beispielsweise Indien, und gleichermaßen Geld einnimmt.
Appelmann: Also das ist der Ist-Zustand, den Sie erklären. Aber sehen Sie das auch so wie Klaus Ernst, dass Sie das Ende der Energiesanktionen fordern gegen Russland?
Schalauske; Nochmal: Ich sehe, dass das Ölembargo dazu führt, dass sich die Preissituation für Russland sogar verbessert hat und dieses Embargo nicht dazu führt, dass Russland von seinem Krieg absieht.
Appelmann: Okay, also Sie fordern, das auch zurückzuschrauben – höre ich zumindest mal raus.
Schalauske: Nein, ich bin dafür, dass es richtige Sanktionen gibt gegen den militärisch-industriellen Komplex, gegen die Reichen und Mächtigen in diesem Land, die diese dann auch wirklich hart treffen. Ich bin aber nicht dafür, Sanktionen aufrechtzuerhalten, die entweder in Russland, wie auch in der Bundesrepublik breite Teile der Bevölkerung treffen und die nichts dafür tun, um diesen schrecklichen Krieg zu beenden. Das ist die Hauptaufgabe.
Appelmann: Das bedeutet in allerletzter Konsequenz, dass Sie die Ukraine im Stich lassen.
Schalauske: Nein, auf keinen Fall. Wir haben gesagt: Russland führt einen völkerrechtswidrigen Krieg. Unsere Solidarität gilt der ukrainischen Bevölkerung und allen Menschen, die unter diesem Krieg leiden. Wir sehen aber nicht, dass eine immer weitere Verlängerung des Krieges dann die Situation in der Ukraine verbessern wird. Man muss sich ja die Frage stellen: Wie lange soll denn dieser Krieg noch dauern? Wie viele Tausende, Zehntausende Menschen sollen noch sterben? Wie viele Millionen Menschen in die Flucht …
Appelmann: Aber das müsen Sie doch einen Herrn Putin fragen. Sie sagen immer: „Diplomatie, Gesprächsangebot usw.“, auf der anderen Seite ist doch ein knallharter Machtmensch, der diesen Krieg durchzieht, der gar nicht gesprächsbereit ist.
Schalauske: Also, wir haben als Linke mit Putin nichts zu schaffen. Wir kritisieren auch seit langem schon die autoritären Verhältnisse in Russland. Gleichwohl müssen aber, um einen Krieg zu beenden, Verhandlungen geführt werden. Da kann man sich den Verhandlungspartner nicht aussuchen. Und da wäre es gut und wichtig, wenn aus Europa, wie beispielsweise aus Italien, mehr Initiativen für Verhandlungen gestartet werden. Weil – nochmal – Kriege werden mit Waffen geführt, aber sie werden nur mit Verhandlungen beendet. Und es ist sicherlich auch im Sinne der Ukraine, wenn dieser Krieg nicht noch Jahre weitergeht und noch Zehntausende Menschen das Leben kostet, Millionen Menschen in die Flucht schlägt und für noch mehr Zerstörung und Leid sucht. Wie diese Verhandlungen aber aussehen, das müssen dann die Beteiligten entscheiden. Also, was dort verhandelt wird, das ist nicht unsere Aufgabe, ihnen das vorzuschreiben,
Appelmann: Gut, das lassen wir mal an der Position so stehen, ob ein Herr Putin da Gesprächsbereitschaft signalisiert hat – ich sehe das zumindest nicht. Die linke Position sieht auch vor, dass es keine Waffenlieferungen geben soll in Richtung Ukraine. Aber was bringt das denn den Menschen in der Ukraine vor Ort, die um ihr Leben kämpfen, wenn wir nur zuschauen?
Schalauske: Wie ich gesagt habe, unsere Solidarität gilt natürlich den Menschen in der Ukraine, die unter diesem schrecklichen Krieg leiden. Aber gleichwohl muss man auch überlegen, welche Gefahren entstehen denn durch Waffenlieferungen? Zum Beispiel, dass der Krieg sich immer weiter eskaliert.
