Bedrohen Flüchtlinge die innere Sicherheit?

In mehreren deutschen Städten haben auch an diesem Wochenende wieder Zehntausende Menschen gegen den russischen Angriff auf die Ukraine demonstriert. Die größte Kundgebung bei uns war in Frankfurt. Unter dem Motto: „Stoppt den Krieg! Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine“ haben sich gestern rund 11.000 Menschen in der Mainmetropole versammelt. Ein Bündnis von 50 Organisationen hatte dazu aufgerufen. Auch in anderen Städten wie etwa in Wiesbaden gingen die Menschen für den Frieden auf die Straße. Unterdessen gehen die Angriffe Russlands weiter und immer mehr Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine kommen zu uns. Ein klarer Überblick wer und wie viele zu uns kommen, gibt es allerdings nicht. Und genau das stellt die Sicherheitsbehörden vor eine große Herausforderung.

Bis zum vergangenen Wochenende sind nach Angaben des Bundesinnenministeriums etwa 123.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Das ist zumindest die Zahl der dokumentierten Einreisen. Wie viele Menschen eingereist sind, ohne Kontakt mit den Behörden gehabt zu haben, ist unklar. Dass nicht jeder Flüchtling erfasst ist, ist für den hessischen Innenminister zur Zeit offenbar noch kein Problem.
Peter Beuth, CDU, Innenminister Hessen
„Abfragen, die die entsprechenden Behörden dann machen können, die werden natürlich gemacht. Aber ich habe im Moment den Eindruck, dass wir eher die Sorge haben, dass wir die Menschen humanitär gut aufnehmen, als dass wir ein größeres Sicherheitsproblem durch Flüchtlinge hier bei uns bekommen. Wir haben im überwiegenden Anteil Frauen mit Kindern, die zu uns kommen.“
Ukrainer, die im Besitz eines biometrischen Reisepasses sind, dürfen sich bis zu 90 Tage in der Bundesrepublik aufhalten, ohne sich bei den Behörden melden zu müssen. So lange gelten sie quasi als Touristen. Da viele bei Verwandten und Bekannten unterkommen, fehlt der Überblick. Doch mit der zeitweise unkontrollierten Zuwanderung des Jahres 2015 sei der jetzige Flüchtlingsstrom nicht zu vergleichen, sagt die Gewerkschaft der Polizei. Zum einen weil vor allem Frauen und Kinder kämen, zum anderen weil sie ihre Pässe dabei hätten.
Steffi Loth, stellv. Vorsitzende Gewerkschaft der Polizei Rheinland-Pfalz
„Also letztlich geht es um Flüchtlinge, gar keine Frage. Aber diese ad hoc-Situation ist doch eine andere, und ich glaube, deshalb wäre es auch Äpfel mit Birnen verglichen, diese beiden Situationen. Und die Hektik, die da jetzt entstanden ist, ich glaube, so hat es doch keiner abgesehen, dass es jetzt so spontan kommt und deshalb ist es aus meiner Sicht nicht vergleichbar. Und das muss man auch ein bisschen andere Maßstäbe anlegen. Wobei grundsätzlich natürlich das Recht auch gelten muss.“
Dass auch für die innere Sicherheit gefährliche Personen nach Deutschland kommen könnten, sei aber nicht hundertprozentig auszuschließen. Der rheinland-pfälzische Innenminister hält einen grundsätzlichen Sicherheitscheck zwar für nicht praktikabel, fordert aber Wachsamkeit.
Roger Lewentz, SPD, Innenminister Rheinland-Pfalz
„Wir unterstützen als Landespolizei die Kommunen bei der Registrierung, weil natürlich eine so große Anzahl an Menschen, die zu uns kommen ausländische Geheimdienste und ausländische Kräfte – und jetzt werfe ich den starken Blick auf Russland und auf Belarus – dazu nutzen könnten, auch die eine oder andere Einschleusung zu organisieren. Deshalb müssen wir diesen Blick haben, aber wir haben im Moment überhaupt keine Hinweise darauf.“
Das Ende der russischen Aggression ist genauso wenig abzusehen wie ein Ende des Flüchtlingsstroms. Die humanitäre Herausforderung und die Herausforderung für die Sicherheitsbehörden, sie werden auf lange Zeit wohl noch sehr hoch bleiben.