Crashkurs für freiwillige Pflegehelfer

Personalausfälle durch Corona. Das war vor ein paar Wochen noch die große Sorge in vielen Bereichen. In der Pflege war die Lage nicht erst seit Corona angespannt. Was aber tun, wenn die ohnehin knappe Personaldecke durch Infektionen und Quarantäne weiter ausgedünnt wird? Gegen solche Krisenfälle will man in Marburg nun vorsorgen.

Dezember 2020, Höhepunkt der zweiten Corona-Welle. Im Altenheim „Haus Waldblick“ in Marburg kommt es zur Katastrophe. Fast alle Pfleger befinden sich in Quarantäne. Nur noch zwei Mitarbeiter bleiben zwischenzeitlich für mehr als 40 hochbetagte Bewohner.
Ein Pflegekollaps, der sich so nicht wiederholen soll.
Deshalb werden in Marburg und Gießen nun Ehrenamtliche in einem hessenweit einmaligen Projekt zu Pflegekrisenhelfern ausgebildet. Ein dreitägiger Crashkurs, um im Ernstfall aushelfen zu können.
Christiane Kempf, stv. Vorsitzende DRK Schwesternschaft Marburg
„Wie hilft man jemandem beim Essen? Wie hilft man jemandem aus dem Bett oder Rollstuhl, damit er sich frei bewegen kann? Bewegen geht oft besser als Aufstehen oder hinsetzen. Oder auch: Wie kann ich hygienisch ordentlich arbeiten, sodass ich nicht zusätzlich noch Krankheiten übertrage? Also es gibt vieles zu lernen, was aber eigentlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist, um die Menschen dazu zu befähigen, zu helfen, wenn Not am Mann oder an der Frau ist.“
Die Kurskosten übernimmt der Landkreis. 60 Krisenhelfer wurden bislang ausgebildet. Interessierte mit oder ohne Vorkenntnisse können sich online im Pflegepool der Stadt Marburg anmelden. Dort können dann Pflegeeinrichtungen, die Engpässe haben, Krisenhelfer anfordern. So wie das Marburger Seniorenheim „Weißer Stein“. Hier war man Anfang des Jahres sehr dankbar über die freiwilligen Helfer.
Florian Herrmann, Geschäftsführer Seniorenbetreuung „Weißer Stein“ Marburg
„Wir hatten in der Spitze 14 Mitarbeiter in Quarantäne und / oder Isolation und da ist es natürlich auch ein sicheres oder gutes Gefühl, wenn man weiß, man kann relativ schnell und unbürokratische und regionale Hilfe erwarten. Somit konnten wir die Grundversorgung unserer Patientinnen und Patienten sicherstellen.“
Echte Pflegekräfte sollen die Teilnehmer nicht werden und sie schon gar nicht ersetzen. Wer notfalls helfen möchte, braucht aber bestimmte Grundkenntnisse.
Auch wenn die Personallage aktuell nicht mehr stark durch Corona-Ausfälle belastet ist, könne niemand vorhersagen, wie Corona im kommenden Winter auftreten werde.
Dominik Hechler, Kursteilnehmer und Lehramtsstudent
„Auch dann wird es vermutlich wieder aus Gesundheitsgründen Ausfälle geben in der Pflege. Und ich werde dann sicherlich keine hochprofessionelle Hilfe sein können. Aber wenn ich ihnen dabei helfe, Nahrung aufzunehmen oder zu schauen, ob sie genug getrunken haben – das sind halt Aufgaben, die auch ich übernehmen kann. Oder Menschen aus dem Bett helfen auf den Stuhl. Weil dafür kann ich dann auch die Fachkräfte, die dann möglicherweise fehlen, unterstützen in ihrer Arbeit.“
Im Raum Gießen und Marburg stehen in den nächsten Wochen noch weitere Kurse an. Wer mitmachen will, kann sich bei der DRK-Schwesternschaft Marburg informieren.