Zu wenig Kita-Plätze in Dreieich

Familie oder Beruf? Auch im Jahr 2021 mussten und müssen sich vor allem viele Frauen diese Frage immer noch stellen. denn eine wichtige Voraussetzung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind Kita-Plätze. Doch an vielen Orten sind diese Plätze Mangelware. So Dreieich bei Offenbach. Hier demonstrieren jetzt frustrierte Eltern – gemeinsam mit ihrem Nachwuchs.

Wenn man politischen Parolen glaubt, dann rollt und rasselt hier in Dreieich die Zukunft: Kinder. Nur: Soziale Kontakte und frühkindliche Bildung – darauf müssen die Kinder hier verzichten. Beispielsweise die Tochter von Kerstin Lohr, die dreijährige Klara. Denn im Ort gibt es zu wenig Kita-Plätze und zu wenig Personal.
Familie Lohr
„Wir haben seit Anfang September einen Gerichtsbeschluss, dass uns ein Platz nachgewiesen werden muss. Aber es passiert nichts.“
„Ich hoffe nur, dass das bald ein Ende findet und wir ein Platz kriegen. Es ist ja auch die Zukunft und wenn man so mit der Zukunft umgeht, dann weiß ich auch nicht.“
Nicht zum ersten Mal demonstrieren Eltern wegen des Kita-Notstandes in Dreieich – gestern Abend vor der Halle, in der der Sozialausschuss der Stadt tagt. Die Stimmung bei den meisten: frustriert.
Familie Uhlig
„Also wir sind hier, weil wir uns von der Stadt Dreieich verarscht fühlen. Unser Kind geht jetzt in die Tagespflege bei einer Tagesmutter, hätte aber eigentlich dieses Jahr einen Kita-Platz bekommen müssen.“
Tina
„Ich hab‘ die angemeldet zur Krippe, da waren sie einen Tag alt. Da wurde mir dann zurückgeschrieben: ‚Ja wir haben keinen Platz gerade‘. Was ja okay ist, weil jetzt bin ich ja noch in Elternzeit, aber jetzt nach zwei Jahren würde ich halt wieder gerne anfangen zu arbeiten.“
Und so beginnt für viele Eltern wie die Lohrs ein irrsinniger Kreislauf: Sie klagen vor dem Verwaltungsgericht. Das Gericht weist den Kreis Offenbach an, Kita-Plätze nachzuweisen – darauf bestehe ein Rechtsanspruch. Der Kreis verweist wieder auf die Stadt Dreieich. Die sieht sich außerstande, einen Platz anzubieten. Am Ende zahlt der Kreis manchmal eine Entschädigung, wenn ein Elternteil eine Arbeitsstelle nicht antreten kann. Wenig überraschend: Ein neuer Kita-Platz entsteht dadurch nicht.
Bis 2025 sollen rund 350 weitere Plätze in Dreieich entstehen. Mehr Kitas und mehr Personal bedeuten aber steigende Kosten für die Kommunen.
Martin Burlon, parteilos, Bürgermeister Dreieich
„Der Rechtsanspruch ist vollkommen richtig, damit Eltern sich beruflich entwickeln können, Gleichberechtigung von Mann und Frau, dass Kinder gut betreut sind. Aber wenn Beschlüsse in Berlin gefasst werden, um einen Rechtsanspruch zu gewähren, dann muss das ganz anders finanziert werden und dann darf man die Kommunen finanziell nicht alleine lassen.“
Doch selbst wenn Bund und Land sich in Zukunft stärker an den Kosten beteiligen sollten: Für diese Kinder ist das zu spät: Denn so schnell sind Kita-Plätze nicht gebaut und vor allem Erzieher nicht ausgebildet.