Bauindustrie fordert Erleichterungen

Der Bauwirtschaft geht es immer schlechter. Die Auftragslage ist mies. Dabei müssten einer aktuellen Studie zufolge alleine in Hessen Jahr für Jahr rund 40.000 Wohnungen gebaut werden – und das nur um den Bedarf zu decken. Ein Ziel, das nicht nur in Hessen derzeit unerreichbar scheint. Vor allem steigende Kosten, aber auch immer mehr Auflagen machen einer ganzen Branche das Leben schwer.

Wer in Hessen ein Haus bauen will, der kann nicht einfach loslegen. Am Anfang steht die schwierige Suche nach einem geeigneten Bauplatz. Ist der gefunden, beginnt ein oft jahrelanger Kampf mit den Behörden. Ob Sicherheit, Brandschutz oder Klimaauflagen: Die Zahl der Bauvorschriften ist in den vergangenen 50 Jahren von etwa 5.000 auf inzwischen rund 20.000 gestiegen. Besonders schlimm ist die Lage aus Sicht der Bauwirtschaft, seitdem in Berlin die Ampel-Regierung das Zepter übernommen hat.
Thomas Reimann, Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen
„Bis Ende 2021 hatten wir ein funktionierendes System. Wir haben die Wohnungen gebaut, die gebraucht wurden. Dann kam Habeck. Und dann kam das Zusammenstreichen von Förderungen. Dann kam die Verunsicherung. Dann kam das Heizungsgesetz oder die Diskussion über Heizungen. Das hat noch mehr verunsichert. Das Vertrauen ist verloren gegangen. Und von daher hat es die Branche selbstverständlich schwierig. 151 Insolvenzen von Januar bis August alleine in Hessen zeigt doch deutlich, in welche Richtung das läuft. Das muss gestoppt werden.“
Dabei mangelt es dem Baugewerbe weder am Willen noch an Ideen. Das wird beim Branchentreffen mit Unternehmern, Architekten und Energieversorgern in Karben in der Wetterau deutlich. So setzt etwa die Mainova AG zunehmend auf Fernwärme – das könnte in vielen Häusern in Frankfurt und Umgebung Wärmepumpen überflüssig machen. Und auch pfiffige Ideen von Architekten könnten gleichzeitig zu mehr Lebensqualität und mehr Klimaschutz beitragen.
Oliver Cyrus, cyrus.architekten
„Eine Anregung wäre natürlich, insbesondere die Dachlandschaften wiederzubeleben – oder mehr zu beleben. Und natürlich auch, sagen wir mal Hinblick auf Klimaziele, Begrünung natürlich mehr auszunutzen. Und das insbesondere auch der Öffentlichkeit zuzuführen und nicht zu privatisieren.“
Dabei hat die Branche vor allem einen Wunsch an die Politik: „Lasst uns einfach mal machen – dann wird das auch schon werden“.
Thomas Reimann, Verband baugewerblicher Unternehmer Hessen
„Ich glaube schon, dass es uns möglich ist, dort vieles zu bewegen, wenn man uns nicht alles vorschreibt. Wir brauchen technologieoffene Lösungen. Der Kunde, der Investor muss entscheiden, wie er das Ziel, diese Klimarichtwerte einzuhalten, erreichen darf. Wir müssen nicht alles vorschreiben. Wir müssen nicht alles gesetzlich regeln. Wir brauchen mehr Freiheit in den Entscheidungen, wie wir zukünftig bauen werden. Dann werden wir das auch klimagerecht packen.“
Um der Wohnungsnot in Deutschland entgegenzuwirken, hat sich die Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Rund 400.000 neue Wohnungen sollen Jahr für Jahr entstehen – so steht es im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. Bislang ist die Ampel-Regierung an diesem Ziel jedoch krachend gescheitert. Nur etwa die Hälfte der geplanten Wohnungen ist tatsächlich auch gebaut worden.