Apothekensterben in Rheinland-Pfalz

Schon mehrfach haben wir in unserer Sendung über den Landärztemangel berichtet. Doch nicht nur die Arztpraxen werden weniger, auch Apotheken auf dem Land werden immer häufiger geschlossen. Für viele ältere Dorfbewohner wird der Weg zur nächstgelegenen Apotheke so immer beschwerlicher.

Seit über 200 Jahren gibt es die Hindenburg-Apotheke im rheinland-pfälzischen Kaub schon. Doch ab September ist damit Schluss. Apothekerin Dagmar Vogel muss den Betrieb, der über fünf Generationen weitergegeben wurde, schließen.
Dagmar Vogel, Apothekerin in Kaub
„Ich selbst bin aus Altersgründen schon im Rentenalter, habe die Apotheke Kollegen zum Nulltarif angeboten. Aber keiner hat nach Rücksprache mit seinem Steuerberater Interesse gezeigt. Von daher sehe ich keine Möglichkeit, die Existenz dieser Apotheke weiterhin aufrechtzuerhalten.“
Der Betrieb sei einfach nicht mehr wirtschaftlich. Im Ort gibt es seit zehn Jahren keinen Hausarzt mehr, die Nebenkosten steigen, die Einwohnerzahl schrumpft. Für junge Apotheker ist eine eigene Apotheke unattraktiv.
Dagmar Vogel, Apothekerin in Kaub
„Die Arbeitsbelastung in den Apotheken ist inzwischen sehr groß. Die Stresssituation ist sehr groß. Die wirtschaftliche Situation in vielen kleinen Apotheken ist wirklich so, dass ein angestellter Apotheker heutzutage mehr verdient als ein selbstständiger Apotheker, der das volle Risiko trägt.“
Nach zehn Jahren ohne Urlaubstag zieht Dagmar Vogel jetzt einen Schlussstrich. Für die Einwohner von Kaub und Umgebung bedeutet das einen weiten Weg bis zur nächsten Apotheke. Die Nächste ist ab dann eine mindestens zehnminütige Autofahrt entfernt. Für die überwiegend ältere und nicht mobile Bevölkerung im Ort ein großes Problem. Ein Problem, das in den kommenden Jahren auch viele andere Regionen betreffen wird. Denn in Rheinland-Pfalz wird jede sechste Apotheke von einem Apotheker im Rentenalter geführt. Und die finden oft keinen Nachfolger.
Andreas Hott, Vorsitzender Apothekerverband Rheinland-Pfalz
„Es ist für eine ganze Erwerbsbiografie einfach unattraktiv, weil wir seit über 20 Jahren keine Honorarerhöhungen mehr hatten. Wenn das so weitergeht, dann laufen uns die Kosten davon und der Apotheker haftet mit seinem eigenen Kapital. Und dieses Risiko einzugehen – das machen immer weniger Leute.“
Das hat zur Folge dass in den vergangenen zehn Jahren rund 200 Apotheken schließen mussten. Der rheinland-pfälzische Apothekerverband fordert von der Politik eine Reform, die den Beruf wieder attraktiver macht. Dazu zählen unter anderem eine Honorarerhöhung und der Abbau von Bürokratie. Dem rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerium ist das Problem durchaus bekannt.
Clemens Hoch, SPD, Gesundheitsminister Rheinland-Pfalz
„Tatsächlich sehen wir, dass es für Apotheken vor allem durch die bundespolitischen Entscheidungen der letzten Jahre zunehmend schwerer wird, sich vernünftig zu refinanzieren. Und so entscheiden sich viele von den Pharmazeutinnen und Pharmazeuten, die wir ausbilden, dafür, in die Industrie zu gehen. Wir sind ein starkes Pharmaland und natürlich haben wir Konkurrenz auch von großen Unternehmen wie Boehringer Ingelheim, aber auch wie BioNTech jetzt.“
Auch Dagmar Vogel ist sich sicher, unter den aktuellen Bedingungen ist eine Existenz für kleinere Apotheken nicht mehr möglich. Die Einwohner in Kaub müssen ab September für ihre Medikamente längere Strecken auf sich nehmen.