Azubicampus gegen die Wohnungsnot bei Auszubildenden

Gemeinschaftliches und bezahlbares Wohnen im Wohnheim? Wovon viele Studierende ganz selbstverständlich profitieren, konnten Auszubildende lange nur träumen. Das katholische Kolpingwerk in der Hochschulstadt Fulda will das ändern. Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes – und unbesetzter Ausbildungsplätze. Und zwar mit Pings, dem bundesweit ersten Azubi-Campus.

Auch wenn nicht immer alles im ersten Anlauf klappt, sein Ziel hat Jonathan Böck fest im Blick. In weniger als drei Jahren will er gelernter Hotelfachmann sein. Dabei hilft ihm auch sein neues Umfeld. Seit August wohnt der 21-Jährige auf dem Azubicampus in Fulda. Weit weg von seiner Heimatstadt Bremen hat er hier schnell Anschluss gefunden.
Jonathan Böck, Auszubildender
„Ich bin fast jeden Abend eigentlich unten und spiele Spiele. Oder rede auch einfach nur mit meinen Freunden hier. Das bestärkt einen natürlich enorm und hilft einem auch dabei, die Ausbildung auch auf jeden Fall durchzuziehen und auch zum Ende zu kommen von der Ausbildung, ja. Das ist ja unser gemeinschaftliches Ziel hier eigentlich und wir unterstützen uns da auch gegenseitig echt gut.“
Der Austausch mit anderen Azubis sowie Freizeit- und Bildungsangebote helfen Jonathan Böck, seinen Berufsalltag zu meistern. Davon profitiert auch sein Arbeitgeber. Denn von zehn Auszubildenden, die jährlich neu anfangen, halten nur sechs bis zum Ende durch.
Dieter W. Hörtdörfer, Direktor Hotel Esperanto Fulda
„Wenn dann halt die Auszubildenden direkt von der Schule kommen, keine oder nur wenige Praktikas gemacht haben, dann ist natürlich ein Berufsalltag in der Hotellerie … ja, der ist sehr fordernd. Da wirft man mal schnell die Flinte ins Korn. Und wenn man dann jemand hat und sagt: Komm, das machste jetzt, probier’s einfach noch mal – ich denke, das wird sehr dazu beitragen, dass der ein oder andere Auszubildende vielleicht nicht abbricht.“
Das Ziel des Azubicampus: Den Nachwuchs in die Region holen und hier halten. Und so dem Fachkräftemangel begegnen. Bei Problemen helfen jederzeit Sozialpädagogen.
Carolin Flügel, Pädagogische Leitung Pings Fulda
„Wie mache ich meine Steuer? Wie gehe ich mit verschiedenen Situationen um? Ja, wann kann ich doch auch mal wirklich als Auszubildender meinen Mund aufmachen? Wir unterstützen die Jugendlichen dabei, dass man mit dem Firmenchef spricht oder gegebenenfalls auch den Ausbildungsplatz wechselt.“
Vor allem aber geht es bei Pings darum, den Bedürfnissen der jungen Bewohner Raum zu geben. Sei es beim gemeinsamen Musizieren oder beim gepflegten Heimkinoabend, bei sportlicheren Aktivitäten oder einfach nur beim Chillen. Hier kommt jeder auf seine Kosten. Auch Bojan Manojlovski, der zurzeit ein Praktikum im Bereich Elektrotechnik absolviert.
Bojan Manojlovski, Praktikant
„Man hat nicht so viel Zeit, irgendwie rauszugehen und irgendwelche Leute kennenzulernen. Aber wenn wir eigentlich zusammen wohnen hier, ist es eigentlich ganz leicht, miteinander zu sprechen und … Also, man kann nicht einfach einen nicht kennenlernen.“
Nicht nur Bojan und Jonathan sind vom Konzept des Azubicampus überzeugt. Bald schon könnten andere Städte nachziehen.
In Fulda sind voraussichtlich bis Ende des Jahres alle 120 Plätze belegt. Wer keine Zuschüsse erhält, muss dafür maximal 475 Euro im Monat zahlen.