Amokfahrt von Trier – Prozess wird neu aufgerollt

Die tödliche Amokfahrt vor etwas mehr als drei Jahren in Trier, sie hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt. Der Täter, der mit seinem Geländewagen durch die Fußgängerzone gerast war, wurde wegen mehrfachen Mordes und mehrfachen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Nun muss der Prozess in Teilen neu aufgerollt werden, denn der Bundesgerichtshof hatte im Dezember das Urteil des Landgerichts Trier wegen Rechtsfehlern teilweise aufgehoben.

Für Wolfgang Hilsemer, der durch die Trierer Amokfahrt seine Schwester verlor, beginnt der Alptraum aufs Neue. Wieder steht ihm Bernd. W im Gerichtssaal gegenüber. Der Mann, der mit seinem Geländewagen gezielt auf Menschen zugerast war und sie getötet hatte. Der neuerliche Prozess reißt alte Wunden auf.
Wolfgang Hilsemer, Hinterbliebener der Amokfahrt von Trier
„Sehr belastend, die letzten zwei Nächte waren wieder schwer gewesen und ich habe wieder schlecht geschlafen. Wir haben jetzt die Anklageschrift zweimal gehört. Da läuft dann bei mir ein Film ab, wie das da geschehen ist damals und das ist doch schon sehr belastend.“
Bei der schrecklichen Tat am 1. Dezember 2020 starben fünf Menschen unmittelbar, es gab Dutzende Verletzte und Traumatisierte.
Heute zu Prozessbeginn wurde bekannt, dass ein bei der Tat schwerst verletzter Mann heute Nacht ebenfalls verstorben sei.
Bernd W. wurde im August 2022 zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Gericht stellte die besondere Schwere der Schuld fest und ordnete die Unterbringung in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus an.
Doch laut Bundesgerichtshof haben die Trierer Richter Fehler gemacht: Bei Bernd W. war eine paranoide Schizophrenie diagnostiziert worden. Deswegen hatte ihn das Gericht generell für vermindert schuldfähig gehalten. Konkret auf die Tat bezogen geprüft und begründet hatte das Gericht die Annahme jedoch nicht. Auch nicht, welchen Einfluss sein alkoholisierter Zustand auf die Tat hatte.
Otmar Schaffarczyk, Anwalt der Nebenklage
„Ja, das sind alles Menschen, die über andere richten. Und der BGH hat offenkundig reingeschrieben, leider ist es so: Setzen, sechs! Also das Urteil war wirklich mangelhaft und der BGH hat es mehrfach auch so betont.“
Dass Bernd W. der Täter ist und dass alles genau so abgelaufen ist, wie es bereits festgestellt wurde, ist bei der Neuauflage des Prozesses unbestritten.
Eric Samel, Oberstaatsanwalt Trier
„Die neue Verhandlung diesmal geht ausschließlich darum, dass zu beurteilen ist: War der Angeklagte voll schuldfähig oder war er eingeschränkt schuldfähig oder war er möglicherweise schuldunfähig? So dass auch über die Rechtsfolgen nochmal zu sprechen ist. Kommt er lebenslang in Haft? Geht er in eine forensische Psychiatrie in die Unterbringung? All das wird jetzt nochmal näher zu klären sein.“
54 Jahre alt ist der Angeklagte Bernd W. heute – und wirkt verwandelt.
Robert Murmann, Reporter in Trier
„Beobachtern des ersten Prozesses fällt gleich auf: Bernd W. spricht! Bei der Feststellung der Personalien bricht er das Schweigen, das er den gesamten Prozess über eisern durchgehalten hatte. Auch sonst wirkt er aktiver als 2022, er spricht mit seinen Verteidigern, lächelt und folgt der Verhandlung aufmerksam. Am Ende kündigt Bernd W. an, sich im Laufe der Verhandlung auch zur Tat äußern zu wollen. Eine Wendung, mit denen viele Angehörige nicht mehr gerechnet hatten.“
60 Zeugen sind für die Neuauflage des Prozesses geladen. Bis zum 2. Mai sind insgesamt zehn Verhandlungstage angesetzt.