Bundestag lehnt Impfpflicht ab

Sie kommt nicht! In Deutschland wird es vorerst keine Impfpflicht für Menschen ab 60 geben. Der Deutsche Bundestag hat heute klar dagegen gestimmt – und das nach monatelangem Ringen. Zuvor hatten sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach massiv für die Impfplicht ab 60 stark gemacht. Letztlich hat das nicht geholfen: Der Gesetzentwurf von Politikern der Ampelkoalition ist durchgefallen.

Und das mehr als deutlich.
Von 683 Bundestagsabgeordneten haben nur 296 für die Impfpflicht ab 60 Jahren gestimmt. Das heißt: Mindestens 120 Abgeordnete der Regierungsfraktionen SPD, Grüne und FDP haben dem Bundeskanzler und dem Bundesgesundheitsminister die Unterstützung versagt. Trotz eindringlicher Worte am Morgen:
Karl Lauterbach, SPD, Bundesgesundheitsminister
„Wollen wir das wirklich als Gesellschaft akzeptieren, wollen wir uns daran gewöhnen, dass jeden Tag 200 / 300 Menschen sterben? Und wollen wir uns erzählen, dass einzelne Glück gehabt haben und davon ableiten, dass andere auf der Intensivstation liegen und um ihr Leben kämpfen, das kann keine humane Gesellschaft für uns sein.“
In Umfragen hatten sich zuletzt 60 Prozent der Bürger für eine Impfpflicht ausgesprochen. In der Wiesbadener Fußgängerzone gibt es heute unterschiedliche Meinungen.
Walter Scholle, Rentner
„Ich halte von der Impfpflicht nicht besonders viel, ob für 60 Jahre oder jünger. Wenn hätte die schon vor einem Jahr oder so kommen müssen.“
Bürger
„Schade, ich bin für eine allgemeine Impfpflicht, dann sind wir den Ärger alle los.“
Regina Wettmann, Rentnerin
„Ich bin dafür, wollen wir mal so sagen. Alle über 60, auch die anderen.“
Doris Scholle, Rentnerin
„Die anderen, die sind alle, die können machen, was sie wollen. Warum sollte ich jetzt unter Zwang das machen müssen.“
Auch nach Ansicht des Mainzer Virologen Bodo Plachter darf niemand gezwungen werden, seine Gesundheit zu schützen. Freiwilligkeit sei ganz entscheidend für die Akzeptanz von Impfungen.
Und trotzdem, dass noch über 10% der Über-60-Jährigen ungeimpft seien, sei im Hinblick auf den nächsten Herbst problematisch.
Prof. Bodo Plachter, Virologe Unimedizin Mainz
„Wir haben aber zusätzlich die Situation, dass eben dann wahrscheinlich auch andere Infektionserkrankungen wie zum Beispiel die Grippe dazu kommt. Wir hatten in den letzten zwei Jahren kaum Grippewellen, das wird, wenn die Masken wegfallen natürlich im nächsten Winter anders sein. Das heißt, wir haben nicht nur Corona, sondern auch andere Infektionen und dann kann es sehr schnell sein, dass wenn viele Menschen über 60 nicht geimpft sind, dass das Gesundheitswesen, die Krankenhäuser dann sehr sehr schnell überlastet sind.“
Die Politik müsse jetzt alles daran setzen, die Impfquote über 60 weiter voranzutreiben.
Der rheinland-pfälzische Gesundheitsminister Clemens Hoch zeigt sich wild entschlossen, weiter für die Impfungen zu werben. Wie konkret, kann er heute aber noch nicht sagen. Dass die Impfpflicht über 60 gescheitert ist, bezeichnet er als fatal.
Clemens Hoch, SPD, Gesundheitsminister Rheinland-Pfalz
„Es ist schwer vermittelbar, Einschränkungen für die jüngere Generation damit zu begründen, dass wir in Deutschland zu viele ungeimpfte ältere Menschen haben. Die heutige Entscheidung ist alles andere als weitsichtig und macht die Herausforderungen im Umgang mit der Pandemie noch größer.“
Die heutige Entscheidung im Bundestag, sie bedeutet vor allem eins: Bei der Eindämmung der Corona-Pandemie wird weiter auf Sicht gefahren.