Apotheken bleiben aus Protest geschlossen

Das Gesundheitssystem bei uns ist nicht gesund – dafür gibt es zumindest immer mehr Anzeichen. Kliniken, die geschlossen werden, Operationen, die verschoben werden müssen und nun Apotheker, die auf die Straße gehen. Die Apotheken-Branche prangert eine steigende Belastung bei zu niedriger Vergütung an. Zu Risiken und Nebenwirkungen haben wir in einer Apotheke in Koblenz nachgefragt.

Rezepte bearbeiten, Kunden beraten und manchmal auch einfach plaudern. Das ist seit gut 15 Jahren das täglich Brot von Florian Faßbender. 15 Jahre, in denen sich viel verändert hat.
Florian Faßbender, Inhaber Florian-Apotheke Koblenz
„Man hat nicht mehr so die Zeit für die Leute. Die Apotheke ist natürlich auch ein Anlaufpunkt für ältere Leute, die sich gern auch mal unterhalten, auch ganz unabhängig von ihren Medikamenten, und das bleibt natürlich immer weiter auf der Strecke, wenn wir keine Zeit mehr für unsere Kunden haben. Und das ist schade.“
Aktuell gibt es Lieferschwierigkeiten bei 485 Wirkstoffen. Für Florian Faßbender heißt das nicht nur Diskussionen mit Kunden. Er muss auch die Ärzte anrufen und Alternativen besprechen. Das kostet Zeit. Zeit, für die er kein Geld bekommt.
Apotheken verdienen Geld vor allem dadurch, dass sie verschreibungspflichtige Medikamente verkaufen. Pro Medikament erhalten sie 3% des Einkaufspreises und zusätzlich 8,35 € als eine Art Beratungspauschale. An dieser Vergütung hat sich seit 2004 nichts geändert.
Florian Faßbender, Inhaber Florian-Apotheke Koblenz
„Es ist ja so, dass die Energiekosten gestiegen sind. Es ist ja auch so, dass unsere Lieferanten, die geben ja alles an uns weiter, das heißt, die Preise steigen ja permanent. Und dann ist ja auch so, dass in den letzten zehn Jahren diverse Erhöhungen für unsere Angestellten gekommen sind, was ja auch richtig ist und so sein soll. Aber wenn wir als Arbeitgeber nichts bekommen, dann können wir auch irgendwann nichts mehr zahlen.“
Leistung und Bezahlung halten sich schon lange nicht mehr die Waage, sagt nicht nur Florian Faßbender. Unter dem Motto „Gegen Zukunftsklau“ demonstrieren Apothekenteams aus Hessen und Rheinland-Pfalz heute in Wiesbaden.
Ihre Apotheken bleiben derweil zu. Die Versorgung für Patienten, die dringend Medikamente brauchen, ist aber durch Notdienstapotheken sichergestellt.
Auch Florian Faßbender ist nach Wiesbaden gekommen.
Florian Faßbender, Inhaber Florian-Apotheke Koblenz
„Ich habe ja in Mainz studiert und jetzt trifft man den einen oder anderen Kollegen von früher. Klar, die Probleme haben wir alle überall, der eine mehr oder weniger, aber wir sind alle positiver Dinge, dass wir was erreichen werden.“
Die Hauptforderungen: mehr Geld und weniger Bürokratie. Nur wenn sich die Arbeitsbedingungen verbessern, enden die Nachwuchssorgen, meinen hier viele. Aktuell fehlt es sowohl an Apothekern als auch an pharmazeutisch-technischen Assistenten.
Cordula Eichhorn, Rathaus-Apotheke Eppstein
„Das Apothekensterben wird weitergehen. Wir haben jetzt schon über 60% der selbstständigen Apotheker in Hessen, die über 60 Jahre alt sind, also können wir uns vorstellen, wie das weitergeht.“
Schamim Eckert, Glocken-Apotheke Neu-Anspach
„Wir haben in der Corona-Pandemie bewiesen, wie wichtig wir sind. Nichts funktioniert ohne uns. Wir waren für die Kranken da, wir haben Desinfektionsmittel hergestellt, wir haben Fiebersäfte hergestellt. Und jetzt möchte man uns langsam den Hahn abdrehen. Alle 16 Stunden schließt in Deutschland eine Apotheke, wir bekommen Angst.“
Luca Köhler, Pharmaziestudent
„Ich habe angefangen mit dem Studium, wollte eigentlich eine Apotheke übernehmen. Jetzt habe ich mich in den letzten Monaten informiert, wie die Bedingungen sind, und es ist sehr, sehr schlecht. Es ist ein hohes Risiko, lohnt sich im Moment wirtschaftlich aus meiner Sicht nicht.“
So sehen das viele Pharmaziestudenten, erlebt auch Florian Faßbender. Er hat seine Apotheke noch von seinem Vater übernommen. Ob er selbst mal einen Nachfolger findet, ist völlig ungewiss.