Comic über jüdisches Leben

Das Jahr 2021 ist ein Festjahr in Deutschland. Denn seit genau 1.700 Jahren gibt es hier jüdische Kultur und jüdisches Leben. In Hessen und Rheinland-Pfalz gibt es viele Veranstaltungen, die das Jubiläum feiern. In Darmstadt ist jetzt der Comic „Nächstes Jahr in“ entstanden. Mit elf Geschichten über die Vielfalt jüdischen Lebens – zum Beispiel in Darmstadt.

Der alte Main-Neckar-Bahnhof in Darmstadt. Zwischen 1947 und 48 war am heutigen Steubenplatz die jüdische Berufsfachschule Masada. Um sie dreht sich die Geschichte der Holocaust überlebenden Ziva, die hier direkt nach dem Zweiten Weltkrieg zur Schule geht.
Comic-Szene:
„Willkommen an der Masada Schule, Ziva! Ich bin Betty. Ich soll dir alles zeigen. Hier ist unser Zimmer. Unter uns ist noch eine Art Gerichtssaal, in dem Nazis der Prozess gemacht wird. Unheimlich, oder? Noch viel Unheimlicher, wenn man bedenkt, dass sich drüben im Schulgebäude noch bis vor kurzem die NS-Wohlfahrt befand.“
An der Schule lernten Überlebende des Holocausts handwerkliche Berufe, um später einen eigenen Staat aufzubauen. Für den Herausgeber des Comics Jakob Hoffmann, ein Symbol des besiegten nationalsozialistischen Deutschlands.
Jakob Hoffmann, Herausgeber „Nächstes Jahr in“
„Der Krieg ist knapp zwei Jahre zu Ende. Kommt eine Überlebende – man muss das ja wirklich sagen, bei der jüdischen Bevölkerung, dass das alle Überlebende sind -, die dem Grauen entkommen sind. an einen Ort, einen ehemaligen Bahnhof, wo zwei Jahre vorher noch Juden deportiert wurden in die Konzentrationslager. Und dass da der Geist der Nazis noch spürbar ist, das kann man auch heute noch einigermaßen gut nachvollziehen.“
Doch das Thema „Nationalsozialismus“ nimmt keine tragende Rolle in den elf Geschichten ein. Vielmehr wollen die Herausgeber zeigen, wie reichhaltig jüdische Kultur ist. Mit Portraits aus der Gegenwart oder über den Darmstädter Heinrich Blumenthal. Er plante das Johannisviertel in Darmstadt. Dass die Geschichten als Comic erzählt werden, war von vornerein klar.
Jakob Hoffmann, Herausgeber „Nächstes Jahr in“
„Wir sind davon ausgegangen, dass Comic eine eigene Sprache hat, eigene Möglichkeiten hat, und dass es nicht einfach viel zu erzählen, sondern auch viel zu zeigen gibt, was jüdische Geschichte anbelangt. Und da hat der Comic gegenüber der klassischen Literatur natürlich einen Vorteil, weil er mit Bildern arbeitet.“
Bilder, die auch von der Frankfurterin Marie Hübner gezeichnet wurden. Sie illustriert die Geschichte „Aaron“. Darin verhöhnt ein alter Mann die Mutter wegen des Namens ihres Sohnes. Der heißt Aaron. Ein jüdischer Name.
Marie Hübner, Illustratorin „Nächstes Jahr in“
„Die Protagonistin geht morgens um sechs mit ihrem Sohn Altpapier wegbringen, wo man mit Sicherheit gar nicht dran denkt, in irgendeiner Form in Konflikt zu kommen. Und sie kommt in diese Situation. Und das zeigt, dass dieser Antisemitismus im Prinzip eigentlich überall in allen möglich kleinen Details auch doch vorhanden ist und wir sind damit konfrontiert. Und das finde ich eigentlich so ganz spannend. Das zeigt diese Geschichte.“
Eine Geschichte, die Antisemitismus in der Gesellschaft wiederspiegeln soll und so von der Autorin auch erlebt wurde. Doch sie ist nur ein Teil jüdischen Lebens in Deutschland. Der Comic „Nächstes Jahr in“ zeigt, wie vielseitig jüdische Kultur wirklich ist.