Im Studio: Der neue rheinland-pfälzische CDU-Landesvorsitzende Christian Baldauf

Christian Baldauf heißt der neue Landesvorsitzende der rheinland-pfälzischen CDU. Das hat am Samstag ein Landesparteitag in Wittlich entschieden. Baldauf ist damit Nachfolger von Julia Klöckner, die den Landesverband fast 12 Jahre lang führte.

Ohne Gegenkandidat erhält Christian Baldauf bei seiner Wahl zum neuen Landesvorsitzenden der rheinland-pfälzischen CDU rund 84 Prozent der Delegiertenstimmen. Der 54-jährige Rechtsanwalt aus Frankenthal zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden.
Christian Baldauf, CDU, Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz
„Wenn man sich überlegt, wie die Partei auch im letzten Jahr war, nach dieser Kanzlerfrage, nach dieser Bundestagswahl, nach der schlimmen Niederlage in der Landtagswahl, ist das ein sehr, sehr, sehr gutes Ergebnis. Ein großer Vertrauensvorschuss. Den muss ich jetzt auch erfüllen.“
Christian Baldauf ist seit 2001 Landtagsabgeordneter. Doch seine politische Karriere verläuft keineswegs geradlinig. 2006 wird er schon einmal zum Landesvorsitzenden der rheinland-pfälzischen CDU und zum Chef der Landtagsfraktion gewählt. Dann verzichtet er auf beide Ämter zugunsten von Julia Klöckner, der Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2011. Doch Klöckner verliert diese Landtagswahl ebenso wie die nächste. Als sie 2018 als Bundeslandwirtschaftsministerin nach Berlin wechselt, übernimmt Christian Baldauf erneut den Fraktionsvorsitz. Als Spitzenkandidat verliert er die Landtagswahl 2021.
Trotzdem ist er jetzt erneut Landesvorsitzender. Seine Vorgängerin erinnert daran, dass während ihrer Amtszeit der zerstrittene und hochverschuldete Landesverband wieder so schlagkräftig geworden sei, dass er die absolute Mehrheit der SPD brechen konnte.
Julia Klöckner, CDU, Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz 2011 – 2022
„Aber wir haben eines nicht geschafft, und das ist auch so ein bisschen Wehmut, wir haben die Landesregierung nicht stellen können. Es ist uns nicht gelungen, es ist mir nicht gelungen, es ist Christian nicht gelungen. Aber das heißt nicht, dass wir nicht viel erreicht haben in alle den Jahren und eine Grundlage gelegt haben, für das, was noch kommen kann.“
Der Parteitag verabschiedet Julia Klöckner, die inzwischen Bundesschatzmeisterin der CDU ist, mit langem Applaus. Doch dann richtet sich der Fokus auf den Plan, den rheinland-pfälzischen Landesverband grundlegend zu verändern. Dabei soll der neue Generalsekretär Gordon Schnieder helfen, der die Wahlniederlagen mit den Mitgliedern aufarbeiten will, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Gordon Schnieder, CDU, Generalsekretär Rheinland-Pfalz
„Das von oben runter Regieren funktioniert nicht. Das ist heute auch nicht mehr gewollt. Ich glaube, dieser Kontakt zur Basis hat in den letzten Zeiten deutlich gefehlt. Da möchte ich hin zurück, möchte in die Ortsverbände, in die Gemeindeverbände, Politik erklären, aber auch noch einmal politisch streiten, diskutieren. Und dann sind wir schon einen guten Schritt weiter wieder.“
Für einen Neuanfang sollen auch die drei neuen stellvertretenden Landesvorsitzenden stehen: Die Landtagsabgeordneten Ellen Demuth und Jenny Groß sowie der Bundestagsabgeordnete Jan Metzler. Auch sie fordern neue Strukturen und eine bessere Kommunikation nach innen und außen.
Ellen Demuth, CDU, Stellvertretende Landesvorsitzende Rheinland-Pfalz
„Sie sehen ja heute, wir brauchen mehr Frauen, wir sind hier viele Männer, wir brauchen mehr junge Leute und wir brauchen einfach effizientere Strukturen, die mehr Spaß machen. Heute ist der Parteitag wieder sehr lang, das muss sich in Zukunft ändern, dass es auch Spaß macht, hier mitzuarbeiten und teilzunehmen. Und das man nicht den ganzen Tag mit Formalien verbringt, die nicht Lust auf Politik machen.“
Lust auf Politik haben allerdings schon drei neue CDU-Mitglieder, die der Landesvorsitzende in Wittlich vorstellt, darunter Dagmar Eckel, die Tochter der Fußballlegende Horst Eckel. Das ist noch nicht die Lösung aller Probleme, aber immerhin ein Anfang.

