Corona-Sondervermögen nur teilweise verfassungswidrig

Ende 2020 hatte der rheinland-pfälzische Landtag eine Möglichkeit geschaffen, außerhalb des regulären Haushalts Kredite in Höhe von rund 1,1 Milliarden Euro aufzunehmen, das sogenannte Corona-Sondervermögen. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken hatte sich der Verfassungsgerichtshof in Koblenz mit dem Sondervermögen befasst. Heute nun wurde das Urteil gesprochen. Verfassungswidrig oder nicht – das war hier die Frage?

Die Antwort: Ein ganz klares Jein. Die Koblenzer Verfassungsrichter halten das Corona-Sondervermögen der Landesregierung zum größten Teil für verfassungskonform. Die Kreditaufnahme zur Bewältigung der Pandemie, beispielsweise für Wirtschaftshilfen oder den Aufbau von Impfzentren, sei rechtens. Zwei Kredite in Höhe von insgesamt 172 Millionen Euro aber verstoßen gegen die Schuldenbremse, die grundsätzlich eine Neuverschuldung verbietet und zwar Ausgaben für Digitalisierung sowie für Klimaschutzprojekte. Hier sei kein Zusammenhang mit der Corona-Pandemie zu erkennen.
Thomas Stahnecker, Sprecher Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz
„Für diese beiden Punkte besteht kein sogenannter Veranlassungszusammenhang mit der Corona-Pandemie. Das bedeutet, solche Kreditaufnahmen sind nach der Landesverfassung als Ausnahme vom grundsätzlichen Schuldenverbot nur zulässig, wenn sie in Folge einer außergewöhnlichen Notsituation geschehen und ein solcher Zusammenhang ist bei den beiden Punkten nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs nicht gegeben.“
Die AfD im rheinland-pfälzischen Landtag hatte gegen das Sondervermögen des Landes geklagt und heute nur in Teilen Recht bekommen.
Jan Bollinger, AfD, stellv. Fraktionsvorsitzender Landtag Rheinland-Pfalz
„Das heißt, 200 Millionen Euro oder fast 200 Millionen Euro wurden entgegen der Verfassung getätigt. Insofern hat es sich auf jeden Fall gelohnt, auch zu klagen aber auch einfach weil jetzt Rechtssicherheit gegeben ist.“
Nach Auffassung der AfD hätte eine Finanzierung der Coronafolgen auch aus den Rücklagen des Landes erfolgen können – ohne Sondervermögen. Dem widersprachen die Verfassungsrichter heute. Durchatmen bei der Landesregierung.
Stephan Weinberg, SPD, Staatssekretär Finanzministerium Rheinland-Pfalz
„Für uns ist vor allem auch wichtig, dass wir die Bildung einer Rücklage, das wir da nicht antasten durften und mussten. Dass das auch vom Verfassungsgerichtshof auch nochmal bestätigt worden ist. Aber auch, dass wir Maßnahmen ergreifen konnten, die zur Corona-Bekämpfung erforderlich waren, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen, aber auch, dass wir konjunkturstabilisierende Maßnahmen ergreifen konnten, die mittelbar die Corona-Pandemie bekämpfen konnten.“
Aus den beiden verfassungswidrigen Krediten dürfen ab sofort keine Zahlungen mehr erfolgen. Bereits zur Verfügung gestellte Mittel müssen aber nicht zurückgezahlt werden. Auf den Haushalt, der heute im Mainzer Landtag beschlossen wurde, soll das Urteil keine Auswirkungen haben. Allerdings könnte es eine bundesweite Signalwirkung entfalten, denn mit einer ähnlichen Frage muss sich wohl bald auch das Bundesverfassungsgericht beschäftigten.