Boehringer Ingelheim kritisiert Gesetzesentwurf

Boehringer Ingelheim, das nach eigenen Angaben weltweit größte forschende Pharma-Unternehmen in Familienbesitz, ist mit seinen rund 9.000 Mitarbeitern allein am Stammsitz in Ingelheim eine Stadt in der Stadt – und für das Land Rheinland-Pfalz von enormer Bedeutung. Der Pharma-Riese liegt trotz Corona-Pandemie und unterbrochener Lieferketten klar auf Wachstumskurs und will in den nächsten fünf Jahren 25 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung neuer Produkte ausgeben. Doch genau diesen medizinischen Fortschritt sieht man nun in Gefahr.

Medikamente gegen Aids. Ihre schrittweise Verbesserung hat dafür gesorgt, dass die einst sicher tödlich verlaufende Krankheit viel von ihrem früheren Schrecken verloren hat. Verbesserungen die jedoch einen Preis haben. Den regelt in Deutschland seit 2011 das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz, kurz ANMOG. Das Prinzip: Neue, bessere Medikamente kosten etwas mehr als ihre Vorgänger.
Doch dieses Prinzip soll nach einem neuen Gesetzesentwurf abgeschafft werden. Grund: in den gesetzlichen Krankenkassen muss ein 17-Milliarden-Euro-Loch gestopft werden.
Das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim warnt heute eindringlich vor dem neuen Gesetz.
Sabine Nikolaus, Landesleiterin Deutschland Boehringer Ingelheim
„Das wird letztendlich dazu führen, dass weniger innovative Arzneimittel für die Patienten in Deutschland zur Verfügung stehen und außerdem schadet das Gesetzesvorhaben nachhaltig dem Pharmastandort Deutschland , denn es wird weniger Investitionen in Forschung, Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln geben.“
Aus Sicht des Unternehmens sind Arzneimittel nicht am Finanzierungsloch der gesetzlichen Krankenkassen schuld, da die Ausgaben seit Jahren stabil seien.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist auf den drohenden Anstieg der Krankenkassenbeiträge:
Bundesgesundheitsministerium
„Die finanziellen Lasten werden deshalb auf alle verteilt, die vom Solidarsystem profitieren: die Krankenkassen, den Bund, die Beitragszahlenden, Pharma und die Leistungserbringer.
Arzneimittelhersteller profitieren von den günstigen Rahmenbedingungen in Deutschland und können hohe Preise für neue Arzneimittel realisieren. Forschende Pharmafirmen haben überdurchschnittlich von ihren Umsätzen mit den Gesetzlichen Krankenkassen profitiert.“
4 Milliarden Euro investiert Boehringer Ingelheim jedes Jahr in die Forschung und Entwicklung neuer Medikamente. Ziel des Unternehmens ist es, in den nächsten fünf Jahren 15 innovative Therapien auf den Markt zu bringen. Investitionen, die am Standort Ingelheim bald schwieriger werden könnten.
Sabine Nikolaus, Landesleiterin Deutschland Boehringer Ingelheim
„In erster Linie werden wir natürlich, genau wie die gesamte Pharmazie, Investitionsentscheidung noch viel genauer als früher in die Waagschale werfen. Wir sind ein globales Unternehmen, das heißt, wir investieren auch global. Und jede zukunftüge Investion wird natürlich auch nach der Attraktivität eines Marktes und nach dem Willen, ob die pharmazeutische Indistrie hier gewollt und geschätzt wird oder nicht, wird noch genauer unter die Lupe genommen werden.“
Auch Arbeitsplätze könnten durch das Gesetzesvorhaben ins Ausland verlagert werden. Laut Boehringer gehe um 17.000 Stellen allein in Deutschland.