 

Eva Dieterle, Moderatorin: Ja, und jetzt begrüße ich ihn live bei mir im Studio, den neuen Landesvorsitzenden der rheinland pfälzischen CDU, Christian Baldauf. Guten Abend.

Christian Baldauf, CDU, Landesvorsitzender Rheinland-Pfalz: Guten Abend, Frau Dieterle.

Dieterle: Herr Baldauf, Sie sind zwar der neue Landesvorsitzende in der CDU, ja, aber ein alter Bekannter. Sie sind seit 20 Jahren im Landtag, etliche Jahre im Parteivorstand dann diese krachende Niederlage bei der letzten Landtagswahl. Da liegen die Argumente ja nicht unbedingt direkt auf der Hand, warum genau Sie jetzt für den Neuanfang der Partei stehen.

Baldauf: Dem kann man nicht widersprechen. Es ist bis heute schlimm, diese Niederlage verkraften zu müssen. Es geht aber darum, dass wir uns aufstellen für die Kommunalwahl in zwei Jahren. Und dafür, glaube ich, ist es ganz entscheidend, dass wir das, was Gordon Schnieder auch gesagt hat, viel mit unseren Mitgliedern reden, in die Basis hören, sie beteiligen, entscheiden und dann auch umsetzen. Und ich glaube, das geht in einem Team ganz gut. Mit Erfahrenen wie mir, aber auch vielen Jungen, die gerade vorgestellt worden sind. Und deshalb bin ich sehr guter Dinge, dass wir die stärkste kommunale Partei bleiben. Das ist mein Ziel.

Dieterle: Sie haben gesagt, vor Ihnen liegt jetzt ein harter, ein unbequemer, aber auch ein schmerzhafter Weg. Und bei diesem Schmerzhaften möchte ich noch mal bleiben. Was wird denn wehtun der Partei, den Mitgliedern oder auch Ihnen auf diesem Weg?

Baldauf: Das beginnt mit organisatorischen Fragen. Wir sind natürlich durch die beiden krachenden Niederlagen nicht mehr in der Lage, all die Dinge darzustellen wie bisher, das heißt organisatorisch, Veränderungen sind immer nicht einfach. Das zweite ist personell, das dritte ist inhaltlich. Was wir lernen müssen, davon bin ich fest überzeugt, wir brauchen nicht 100 Prozent Zustimmung, das macht einen beliebig, sondern mir reicht es ja schon, wenn unsere Themen bei … es wäre ja schön, 40 Prozent der Wählerinnen und Wähler ankommen. Was wir auch erreichen müssen: Wir dürfen nicht zerstritten wirken. Das tut die rheinland-pfälzische CDU nicht. Aber es darf auch nicht so kommen. Ich sehe das auch nicht. Und wenn man sich das Team anschaut – ich bin sowieso ein Teamspieler – bin ich mir sehr, sehr sicher, dass wir, ja, diesen Drive wieder reinbekommen, dass wir auch Wahlen gewinnen.

Dieterle: Sie haben auch gesagt, es müssen eventuell alte Strukturen überdacht werden. Welche Strukturen stehen denn da konkret auf dem Prüfstand oder können sogar abgeschafft werden?

Baldauf: Es gibt viele Dinge, die wir auf unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig machen. Das hat man in den letzten Jahren ehrlicherweise nie so hinterfragt. Das geht im Übrigen nicht nur uns so, das geht vielen Parteien und vielen Vereinen so!

Dieterle: Welche Dinge sind das?
Baldauf: Das geht los von Finanzfragen – Wer macht die Kasse? – und geht über viele andere Dinge. Der Frage, wer baut einen Newsletter auf? Wie bringt man Dinge in die Breite? Wie kommuniziert man? Nicht nur bei Ihnen jetzt hier, sondern insgesamt auch, im Internet und in vielen anderen Bereichen. Da ist Luft nach oben und die Luft muss jetzt genutzt werden, um mit dieser Luft dann Wahlen zu gewinnen.
Dieterle: Sind denn die klassischen Ortsverbände noch zeitgemäß?

