Bakterien gegen Schlamm

Ein Spaziergang am Wasser – was gibt es Schöneres in diesen sonnigen Spätsommertagen? Dumm nur, wenn es unangenehm riecht. Schuld daran ist oft eine dicke Schlammschicht am Gewässergrund, die sich durch die Zersetzung von Laub und abgestorbenen Algen bildet. Deshalb müssen nicht nur Gartenteiche, sondern auch größere Gewässer regelmäßig gereinigt werden. Die Stadt Rüsselsheim hat sich dabei für eine neue Methode entschieden.

Was aussieht wie eine stinkende Brühe, ist in Wirklichkeit dafür da, um genau das zu bekämpfen. Dirk Adam und Uwe Nimmrichter verteilen die Flüssigkeit mit verschiedenen Bakterien und Enzymen im Rüsselsheimer Horlachgraben. Die Mischung soll den Schlamm auflösen, der durch das Laub der herumliegenden Bäume entstanden ist.
Dirk Adam, Abteilungsleiter Wasserbau Rüsselsheim
„Über die Jahre baut sich dann hier eine Schlammdicke auf und die Wasserschicht wird immer etwas kleiner. Und das kann natürlich dazu führen, dass der Sauerstoffgehalt in diesem Gewässer weniger wird und dass das Gewässer irgendwann umkippt.“
Der Horlachgraben ist an dieser Stelle im Schnitt drei Meter tief. Fast die Hälfte davon ist mit Schlamm gefüllt, für das Wasser bleibt also nicht mehr viel Platz. Zwanzig Zentimeter wollte die Stadt mithilfe der Bakterien abtragen. Dieses Ziel haben die Männer bereits erreicht. Heute sind sie zum dritten Mal auf dem Wasser unterwegs und verteilen 2.000 Liter des Bakteriengemischs entlang des Grabens.
Die Aktion ist ein Pilotprojekt, das die Stadt in Auftrag gegeben hat, um aufwendige Baggerarbeiten zu vermeiden. Eine Premiere in Hessen, denn das Verfahren ist in Deutschland noch ganz neu.
Dirk Adam, Abteilungsleiter Wasserbau Rüsselsheim
„Es ist wesentlich umweltschonender als konventionelle Verfahren, die wir mit Baggertechniken hier bisher durchgeführt haben. Zum anderen ist es natürlich auch ein wirtschaftlicher Aspekt. Diese Methode mit dem Einbringen dieser Bakterien ist natürlich wesentlich kostengünstiger als die konventionellen Methoden.“
Das Pilotprojekt kostet die Stadt insgesamt 50.000 Euro. Bei einer mechanischen Entschlammung durch Baggerarbeiten würde es in etwa auf das Dreifache hinauslaufen. Eine Gefahr für Tiere und Pflanzen besteht laut Hersteller nicht.
Uwe E. Nimmrichter, Geschäftsführer BluePlanet Germany
„Das sind nämlich genau die Bakterien, die normalerweise in so einem Gewässer vorkommen, die im Boden vorkommen, die teilweise sogar in der Luft vorkommen, teilweise sogar in Ihrem Essen vorkommen – das sind ganz natürliche Bakterien, die wir hier einbringen. Nur sind sie eben hier in diesem Gewässer nicht in ausreichender Zahl vorhanden. Insofern ist es völlig unbedenklich und mein Hund liebt dieses Gebräu.“
Noch ein weiteres Mal sollen Bakterien im Horlachgraben verteilt werden. Dann wird die Stadt zusammen mit Fachleuten das Ergebnis beurteilen und entscheiden, ob sie die Methode im kommenden Jahr großflächiger anwenden will. Um Tieren, Pflanzen und auch Spaziergängern langfristig ein schlammfreies Naherholungsgebiet zu bieten.