Chemieindustrie in Sorge

Von Aufwärtstrend kann in der Chemie-Industrie keine Rede sein: „Angespannte Lage! Fünf nach Zwölf! Krisenmodus!“ Das hört man dort schon eher. Knapp 60.000 Menschen arbeiten in Hessen im Bereich Chemie und Pharma – die Branche ist damit einer der größten Arbeitgeber im verarbeitenden Gewerbe. Heute haben die hessischen Chemieverbände ihre Jahreszahlen vorgestellt – und nicht nur der Blick aufs vergangene Geschäftsjahr fiel dabei trüb aus.

Acht Prozent weniger Umsatz, ein ebenso kräftiges Minus bei der Produktion. Die chemisch-pharmazeutische Industrie in Hessen hat derzeit nicht viel zu lachen. Besonders die klassische Chemie stehe unter Druck, dort geht der Umsatz um 22 Prozent zurück.
Schuld seien vor allem die zu hohen Energiepreise, wodurch die Industrie nicht wettbewerbsfähig produzieren könne.
Oliver Coenenberg, Arbeitgeberverband HessenChemie
„Wir sind die Industrie für die Industrie, das bedeutet, wo es Strukturumbruch gibt, bedeutet das für uns auch einen Umsatzrückgang – Automobil-, Bauindustrie-Einbrüche seien hier genannt – und es hat natürlich auch strukturelle Faktoren – Energiekosten / Bürokratie seien einfach hier genannt.“
Fast 60 Prozent der Mitgliedsunternehmen bewerten ihre Geschäftslage in einer Branchenumfrage als schlecht oder kaum befriedigend. Investitionen wanderten zunehmend ins Ausland.
Oliver Coenenberg, Geschäftsführer Sanofi-Aventis Deutschland
„Wir sehen Rückgänge in der Produktion und beim Umsatz. Noch kann die Beschäftigung stabil gehalten werden, aber es ist halt keine kleine Konjunkturdelle, die wir sehen, sondern es ist ein strukturelles Problem und deshalb bedarf es jetzt einer guten Industriepolitik.“
Dazu fordern die Chemieverbände heute eine Wachstumsagenda, die insbesondere für wettbewerbsfähige Energiepreise sorgt. Auch das von der Wirtschaft lang ersehnte Wachstumschancengesetz müsse schnell verabschiedet werden – ein direkter Appell in Richtung hessischer Landesregierung. Am Freitag steht die Abstimmung im Bundesrat an. Bisher hatten die unionsgeführten Länder mit einer Blockade gedroht.