Baldauf: Ich glaube schon, dass es das Entscheidende ist, dass man vor Ort sich eine Meinung bildet. Bei Ihnen im Dorf, bei mir zu Hause ist das Interessante natürlich immer, was macht man denn als Politiker für die Menschen vor Ort? Das muss auch unsere Stärke bleiben und ist ja unsere Stärke. Wir haben über 7.000 kommunal Verantwortliche, das wollen wir auch so behalten. Aber natürlich braucht es auch eine Verbindung zum Land und das will ich darstellen. Ich werde ganz viel unterwegs sein im Land. Das ist übrigens ein wunderschönes Land und ich finde, es hat eine bessere Regierung verdient als die jetzige.

Dieterle: Jetzt haben wir ja große Teile der CDU große Hoffnungen darauf gelegt, dass es einen neuen Parteivorsitzenden gibt, nämlich Friedrich Merz. Diese Hoffnung wurde ja zumindest jetzt am Wochenende bei der Landtagswahl im Saarland nicht erfüllt. Tobias Hans, der Ministerpräsident von der CDU, hat ein desaströses Ergebnis eingefahren. Die SPD hat die absolute Mehrheit geholt. Von einem Merz-Bonus war da nichts zu spüren. Beunruhigt Sie das?

Baldauf: Also, da gibt es ja nichts zu beschönigen. Und auch von meiner Seite aus Gratulation n Frau Rehlinger. Das ist natürlich auch ein großes Verdienst von ihr selbst, davon bin ich überzeugt. Es war die Wirtschaftspolitik, die einen wichtigen Faktor dargestellt hat. Dieses Thema hat sie sehr gut bespielt. Und natürlich müssen wir überlegen, warum für uns das Vertrauen nicht da ist. Stimmt, wir haben natürlich die Bundestagswahl auch deshalb krachend verloren, weil wir nicht geschlossen rüberkamen. Menschen haben uns nicht vertraut. Umfragen haben gesagt 60% sagen: „Ihr seid ja zerstritten“. Das ist jetzt die Aufgabe von Friedrich Merz und vielen anderen, das zu verändern. Stimmt. Ich würde das jetzt nicht zu sehr auf die Goldwaage legen. Sorgen müssen wir uns machen, wenn Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ähnlich ausgehen. Das glaube ich aber nicht. Ich will das auch nicht schönreden. Kann man nicht. Katastrophale Niederlage. Glückwunsch an die SPD.

Dieterle: Nach den Corona-Jahren gibt es jetzt mit dem Krieg in der Ukraine die nächste, man muss sagen, riesige Krise. Und wir haben aus der Vergangenheit gelernt, dass Krisenzeiten eher Zeiten der Exekutive sind. Macht das die Arbeit der CDU in der Opposition nicht deutlich schwerer? Drohen der CDU nicht da auch verlorene Jahre?

Baldauf: Ja, natürlich sind Krisenzeiten in der Regel Regierungszeiten. Man kann ja aber auch in Krisen Fehler machen oder nicht den richtigen Weg gehen. Muss natürlich dazu sagen hätte ich mir vor einem Jahr vorstellen sollen, dass SPD, Grüne und Linke die Bundeswehr größer machen wollen, da hätte ich ja gelacht. Oder dass Herr Habeck mal darüber nachdenkt, vielleicht Kernkraftwerke länger laufen zu lassen und sich vor einem Emir auch noch verbeugt. Das sind alles Dinge, die haben sich jetzt auch verändert. Ich glaube, wichtig ist, in der jetzigen sehr schweren Situation mit der Ukraine, mit Corona, wir haben im Land die Ahrtalkatastrophe – bei der ja auch die Frage zu stellen ist. wieso tritt Frau Spiegel nicht endlich zurück; es sind ganz eine ganze Menge Menschen gestorben, das ist eine Glaubwürdigkeitsfrage – dass wir dort auch zusammenhalten müssen als Demokraten und da, wo es nicht so läuft, nachjustieren müssen. Was ich im Moment merke, ist die Frage, wie wird denn in Rheinland Pfalz die Unterbringung erfolgen der Ukrainerinnen und Ukrainer? Da müssen wir dran arbeiten, da passiert mir noch zu wenig, auch von Seiten von Frau Dreyer. Aber das werden wir genau beobachten. Und dann wünsche ich mir sehr, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer bald wieder ein befriedetes Land haben.

Dieterle: Das wünschen wir uns alle. Ich möchte noch mal mit der CDU schließen. Vor Ihnen liegt viel Arbeit. Herr Baldauf, vielen Dank, dass Sie heute hier zum Interview waren.

Baldauf: Vielen Dank für das Interview.