Die geschlossene Bahnschranke von Messel

Messel bei Darmstadt ist berühmt für sein UNESCO-Welterbe. In der Grube Messel sind schon viele Fossilien aus der Urzeit entdeckt worden – ein wichtiger Standort für Forscher aus aller Welt. Seit ein paar Monaten erlangt aber auch eine andere Stelle in der 4.000-Einwohner-Gemeinde mehr und mehr Bekanntheit: Der Bahnübergang, direkt neben dem Bahnhof. Dass die Schranken geschlossen sind, ist hier Normalzustand. Eine halbe Stunde Wartezeit – keine Seltenheit.

Dieses Geräusch kennen die Menschen in Messel nur allzu gut. Jetzt heißt es erstmal: Warten. Warten… warten. Zehn – fünfzehn Minuten – ganz normal. Manchmal bleibt die Schranke am Messeler Bahnübergang auch deutlich länger zu.
Hans Sackmann
„Eine Katastrophe ist das, also das… Wenn man jetzt einen Termin hat, dann gehste am besten schon ne Stunde vorher los.“
Wladimir
„Wir wohnen hier, ja, in dem Blockhaus hier. Und immer immer immer – die machen auf, zehn Autos fahren durch und es ist wieder zu. Und dann stehst du wieder halbe Stunde oder vierzig Minuten manchmal.“
André Neudeck
„Die Schranke geht zu, dann dauert es über fünf Minuten bis ein Zug kommt, dann kommt der nächste aus der anderen Richtung. Es ist eine Zumutung.“
Sarah Fahrenbach
„Ich habe hier gestern eine Mutter gesehen, ich war tiefst entsetzt, die hat ihren Sohn hier rausgelassen und über die geschlossene Bahnschranke geschickt, damit er den Zug erwischt. Ich hab wirklich gedacht, ich sehe nicht richtig. Und das kann’s nicht sein. Also, hier stehen teilweise Menschenleben auf dem Spiel, hier fahren Fahrräder wirklich über die geschlossene Bahnschranke, weil sie hier keine Lust mehr haben eine halbe Stunde zu warten. Und es ist… eine halbe Stunde ist schon eine gute Wartezeit.“
Das gilt nicht nur für den normalen Durchgangsverkehr – auch Rettungsfahrzeuge müssen warten. Brennt es in der Nähe und die Schranke ist unten, gibt es ein Problem, erzählt uns der designierte Bürgermeister der Gemeinde.
Thorsten Buhrmester (parteilos), designierter Bürgermeister Messel
„Wir hatten es gerade am vergangenen Montag, da standen wir vorne vor der Kreuzung, haben dann zugeschaut, wie der Rettungswagen bis vorgefahren ist, sozusagen auf der falschen Straßenseite, bis zur geschlossenen Schranke, das darf ein Rettungswagen. Der stand dann mit Blaulicht vor der Schranke für ca. zehn Minuten, so wie alle anderen Autos auch. Und erst wenn die Schranke wieder aufgeht, kann auch der Rettungswagen beziehungsweise auch die Feuerwehr oder irgendwelche anderen Einsatzkräfte über die Bahn rüberfahren.“
Auch das kann Menschenleben kosten. Den Bahnübergang zu umfahren, würde in beide Richtungen etwa zwanzig Minuten dauern. Das sei also auch keine Lösung, meint Thorsten Buhrmester. Als Bürgermeister ist er laut Gesetz dafür verantwortlich, dass die Anfahrt der Rettungskräfte nicht länger als zehn Minuten dauert. Ein Dilemma.
Die Deutsche Bahn räumt ein, dass es hier aktuell zu verlängerten Wartezeiten kommen kann. Die Begründung: mehrere Baustellen in der Region. Die Strecke Darmstadt – Aschaffenburg, auf der auch Messel liegt, diene als Umleitungsstrecke. Dort seien deshalb jetzt deutlich mehr Züge unterwegs als früher.
Eine Über- oder Unterführung zu bauen wäre teuer und würde sehr lange dauern. Es bleibt also einzig und allein die Hoffnung, dass die eine oder andere Baustelle bald fertiggestellt wird und hier dann wieder weniger Züge durchfahren ist. Bis dahin müssen sich die Anwohner weiterhin mit Abgasen und Motorengeräuschen von wartenden Fahrzeugen rumärgern. Und wer durch Messel fährt, braucht viel Geduld.