Ahrtalflut – Keine Anklage gegen früheren Landrat

Durch die Flut im Ahrtal vor fast drei Jahren verlieren 135 Menschen ihr Leben. Seitdem stellen sich die Bewohner die Frage: Wer ist für den Tod der Opfer verantwortlich? Dazu ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz – seit zweieinhalb Jahren. Im Fokus der Ermittlung steht der ehemalige Landrat Jürgen Pföhler. Heute stellt die Staatsanwaltschaft die Ergebnisse ihrer Ermittlungen vor.

 

Keine Anklage – das ist das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den ehemaligen Landrat Jürgen Pföhler. Der Verdacht: fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassen im Amt. Jetzt stellt die Behörde das Verfahren ein.
 
Mario Mannweiler- Leitender Oberstaatsanwalt
„Nach unserem Ergebnis – und wir haben das wirklich sorgsam geprüft und sind in alle Details eingestiegen – sind die Menschen nicht einem strafbaren Versagen eines Einzelnen Menschen zum Opfer gefallen, sondern letzten Endes einer gewaltigen, in ihrer Dimension von niemand erahnten Naturkatastrophe.“
 
Die Staatsanwaltschaft ist der Frage nachgegangen, ob der damalige Landrat Jürgen Pföhler für den Tod der 135 Menschen in der Flutnacht verantwortlich ist.
Denn nur er hätte die höchste Warnstufe ausrufen können. Damit hätten Menschen vor der Flut angemessen gewarnt werden können. Und es hätten frühzeitige Evakuierungen anlaufen können. Stattdessen soll der ehemalige Landrat nur für einen Fototermin in der Einsatzzentrale gewesen sein. Dass Jürgen Pföhler nicht erreichbar war, ist für die Staatsanwaltschaft kein strafbares Verhalten, denn:
 
Mario Mannweiler- Leitender Oberstaatsanwalt
 „In der damaligen Situation erwartete niemand eine Sturzflut mit dynamisch schwallartigen Flutwellen und einer solchen Energie und einer solchen Fließgeschwindigkeit. Der Pegelstand in Altenahr erreicht mit zehn Metern einen Stand, der in keiner Prognose auch nur annähernd abgebildet war. (…) Auch waren die notwendigen Kräfte nicht vorhanden und es ist völlig offen, ob Menschen frühzeitigen Räumungsaufforderung überhaupt gefolgt wären.“
 
Für die Entscheidung der Staatsanwaltschaft haben manche Betroffene der Flut kein Verständnis. So wie Ralph Orth. Er hat in der Flutnacht seine 22-Jährige Tochter verloren. Für ihn und seinen Anwalt ist das Ergebnis der Ermittlungen ein Justizskandal.
 
Christian Hecken – Anwalt
„Ein Justizskandal, der so in der Form in Deutschland noch nie stattgefunden hat. Dass man so die Rechte der Betroffenen mit Füßen tritt. Das ist nicht zu erklären und einfach nur respektlos. Und dass man dann so eine Pressekonferenz dann abhält ist einfach ein riesiger Skandal. Man sollte sich tatsächlich schämen, dass man sich da in aller Öffentlichkeit hinstellt und solche Äußerungen dann tätigt. (…) Alle stehlen sich hier in Rheinland-Pfalz aus der Verantwortung. Keiner ist verantwortlich, alles ist unaufklärbar.“
 
Die Betroffenen kündigen bereits an, gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Beschwerde einzulegen. Darüber urteilt dann die Generalstaatsanwaltschaft.