Mehr Gewerbesteuer durch BioNTech

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft schwer getroffen – allerdings nicht alle Unternehmen gleichermaßen. Während manche ums nackte Überleben kämpfen, wurden anderen unerwartete Höhenflüge beschert. Wie dem Mainzer Pharmaunternehmen BioNTech. Jetzt wird der Impfstoffhersteller zur sprudelnden Steuerquelle. So wird Mainz von der Schuldenstadt zum Musterschüler. Die Stadtoberen nennen es historisch.

In Mainz könnten bald goldene Zeiten anbrechen. Sprudelnde Gewerbesteuereinnahmen versprechen für das laufende Jahr einen Haushaltsüberschuss von rund 1,1 Milliarden Euro.
Der dürfte vor allem auf das Konto des Pharmaunternehmens BioNTech gehen, das mit seiner Produktion von Corona-Impfstoffen gerade einen Gewinn von über sieben Milliarden Euro eingefahren hat – in einem Dreivierteljahr. Davon profitiert jetzt auch die hochverschuldete Landeshauptstadt Mainz. Und die dort ansässigen Unternehmen.
Michael Ebling, SPD, Oberbürgermeister Mainz
„Zum einen werden alle Unternehmen in Mainz – das sind ja nicht nur die großen Namen, das sind viele mittelständische, kleine Unternehmen – spüren, dass ab nächstem Jahr die Gewerbesteuer sinkt. Das gibt Push, das gibt sichere Arbeitsplätze.“
Die Stadt will mit den hohen Gewerbesteuereinnahmen vor allem ihre Schulden abbauen. Sie will in den nächsten zehn Jahren aber auch eine Milliarde Euro investieren, um ein führender Biotechnologie-Standort zu werden. Und weitere 5.000 Arbeitsplätze zu schaffen.
Die Mainzer Bürger dagegen haben ihre eigenen Vorstellungen, wohin das viele Geld fließen soll.
Jörg Karthein, Rechtsanwalt
„Die Stadt Mainz sollte hier stärker in den öffentlichen Nahverkehr investieren. Insbesondere, um das Umland anzubinden und dementsprechend eben eine Entlastung des Verkehrs in der Stadt zu erreichen.“
Harald Gilcher, Beamter
„Ja, da würde ich das ganze viele Geld doch zunächst einmal in die Digitalisierung der Schulen stecken.“
Alina Kuhröber, Studentin
„Ich glaube, grundsätzlich gesehen könnte man in der Innenstadt mal was machen. Weil es ist halt nichts mehr wirklich Besonderes. Und vielleicht ein bisschen an den Rheinanlagen. Weil da ist immer sehr viel Müll. Und dass man vielleicht mal wieder ein paar Mülleimer aufstellt. Und vor allem vielleicht auch mal öffentliche Toiletten.“
Hohe Erwartungen, die die Stadt heute erst einmal bremst. Nur wenn sie die Schulden senke, würden die strengen Vorgaben der ADD, der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion des Landes, gelockert.
Günter Beck, Bündnis 90 / Die Grünen, Bürgermeister und Finanzdezernent Mainz „Die haben ihre Richtlinien, über die kommt man nicht hinweg. Ich nenne mal ein Beispiel. Wenn Sie eine Schulturnhalle bauen, gibt die ADD Ihnen vor, es dürfen nur zwei Felder gebaut werden. Als Sportdezernent sage ich Ihnen, sinnvoll ist es, schon in die Zukunft zu schauen und drei Felder zu bauen. Das konnte die ADD bisher uns untersagen. Das wird in Zukunft wegfallen.“
Wie die Landeshauptstadt rechnet auch Idar-Oberstein damit, im nächsten Jahr schuldenfrei zu sein. Auch diese Stadt hat einen BioNTech-Standort mit rund 400 Mitarbeitern. Die Gewerbesteuereinnahmen dürften dieses Jahr über 219 Millionen Euro betragen. Deutlich mehr Luft zum Atmen also für die 28.000-Einwohner-Stadt.
Frank Frühauf, CDU, Oberbürgermeister Idar-Oberstein
„Ich nehme einfach mal das Beispiel, dass wir uns sehr frühzeitig entschieden haben, unsere ganzen Schulen und Kindergärten mit Lüftungsanlagen auszustatten – in Trägerschaft der Stadt Idar-Oberstein. Einmal die mobilen Geräte als Übergang, aber dann auch jetzt einen Antrag gestellt haben, der auch bewilligt ist, dass wir auch alle Schulen und Kindergärten mit fest installierten Lüftungsanlagen ausstatten. Das war schwer im Haushalt darzustellen. Weil wir kein Geld hatten. Jetzt ist es viel einfacher.“
Endlich wieder volle Kassen in Idar-Oberstein und Mainz. Die mit dem heutigen historischen Tag als glückliche Gewinner aus der Coronakrise hervorgehen.