„Alles verschwindet“ – Frankfurt im 19. Jahrhundert

Von Rheinhessen nach Hessen. Eigentlich gibt es in Frankfurt keinen besseren Ort für die Ausstellung „Alles verschwindet“ als den Frankfurter Saalhof, heute Standort des Historischen Museums. Teile des Saalhofs standen nämlich schon im Mittelalter in der Frankfurter Altstadt, doch viel ist zerstört worden. Wie diese Bilder der neuen Ausstellung im Historischen Museum zeigen.

„Man muss sich beeilen, um Frankfurt zu sehen“, so ein Schweizer Journalist im Jahr 1875. Diese Zeichnungen zeigen die Stadt Mitte des 19. Jahrhunderts, so wie sie jahrhundertelang aussieht, bevor Stadtplaner sie verändern. Rund 2.000 Zeichnungen des alten Frankfurts skizziert Carl Theodor Reiffenstein. Er wird 1820 in der Altstadt geboren.
Aude-Line Schamschula, Kuratorin der Ausstellung
„Reiffenstein war eigentlich beruflich Landschaftsmaler, aber wenn man ihm glauben darf, dann ist es nur in seinen freien Stunden, also sozusagen als Hobby, wenn er sich den Zeichnungen und Darstellungen seiner Heimatstadt Frankfurt gewidmet hat.“
Zeichnungen, die zum Beispiel den Frankfurter Dom zeigen. Und den Abriss vieler Häuser, damit das Gotteshaus einen Vorplatz bekommt. Heute, knapp 200 Jahre später, ist der Dom wieder eingebaut, – integriert in die ab 2012 neu rekonstruierte Frankfurter Altstadt.
Größtenteils neu ist auch der Ort der Ausstellung mit Werken von Carl Theodor Reiffenstein. So richtig die Zeit überlebt, hat nur der Turm des Historischen Museums. All seine Skizzen, Aquarelle und Aufzeichnung hat der Chronist einer Stadt, die verschwindet, dem Historischen Museum vermacht.
Jan Gerchow, Direktor Historisches Museum Frankfurt
„Mit seiner Dokumentation betrauert er etwas, was verschwindet, und er will für die Nachwelt, will er eine Art Dokumentation anlegen, die es ermöglicht, das verschwundene zu betrachten, zu erforschen, genauer kennenzulernen. Er ist ein früher Denkmalpfleger.“
Die Skizzen und Aquarelle sind detailgetreu, fast wie Fotografien. Das Frankfurt der Kindheit von Carl Theodor Reiffenstein verschwindet, weil bereits im 19. Jahrhundert der Wohnraum knapp ist und neue Gebäude gebraucht werden. Bis 2018 ist die Frankfurter Altstadt rekonstruiert worden. Eine neue Altstadt, die ohne Carl Theodor Reiffenstein anders aussehen würde.
Wolfgang P. Cilleßen, Kurator der Ausstellung
„Ja, in der Tat. Die Sammlung von Reiffenstein ist eine wunderbare Quelle, um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie Frankfurt im 19. Jahrhundert ausgesehen hat. Und bei der Rekonstruktion der Neuen Altstadt, hat man für die Goldene Waage auf die Zeichnungen von Reiffenstein zurück gegriffen.“
Die Goldene Waage, gezeichnet 1866 – das mittelalterliche Fachwerkhaus heute. 1944 ist es bei einem Bombenangriff zerstört werden. Dank Carl Theodor Reiffenstein, sieht das Gebäude wieder so, wie es Hunderte von Jahren in der Frankfurter Altstadt stand.