Appelmann: Aber die Menschen von heute fordern mehr als Solidarität.
Schalauske: Ja, das kann ich aus der Perspektive der Menschen auch nachvollziehen. Gleichwohl aber gibt es auch die Sorge in Europa, dass aus einem Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein großer Krieg zwischen Russland und der NATO werden könnte. Und das gilt es mit allen Mitteln zu verhindern. Und da sehe ich mit Sorge, wenn die NATO immer weitere und immer schwerere Waffen liefert, dass eine solche Eskalation mit unvorstellbaren Folgen – wir reden ja bei Russland über eine Atommacht -, dass ein solcher Krieg sich dann eskalieren kann und zu einem ganz großen, schlimmen Krieg in Europa führen kann.
Appelmann: Herr Schalauske, an dieser Stelle heißt: Es einmal tief durchatmen. Wir kommen zu einer Tradition bei uns im Sommerinterview: die Schnellfragerunde; kurze, schnelle Fragen von mir und Antworten, die mindestens genauso schnell kommen.
Schalauske: Okay.
Appelmann: Von was oder wem würden Sie sich als Fan bezeichnen?
Schalauske: Die Frankfurter Eintracht. Die hat mich zuletzt doch sehr begeistert mit dem Sieg in der Europa League.
Appelmann:: Sitzen Sie da vom Fernseher und gucken mit? Und Chips und Bier?
Schalauske: Ja, auf jeden Fall gerne auch mit Bier.
Appelmann: Was würden Sie tun, wenn Ihre Kinder in die AfD eintreten?
Schalauske: Oje. Also ich wünsche meinen Kindern, dass sie einen eigenständigen Weg gehen. Aber es gibt auch Grenzen. Also da würde der Haussegen aber ziemlich schief hängen.
Appelmann: Was ist in Wiesbaden schöner als in Ihrer Heimatstadt in Marburg?
Schalauske: Da muss ich die Wiesbadenerinnen und Wiesbadener leider enttäuschen, Marburg ist einfach die schönere Stadt.
Appelmann: Sie sind Hobbykoch, und traditionell kochen Sie einmal im Jahr Grünkohl mit Mettwurst.
Schalauske: Wo haben Sie denn das herausgefunden?
Appellmann: Ja, wir recherchieren. Würden Sie zu einem Essen lieber den jetzigen Ministerpräsidenten von Hessen, Boris Rhein, einladen oder den damaligen Volker Bouffier?
Schalauske: Also beide wären jetzt nicht ganz oben auf meiner Gästeliste, wenn ich zum Grünkohlessen einlade, aber wenn es denn jetzt einer von den beiden sein müsste, dann würde ich doch eher Boris Rhein einladen.
Appelmann: Warum?
Schalauske: Warum? Weil ich finde, dass er als Parlamentspräsident mit allen Fraktionen und auch mit der Linken sehr vernünftig umgegangen ist. Ich glaube nicht, dass er das als Ministerpräsident weiter so tun würde, aber zumindest als Parlamentspräsident hat er das so gehandhabt.
Appelmann: Es war zu lesen, dass Sie mit Ihrer vierjährigen Tochter Monopoly spielen. Worauf wollen Sie sie denn vorbereiten?
Schalauske: Ja, ich spiele – genau – gerne mit den Kindern. Und Monopoly ist, glaube ich, ein Standardspiel, dass alle Kinder … ich habe das auch als Kind gespielt und es ist ja nicht schlecht, wenn man ein bisschen weiß, wie die Gesellschaft funktioniert, um sie dann zu verändern.
Appelmann: Bleibt mir nur noch eines: Ihnen Danke zu sagen, dass Sie heute Gast bei uns im Sommerinterview waren. Der Fraktionschef der hessischen Linken, Jan Schalauske.
Schalauske; Ja, vielen Dank für die Einladung und das Gespräch.