60 Jahre Frankfurter Auschwitz-Prozess

Wir blicken zurück auf den Dezember 1963. Da begann in Frankfurt der erste Auschwitz-Prozess – ein Mahnmal des Holocaust. Zum 60. Jahrestag erinnern das Land Hessen und die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft gemeinsam mit Zeitzeugen an diese wichtige Aufarbeitung der deutschen Geschichte.

Gerhard Wiese zurück am Ausgangspunkt der Frankfurter Auschwitz-Prozesse. Als der damals junge Staatsanwalt in diesem Büro die Anklage mit vorbereitet, war ihm die historische Dimension noch gar nicht bewusst. Erstmals wurden vor einem deutschen Gericht Verantwortliche des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz wegen Mordes und Beihilfe zum Mord zur Rechenschaft gezogen. Mehr als eine Million Menschen, vor allem Juden, wurden dort während der Nazi-Diktatur ermordet. Noch heute graut es dem früheren Oberstaatsanwalt vor der Uneinsichtigkeit der damals Angeklagten.
Gerhard Wiese, Oberstaatsanwalt a.D.
„Wir hatten immer gehofft, dass einer vielleicht aufsteht und sagt: ‚Ich habe Mist gebaut, bitte um Entschuldigung.‘ Kein Wort, kein Wort!“
Über 450 Bände umfasste die Anklage. Gemeinsam mit dem damaligen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer konnte 17 Angeklagten ihre Schuld nachgewiesen werden, sechs wurden zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Die historische Tragweite dieser Aufarbeitung wurde erst Jahrzehnte später wahrgenommen. Der Wunsch nach einem Schlussstrich unter die deutsche Vergangenheit war in den Sechzigerjahren in der Gesellschaft und Justiz weit verbreitet.
Elmar Esser, Vorsitzender Deutsch-Israelische Juristenvereinigung
„Das hat etwas mit der Situation zu tun, dass die deutsche Bevölkerung nach 1945 nicht bereit war, sich ihrer eigenen Verantwortung zu stellen. Man wollte nicht aufarbeiten, man wollte den Mantel des Schweigens darüber decken.“
Ein Denken, dass sich 60 Jahre später wieder zu verbreiten scheint. Hessens Justizminister Roman Poseck verweist auf den rechten politischen Rand, Holocaust-Leugner und den erstarkten Antisemitismus in Zeiten des Kriegs im Nahen Osten.
Roman Poseck (CDU), Justizminister Hessen
„Die die Erinnerungskultur beschädigen, die eine erinnerungspolitische Wende fordern. Das dürfen wir nicht zulassen. Eine lebendige Erinnerungskultur ist für unser Selbstverständnis – und das gilt auch für das Selbstverständnis in der Justiz – elementar. Das ‚Nie wieder‘ muss uns verbinden.“
Gerhard Wiese hat seinen Teil zur Aufarbeitung des düstersten Kapitels deutscher Geschichte beigetragen und gezeigt, dass der Völkermord des Nationalsozialismus nicht etwas Abstraktes war, sondern von Menschen begangen wurde.