Bundestag lehnt Impfpflicht ab – der Kommentar von Richard Kremershof

Der Bundestag hat heute die Corona-Impfpflicht ab 60 abgeschmettert. Das ist uns einen Kommentar wert. Hier kommt die Meinung unseres Chefredakteurs: Richard Kremershof.

Das war’s dann mit der Impfpflicht. In absehbarer Zeit wird es wohl keine mehr geben. Die Bundesregierung sah in ihr DAS Mittel gegen eine neue Coronawelle im Herbst. Kanzler Scholz hatte noch vor der Wahl getönt: „Wer bei mir Führung bestellt, der bekommt sie auch“. Das Ergebnis ist heute zu besichtigen. Den Begriff „Chefsache“ sollte Scholz so schnell nicht mehr in eigener Sache verwenden. Die Regierung ist offenbar nicht in der Lage, das, was sie als notwendig erachtet, durchzusetzen. Das ist höchst gefährlich in diesen Zeiten. Im dritten Jahr der Pandemie tritt Deutschland im Kampf gegen Corona auf der Stelle. Die Menschen haben langsam aber sicher die Nase voll: Auch eine Demokratie muss in überschaubarer Zeit einmal ein Problem lösen, statt es in Endlosschleife zu diskutieren. Für mich steht fest: Ja, es gibt gute Gründe gegen eine Impfpflicht – aber noch bessere dafür. Die Mehrheit der Bürger ist für diese Pflicht, weil sie spürt: Wir können nicht noch einmal zurück in die bleierne Zeit der Lockdowns mit ihren gewaltigen Kollateralschäden. Denn diese sind für uns allemal höher als die Schäden durch eine Impfpflicht. Ich erwarte, dass die Regierung das Land jetzt entschlossen durch diese Zeit voller Krisen führt. Deren Bewältigung erfordert politische Klarheit und Tempo. Was wir heute erlebten, war ein Tiefpunkt. Einen zweiten sollte sich die Ampelkoalition nicht mehr so schnell erlauben.